WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 38/2018 - page 4

„Was die ländlichen Räume zudem brau-
chen, sind attraktive senioren- und behin-
dertengerechte Wohnungen; hier stehen
wir noch am Anfang der Notwendigkei-
ten einer älter werdenden Gesellschaft“, so
Sager. „Wenn die Deutschen unabhängig
von der finanziellen Situation ihren Wohn-
ort wählen könnten, würden vier Fünftel
aufs Land ziehen. Wir müssen beim Thema
also mitdenken, dass die ländlichen Räume
als Orte zum Leben und Arbeiten unter-
stützt werden müssen.“
Chance für schnelles und gemeinsa-
mes Vorgehen
Die Schaffung von bezahlbaremWohnraum
ist eine zentrale Gegenwartsaufgabe. DLT
und GdW begrüßen deshalb nachdrücklich
die Durchführung des Wohngipfels 2018.
Der Gipfel bietet die Chance, dass sich die
maßgeblichen Akteure, die zur Erreichung
des Ziels, 1,5 Millionen Wohnungen zu
schaffen, erforderlich sind, auf ein schnel-
les und gemeinsames Vorgehen für ausrei-
chend Wohnungsbau verständigen.
Landkreise können bei Schaffung
bezahlbaren Wohnraums mitwirken
Die vom GdW repräsentierten rund 3.000
kommunalen, genossenschaftlichen, kirch-
lichen, privatwirtschaftlichen, landes- und
bundeseigenen Wohnungsunternehmen
bieten mit ihren rund sechs Millionen Woh-
nungen mehr als 13 Millionen Menschen
gutes und sicheres Wohnen, und dies auch
jenseits der Metropolen. Die Landkreise
können durch kreiseigene oder interkom-
munal getragene Wohnungsunternehmen,
durch die Unterstützung genossenschaftli-
cher Wohnformen oder durch Strategien
zur Ertüchtigung von Leerständen an der
Schaffung von benötigtem Wohnraum
aktiv mitwirken. Die erforderlichen Verwal-
tungsverfahren können durch die Digitali-
sierung der Genehmigungsprozesse bei den
Kommunen wie der Planungsprozesse bei
den Unternehmen beschleunigt werden.
Ländliche Räume konsequent in den
Blick nehmen
Eine nachhaltige Entspannung der Woh-
nungsmärkte wird sich nicht allein durch
wohnungspolitische Maßnahmen in den
am stärksten betroffenen Städten und Bal-
lungsräumen erreichen lassen. Hierfür muss
genauso der ländliche Raum in den Blick
genommen werden, wo sich die Situation
regional unterschiedlich darstellt. Während
auch in den ländlich geprägten Randlagen
der nachgefragten Städte und Ballungs-
räume bezahlbarer Wohnraum knapp
wird, haben insbesondere peripher gele-
gene Landkreise im ländlichen Raum die
Folgen von Wegzug und des demografi-
schen Wandels zu bewältigen. Auf diese
örtlichen Unterschiede müssen der Bund
und die Länder mit entsprechend differen-
zierten wohnungs- und strukturpolitischen
Maßnahmen reagieren. Die ländlichen
Räume werden nur dann als attraktive Orte
zum Leben, Wohnen und Arbeiten wahrge-
nommen, wenn dort gute infrastrukturelle
Rahmenbedingungen vorzufinden sind.
