Wohnungspolitische Informationen 7/2018 - page 4

AUS DEN VERBÄNDEN
Flächensparen: Bayerische Wohnungswirtschaft setzt auf Freiwilligkeit
München – Die Wartelisten für bezahlbare Wohnungen werden in vielen bayerischen Städten immer länger. In der
Landeshauptstadt München warten aktuell 24.000 Haushalte auf eine geförderte Wohnung, in Nürnberg 8.288 und in
Augsburg 2.100. „Den Städten gehen die Grundstücke aus, fehlendes Bauland ist die größte Baubremse“, sagte Hans
Maier, Verbandsdirektor des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern). Das Bedürfnis nach einem
bezahlbaren Zuhause werde immer größer und schwieriger zu erfüllen. Deshalb spricht sich der VdW Bayern beim
Thema Flächensparen für Freiwilligkeit statt verordnete Begrenzung aus.
„Das Ansinnen,
den Flächenver-
brauch zu regle-
mentieren ist ver-
ständlich, aber das
darf nicht dazu
führen, dass die
Menschen, die in
Bayern leben, kein
Zuhause
mehr
bekommen. Wir
müssen auch an
kommende Gene-
rationen denken“,
erklärte der Verbandsvorstand. Die Vor-
gabe, den Flächenverbrauch zu halbieren,
würde auch eine Halbierung der Wohnbau-
flächen bedeuten. „Dann verschärft sich
die Konkurrenz um die raren Bauflächen.
Die Folgen wären weiter steigende Miet-
und Kaufpreise“, prophezeite Maier. In Bay-
ern müssten jedes Jahr 70.000 Wohnun-
gen entstehen, um den Bedarf zu decken.
Diese Zahl wird schon seit Jahren verfehlt.
In Städten wie München, Regensburg oder
Erlangen sind die innerstädtischen Entwick-
lungsflächen so gut wie aufgebraucht.
„Nachverdichtung ist ein Unwort gewor-
den“, so Maier. Beim ergänzenden Woh-
nungsbau seien die Wohnungsunterneh-
men zunehmend mit Bürgerprotesten
konfrontiert. Deshalb gibt es zum Sied-
lungsbau am Orts- oder Stadtrand oft keine
Alternative.
Bekenntnis zur Nachhaltigkeit
Dabei bekennt sich die bayerische Woh-
nungswirtschaft zum nachhaltigen Woh-
nungsbau. Die vorhandenen Flächen müs-
sen durch dichtere Bebauung und mehr
Geschossflächen besser ausgenutzt wer-
den. Mehrgeschossiger Wohnungsbau ist
energieeffizienter und spart gegenüber
Eigenheimen mehr als die Hälfte der Fläche.
Für den Verkauf von Bauland empfiehlt
die Wohnungswirtschaft Konzeptverga-
ben statt Höchstpreisverfahren. „Gute
Konzepte sollten entscheiden, nicht der
höchste Preis“, so der Verbandsdirektor.
Die Kommunen können dann Kriterien
wie sparsame Flächenausnutzung, sozial-
gerechte Stadtentwicklung, Nachhaltig-
keit, Mobilität und energetische Standards
festlegen. „Angesichts der aktuellen Situa-
tion sind Maßnahmen zur Aktivierung von
bezahlbarem Bauland und eine Willkom-
menskultur für den Wohnungsbau ent-
scheidend“, sagte Maier.
(stra/schi)
Novelle der Hessischen Bauordnung:
Politik nutzt Chance auf Verbesserung des Baurechts in Hessen nur in Teilen
Wiesbaden/Frankfurt am Main – Im Rahmen der parlamentarischen Anhörung zur Novelle der Hessischen Bauordnung
(HBO) am 8. Februar 2018 hat sich unter anderem der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW süd-
west) zu dem von der Landesregierung erarbeiteten Entwurf geäußert. Die vorgelegte Fassung sei ein Schritt in die
richtige Richtung, reiche aber noch nicht aus, um ein schlankes, zukunftsfähiges Baurecht in Hessen zu schaffen, so
Verbandsdirektor Dr. Axel Tausendpfund.
„Wir begrüßen das Vorhaben der Landes-
regierung, die Rahmenbedingungen für
den Bau neuer Wohnungen zu verbes-
sern. Das ist dringend nötig. Die reinen
Baukosten sind im November 2017 im Ver-
gleich zum Vorjahresmonat um 3,4 Prozent
gestiegen, das ist der höchste Anstieg seit
10 Jahren“, erklärt Tausendpfund. „Außer-
dem müssen die Verfahren beschleunigt
werden. Im Geschosswohnungsbau verge-
hen von der Projektierung bis zum Einzug
der Mieter in der Regel vier Jahre, das ist
ein ganzes Jahr mehr als in den Zeiträumen
zuvor. Die Hessische Landesregierung hat
mit der HBO-Novelle eine wichtige Stell-
schraube zur Verfügung, um hier gegen-
zusteuern. Stand heute wird diese Chance
in einigen Teilen genutzt, in anderen leider
nicht.“
Positiv bewertet der Verband die Einfüh-
rung eines elektronischen Baugenehmi-
gungsverfahrens, das die Abläufe zwischen
Bauherren und Behörden erleichtern soll.
Auch die Möglichkeit eines Verzichts auf
den Bau von Stellplätzen für Autos, wenn
stattdessen Fahrradstellplätze errichtet
werden, sei sachgerecht und entspreche
den Nutzungsgewohnheiten heutiger Mie-
ter.
Negativ wertet der VdW südwest hingegen
die steigende Komplexität der Baugeneh-
migungsverfahren alleine durch neue Vor-
schriften. So beinhalte die neue Bauord-
nung 93 statt wie bisher 82 Paragraphen.
Zudem sehe die neue HBO weiterhin keine
Möglichkeit für umfassende Typengeneh-
migungen zur Forcierung der seriellen und
modularen Bauweise vor. Die Einführung
eines solchen Instruments, wie es beispiels-
weise in der nordrhein-westfälischen Lan-
desbauordnung enthalten ist, erleichtere
und beschleunige den Bau von Wohnun-
gen erheblich. „Durch diese Bauweise kön-
nen Baukosten eingespart und ein wichti-
ger Beitrag zu bezahlbaren Mieten geleistet
werden“, erklärt Tausendpfund.
Insgesamt, so der Verbandsdirektor, sei
durch die HBO-Novelle ein gewisser Fort-
schritt erkennbar. „Es bedarf jedoch zusätz-
licher Erleichterungen des Baurechts, damit
stetig steigende Baukosten sowie langwie-
rige Planungs- und Genehmigungsverfah-
ren der Vergangenheit angehören. Nur dann
kann schneller mehr bezahlbarer Wohn-
raum geschaffen werden.“
(mar/schi)
Foto: Klaus D. Wolf
Hans Maier
Foto: VdW sudwest
Dr. Axel Tausendpfund
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