Wohnungspolitische Information 32/2018 - page 2

DIGITALISIERUNG
Solarthermie für Mehrfamilienhäuser: Erfahrungsbericht zu einem erfolg­
reichen Demonstrationsprojekt in Freiburg erschienen
Freiburg im Breisgau – Vor gut zwei Jahren hat der Bauverein Breisgau in Freiburg ein denkmalgeschütztes Gebäude­
ensemble mit einer innovativen Energieversorgung ausgestattet. Dabei wurde ein Mikrowärmenetz verlegt, das sowohl
von einer neu installierten, großen Solarthermieanlage gespeist wird als auch von einem Blockheizkraftwerk (BHKW),
das Mieterstrom erzeugt. Jetzt ist ein Erfahrungsbericht erschienen, der die Erkenntnisse aus Planung, Realisierung und
Betrieb des von der Stadt Freiburg initiierten und vom Badenova Innovationsfonds geförderten Projekts zusammenfasst.
Solarthermieanlagen haben auch im Mehr­
geschosswohnungsbau ihre Berechtigung
und können dort einen wichtigen Beitrag
zur Energiewende leisten – sogar zusam­
men mit einem BHKW. Dies zeigt ein jetzt
erschienener Erfahrungsbericht der Stadt
Freiburg, der die Erkenntnisse aus einem
Solarthermie-Demonstrationsprojekt im
Mehrgeschosswohnungsbau anschau­
lich zusammenfasst. Der Bauverein Breis­
gau hat dabei ein denkmalgeschütztes
Gebäudeensemble Ende 2015 mit einer
großen Solarthermieanlage ausgestattet
und diese in ein Mikrowärmenetz integ­
riert, das zudem von einem BHKW gespeist
wird. Wissenschaftlich wurde das Projekt
vom Fraunhofer-Institut für Solare Ener­
giesysteme ISE begleitet. Das Fazit nach
zwei Jahren Betriebszeit: Über das ganze
Jahr gesehen, werden mit der Solarther­
mieanlage 11 Prozent des Wärmebedarfs
für Heizung und Warmwasser abgedeckt.
Bezogen auf die Sommermonate liegt der
solare Deckungsanteil sogar bei rund 60
Prozent. Mit dem BHKW werden 70 Pro­
zent des Strombedarfs der Mieter gedeckt.
Der Erfahrungsbericht bietet auf 12 Seiten
eine umfassende Darstellung des gesamten
Projekts und richtet sich sowohl an Inter­
essierte aus der Wohnungswirtschaft als
auch an Vertreter aus dem Energiebereich.
Informationen enthält die Broschüre zum
Beispiel zur Planung und der damit einher­
gehenden ersten Herausforderung in der
Vorbereitung der Sanierung: der Kalkula­
tion des voraussichtlichen Wärmebedarfs.
Für das Gebäudeensemble des Bauver­
eins beispielsweise kamen die Planer auf
einen Bedarf für Heißwasser und Heizung
von circa 620 Megawattstunden pro Jahr.
Schematisch wird in der Broschüre zudem
dargestellt, wie Erzeuger und Verbraucher
über das neu installierte Mikrowärmenetz
verbunden sind. Dieses Netz wird nicht nur
von einer Heizzentrale gespeist, sondern
dezentral von insgesamt zehn Wärmespei­
chern. In drei von vier Gebäudeteilen wer­
den diese von Solarkollektoren beladen, im
Gebäudeteil mit der zentralen Steuerung
des Heizsystems speisen BHKW und Gas-
Brennwert-Kessel ihre Wärme ein. Wich­
tig für das effiziente Funktionieren des
Gesamtsystems ist, dass die einzelnen Spei­
cher mit der Heizzentrale kommunizieren.
Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für
die effiziente Arbeitsweise der Solar- und
BHKW-Anlage ist die sehr tiefe Rücklauf­
temperatur im Heizungsnetz. Um dies zu
erreichen, mussten die in den Wohnungen
verbauten, handelsüblichen Wohnungs­
übergabestationen geringfügig modifiziert
werden. Wie die Broschüre anhand einer
Schnittzeichnung der verwendeten Über­
gabestation verdeutlicht, wurde ergän­
zend zum vorhandenen hydraulischen
Mengenregler – sogenannter PM-Regler –
in die heizungsseitige Rücklaufleitung des
Brauchwasserwärmetauschers ein Thermo­
statventil mit Fernfühler im Warmwasser­
austritt eingebaut.
Nicht zuletzt enthält die Broschüre eine
Auswertung der Betriebsdaten aus den ver­
gangenen zwei Jahren. Dargestellt werden
zum Beispiel die von Solarthermieanlage
und BHKW produzierten Wärmemenge
sowie die Stromproduktion aus der Kraft-
Die Solarthermie-Anlage im Freiburger Mehrfamilienhaus
Fotos: Stadt Freiburg / Graphikbüro Gebhard | Uhl
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ENERGIE
planen aber, dies in den nächsten fünf
Jahren zu tun. Bei immerhin 38 Prozent
der Unternehmen liegen die wichtigen
Daten digital und auswertbar vor. Um
Erlösmodelle zu entwickeln, müssen diese
allerdings medienbruchfrei – also ohne
notwendige manuelle Eingriffe in die
Datenerfassung und -verarbeitung – ver­
netzt sein, was momentan nur bei 11 Pro­
zent der befragten Unternehmen der Fall
ist. Insbesondere in diesem Bereich erwar­
ten rund 60 Prozent der Wohnungsunter­
nehmen für die nächsten fünf Jahre einen
Aufholprozess. Ein weiterer Trend ist der
Ausbau einer eigenen Netzinfrastruktur.
Diese ist eine wertvolle Voraussetzung für
die Entwicklung von Smart Home-Ange­
boten.
Bezüglich der Anwendung konkreter digi­
taler Lösungen gibt ein Drittel der Woh­
nungsunternehmen an, mit digitalen
Mieterakten zu arbeiten, jedes vierte bis
fünftes Unternehmen hat die Verkehrssi­
cherung sowie die Vermarktung von Woh­
nungen digitalisiert. Der Einsatz von Buil­
ding Information Modeling (BIM) – also
digitale Bauwerksdatenmodellierung –
und die Kooperation mit Start-ups spielen
in der Wohnungswirtschaft bislang noch
eine untergeordnete Rolle.
Für die Zukunft erwarten die Unternehmen
in erster Linie ein Voranschreiten der digi­
talen Aus- und Aufrüstung der Wohnung.
Zudem wird sich aus Sicht der Umfrage­
teilnehmer die lokale Vernetzung zwischen
Energieproduzenten und -verbrauchern im
Quartier verstärken. Im Verkehrsbereich
erwarten die Wohnungsunternehmen, dass
die E-Mobilität künftig mit intelligenter und
dezentraler Energieversorgung – und dem
Wohnquartier insgesamt – zusammen­
wächst.
(schi)
Die detaillierten Umfrageergebnisse finden
Sie hier:
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