editorial
wirtschaft + weiterbildung
02_2018
3
Wenn agil unter anderem bedeutet, dass in einem Unternehmen die
Hierarchien mehr oder weniger abgeschafft werden, wie können dann
junge Menschen überhaupt noch Karriere machen? Dieser Frage widmen
wir einen Artikel (ab Seite 34). Die (vorläufige) Antwort auf die Frage ist
relativ simpel: In agilen Organisationen gibt es eben nur agile
Karrieren. Und die sind gewöhnungsbedürftig. So kann ein
Hoffnungsträger, der bislang „nur“ Projektmanager war, aufgrund seiner
Erfolge plötzlich Linienmanager werden – aber nur für einen bestimmten
Zeitraum. Anschließend muss er wieder als einfaches Teammitglied sein
Fachwissen aufpolieren und warten, bis seine Kompetenzen wieder
benötigt werden.
Dieses Szenario ist nicht ganz unrealistisch. Etliche Akademien
berichten, dass es immer häufiger vorkommt, dass für sehr junge
Mitarbeiter in großer Eile Führungsseminare gebucht werden, die helfen
sollen, die Anfängerfehler einer Führungskraft zu vermeiden. Zur agilen
Karriere gehört irgendwann auch die agile Schulung. Darauf gilt es sich
einzustellen. Vielleicht gibt es ja auch bald Seminare, die zeigen, wie
man als Chef ohne Gesichtsverlust in die Rolle eines einfachen
Teammitglieds zurückkehren kann.
Dass hinter dem Thema „Das erste Mal führen“ ein wichtiger Bedarf
steckt, wurde übrigens im Jahr 1992 in den USA entdeckt – von der
Harvard-Wissenschaftlerin Linda Hill (Buchtipp: „Becoming a Manager:
How New Managers Master the Challenges of Leadership“). Deutsche
Trainer, die das Buch zur Kenntnis nahmen, hatten einen Wettbewerbs-
vorteil. Nicht alles, was aus den USA kommt, fällt nämlich unter die
Kategorie „dümmliche Glorifizierung eines heldenhaften Anführers“.
Um Ihnen in Zukunft den rechtzeitigen Zugriff auf die Schwergewichte
der US-Managementliteratur zu erleichtern, haben wir in diesem Heft
eine neue Kolumne eingeführt (Seite 62). Lassen Sie sich überraschen.
Neue Kolumne
Viele Inspirationen mit
unserem neuen Heft
wünscht
Martin Pichler, Chefredakteur