Dies betrifft etwa das ÖPNV-Angebot, die
Mobilfunk- und Breitbandversorgung, die
Gesundheitsversorgung und das Bildungs-
angebot, aber auch (bau)kulturelle Ange-
bote. Vielfach bedarf es im ländlichen Raum
der Steigerung der Wohnattraktivität, der
Ertüchtigung von Leerständen beziehungs-
weise des bedarfsgerechten Umbaus des
vorhandenen Wohnungsbestandes. Zudem
ist zu berücksichtigen, dass auch der länd-
liche Raum vor der Herausforderung steht,
einer älter werdenden Gesellschaft attrak-
tive senioren- und behindertengerechte
Wohn- und Lebensbedingungen zu bie-
ten. Auch hier gilt es deshalb, Fördermittel
einzusetzen, um den Menschen gleichwer-
tige Lebensverhältnisse zu bieten und die
Städte zu entlasten. Wenn die Deutschen
aus freien Stücken und unabhängig von
der finanziellen Situation ihren Wohnort
wählen könnten, so würden sich lediglich
21 Prozent für die Großstadt entscheiden.
Kommunen müssen Bauland schnell
und umfassend mobilisieren
Die Schaffung von benötigtem bezahlba-
rem Wohnraum wird nur dann gelingen,
wenn in den Kommunen das vorhandene
Bauland schnell und umfassend mobilisiert
wird. Dies funktioniert am besten durch
eine diskriminierungsfreie Vergabe an kom-
munale, private und genossenschaftliche
Wohnungsunternehmen. Entscheidend
sollte stets das beste Konzept für die Schaf-
fung von Wohnraum sein.
Bündnis-Ergebnisse umgehend
umsetzen
Die Ergebnisse, die das Bündnis für bezahl-
bares Wohnen und Bauen unter Mitwir-
kung des DLT und des GdW in der zurück-
liegenden Legislaturperiode erarbeitet hat,
müssen – soweit noch nicht geschehen
– jetzt mit höchster Priorität umgesetzt
werden. Insbesondere gilt dies für die Vor-
schläge der Baukostensenkungskommis-
sion. Die hohen Baukosten sind gegenwär-
tig eines der größten Hemmnisse bei der
Schaffung von neuem bezahlbaremWohn-
raum. Die Arbeit des Bündnisses sollte in
dieser Legislaturperiode fortgesetzt und die
bereits begonnenen Aktivitäten der Bun-
desregierung sollten wiederum unter dem
bewährten Dach des Bündnisses gebündelt
werden.
(mem/man/schi)
BUNDESPOLITIK
Bundesinnenministerium legt politischen Schwerpunkt auf die Schaffung
gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland
Berlin – „Ungleichheiten zwischen den Regionen unseres Landes soweit wie möglich zu verringern, ist ein Gebot der
Vernunft, der politischen Verantwortung und eine nachhaltige Investition in die Zukunft.“ Das sagte Dr. Markus Kerber,
Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), am 11. September 2018 auf einer Experten-
tagung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).
Regionen, die vom demografischen Wan-
del besonders betroffen sind, müssen als
Wohn- und Arbeitsort weiter attraktiv blei-
ben oder werden. Eine wichtige Voraus-
setzung hierfür ist, dass eine ortsnahe Ver-
sorgung mit Gütern und Dienstleistungen
und auf die individuellen Bedürfnisse zuge-
schnittene Mobilitätsangebote so zusam-
mengeführt werden, dass sich die Lebens-
qualität und die Wirtschaftskraft in diesen
Regionen spürbar verbessern.
Staatssekretär Dr. Markus Kerber wies dar-
auf hin, dass Menschen ihre Lebenssituation
und die Funktionstüchtigkeit des politischen
Systems insbesondere danach bewerten,
was sie in ihrer unmittelbaren Umgebung
erleben. Gleichwertige Lebensverhältnisse
seien daher nicht nur eine Frage der Gerech-
tigkeit, sondern auch der sozialen und poli-
tischen Stabilität des gesamten Landes. „Es
handelt sich hier um eine komplexe Quer-
schnittsaufgabe, die Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft nur gemeinsam lösen können.
Es geht um Gesundheit und Pflege, Infra-
struktur, Bildung und Kultur, Breitband- und
Mobilfunkausbau, Digitalisierung, Unter-
nehmens- und Behördenansiedlungen,
Mobilität und vieles anderes. Das Bundesin-
nenministerium“, so Kerber weiter, „arbei-
tet als Heimatministerium daran, dass diese
Aufgaben enger als bisher zusammenge-
dacht und zusammengeführt werden, denn
Weiter auf Seite 5
Fortsetzung von Seite 3
4
38/2018
1,2,3 5,6,7,8
Powered by FlippingBook