WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATION 8/2019 - page 2

BUNDESPOLITIK
nigst einzuführen, denn ansonsten steht
das Erreichen der Klimaschutzziele auf dem
Spiel. Wir müssen bei der Energiewende im
Gebäudebereich den Fokus endlich auf die
Vermeidung von CO
2
-Emissionen und die
Betrachtung ganzer Quartiere ausrichten.
Dafür setzt der aktuelle GEG-Entwurf die
richtigen Schwerpunkte. Die Wohnungswirt-
schaft steht bei der weiteren Ausgestaltung
und Weiterentwicklung als verlässlicher Part-
ner bereit. Dazu muss man uns aber auch die
konkreten Möglichkeiten eines konstrukti-
ven Dialogs, wie es die Gebäudekommission
geboten hätte, einräumen.“
(schi)
Fortsetzung von Seite 1
Symposium zur Grundsteuer: Verbände der Wohnungs- und Immobilien­
wirtschaft plädieren für wertunabhängiges Flächenmodell
Berlin – „Um-Steuern – Steuerpolitik im Fokus“ lautete der Titel eines Symposiums, das die Bundesarbeitsgemeinschaft
Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) am 14. Februar 2019 in Berlin veranstaltet hat. Danach sehen sich die sechs Bran-
chen-Spitzenverbände der in ihrer Positionierung gestärkt: Die BID plädiert für ein wertunabhängiges Flächenmodell bei
der zukünftigen Berechnung der Grundsteuer. Über das aktuelle Reformvorhaben diskutierten Vertreter der BID mit nam-
haften Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft im Haus der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft.
„Das am 1. Februar 2019 von den Finanz-
ministern aus Bund und Ländern vorge-
schlagene Kompromissmodell führt trotz
der beabsichtigten Pauschalierungen nicht
zu der notwendigen Vereinfachung. Das
Modell ist streitanfällig und nur schwer
umsetzbar. Eine große Chance zum Abbau
von Bürokratie wird vertan. Jedes wertab-
hängige Modell würde zudem zu einem
ständigen Anstieg der Grundsteuer mit
steigenden Grundstückswerten führen“,
sagte
Jürgen Michael Schick
, Präsident
des Immobilienverbandes IVD, dem derzeit
geschäftsführenden Verband in der BID, im
Nachgang des Symposiums. Das Kompro-
missmodell sieht weitere Pauschalierungen
in Hinblick auf die Mieten und den Boden-
wert vor. Statt der tatsächlichen Mieten sol-
len die durchschnittlichen Mieten aus dem
Mikrozensus verwendet und für die Boden-
werte größere Zonen mit Durchschnitts-
werten gebildet werden.
Steuerexperte der Uni Augsburg
äußert verfassungsrechtliche Bedenken
Prof. Dr.
Gregor Kirchhof
, Direktor des
Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht
an der Universität Augsburg, hatte auf der
Konferenz erhebliche verfassungsrecht-
liche Bedenken geäußert. „Unter ande-
rem würde die Anknüpfung an Mietpreise
das steuerrechtliche Unterscheidungsge-
bot zwischen Grund- und Einkommens-
steuer aufheben. Auch würde damit das
Gebot einer sach- und gleichheitsgerechten
Bemessung der Steuerbelastung verletzt
werden. Denn individuell ausgehandelte
Miethöhen würden, bei gleichen Woh-
nungen und gleicher Inanspruchnahme
gemeindlicher Leistungen, zu unterschied-
lichen Belastungen führen. Auch lassen
sich die verschiedenen Werte, die neben
der Miethöhe zur Bemessung herangezo-
gen werden sollen, nicht in ein einheitli-
ches, folgerichtiges Bewertungssystem
bringen und aus dem grundsteuerlichen
Belastungsgrund herleiten. Das gegenwär-
tig erwogene Eckpunktepapier will kompli-
zierte Bewertungsverfahren vereinfachen.
Das führt zu Inkonsistenzen. Entweder wir
bewerten in einem komplizierten Verfahren
genau oder wir vereinfachen in gesetzli-
chen Typisierungen.“
Aktuell diskutiertes Kompromissmo-
dell stößt auf breite Ablehnung
„Den Mikrozensus und die Bodenricht-
werte in die künftige Grundsteuer einflie-
ßen zu lassen, führt zu keiner Vereinfa-
chung, sondern macht das ganze Modell
komplex, intransparent und streitanfällig“,
erklärte Dr.
Andreas Mattner
, Präsident
des Zentralen Immobilien Ausschusses
(ZIA). „Denn die Justiziabilität von Boden-
richtwerten und Daten aus dem Mikro-
zensus ist bislang unklar. Die Bezugnahme
auf Grundstücks- und Gebäudegrößen als
Grundlage ist dagegen weniger streitan-
fällig – zudem ist die physikalische Größe
der Quadratmeter für den Steuerpflichti-
gen einfacher nachzuvollziehen als ein aus
mehreren verschiedenen Faktoren ermit-
telter Wert. Da weniger Daten gebraucht
werden und keine regelmäßige Neube-
wertung notwendig ist, sind die Erhe-
bungskosten auch geringer als bei einem
wertabhängigen Modell. Jegliche Einbe-
ziehung von einzelnen Wertkomponen-
ten sollte daher mit Vorsicht und Bedacht
gewählt werden“, so Mattner. Zudem
würde die administrative Umsetzung der
Steuer kaum bis zum Ende des Jahres
2024 gelingen. Ebenso kritisch sieht das
Kompromissmodell
Andreas Ibel
, Präsi-
dent des Bundesverbandes Freier Immobi-
lien- und Wohnungsunternehmen (BFW):
„Die Finanzminister haben sich beim Eck-
punktepapier zur Grundsteuer von Träu-
men leiten lassen. Ein genauer Blick zeigt:
Die Umsetzung des Modells führt zu stei-
genden Mieten in angespannten Woh-
nungsmärkten, zu wachsender sozialer
Ungerechtigkeit und zu bürokratischem
Irrsinn. Zudem ist ein neues Veto des Bun-
desverfassungsgerichts absehbar: Schließ-
lich wurde das bisherige Modell für ver-
fassungswidrig erklärt, weil die zu Grunde
liegenden Einheitswerte nicht regelmäßig
aktualisiert werden konnten. Wie soll die
Grundsteuer in Zukunft regelmäßig an die
sich ändernden Mieten angepasst wer-
den, wenn dies schon in der Vergangen-
heit nicht durchführbar war? Was wir jetzt
brauchen, ist ein gerechtes und unbüro-
kratisches Modell – denn Kompetenz zeigt
sich in einfacheren, nicht in immer kompli-
zierteren Gesetzen!“, so Ibel.
Drohende massive Grundsteuererhö-
hungen schwächen soziale Stadt
„Ein wertorientiertes Modell ist nicht
die richtige Lösung", sagte auch
Axel
Gedaschko
, Präsident des Spitzenver-
Axel Gedaschko (GdW), Prof. Gregor Kirchhof
(Uni Augsburg), Jürgen Michael Schick (IVD),
Dr. Andreas Mattner (ZIA) und Wolfgang D.
Heckeler (DDIV) (v. l.)
GdW-Präsident Axel Gedaschko appelliere
bei dem Symposium auch an die Politik, sich
für ein Verfahren zu entscheiden, das auf die
Grundstücks- und Gebäudeflächen abstellt.
Fotos: Jens Ahner/BID
Weiter auf Seite 3
2
8/2019
1 3,4,5,6
Powered by FlippingBook