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BUNDESPOLITIK
Wirtschaft macht Wohnen – Chance für den Wohnungsmarkt
München – Gerade in wirtschaftlich prosperierenden Ballungsräumen werden bezahlbare Wohnungen immer mehr zur
Mangelware. Umso gefragter wird die innovative Umsetzung neuer, aber auch bewährter Lösungsansätze. Dazu ge-
hört das Bereitstellen von Wohnungen für Mitarbeiter. Über das Zukunftsthema „Wirtschaft macht Wohnen“ diskutieren
Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesbauministerium, und Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Woh-
nungswirtschaft GdW, unter der Moderation von Arndt von Bodelschwingh vom Institut RegioKontext am 4. Oktober
2017 auf der Expo Real am Stand der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID). Die wi hat
vorab mit Staatssekretär Adler und GdW-Präsident Gedaschko gesprochen.
„In vielen wirtschaftsstarken Regionen
Deutschlands fehlen zugleich Fachkräfte
und bezahlbare Wohnungen. Der Bau von
Mitarbeiterwohnungen ist daher eine Win-
Win-Situation: Es profitieren die Unterneh-
men und die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter“, erklärt Staatssekretär
Gunther
Adler
. „Betriebseigene Wohnungen sind
ein wertvoller Vorteil bei der Mitarbeiterge-
winnung und können entscheidend bei der
Wahl des Arbeitgebers sein. Und mit jeder
neu gebauten Wohnung wird ein wertvol-
ler Beitrag für die Wohnungsversorgung
der Bevölkerung insgesamt geleistet! Die
Unternehmen zeigen damit, dass sie sozial
verantwortlich handeln. Das Bundesbau-
ministerium setzt sich für eine Ausweitung
des Angebotes von Mitarbeiterwohnungen
ein und hat unter dem Dach des Bündnis-
ses für bezahlbares Wohnen und Bauen
entsprechende Initiativen vorangebracht.
In der kommenden Legislaturperiode wer-
den wir das fortsetzen.“
Modell zur Entlastung
Ende der 1970er Jahre gab es schätzungs-
weise 450.000 bezahlbare Werkswohnun-
gen, insbesondere der Deutschen Post,
der Deutschen Bahn und vieler anderer
Wirtschaftsunternehmen. „Heute fehlen
dagegen mehr als 800.000 Wohnungen
in Deutschland. Um bedarfsgerecht Woh-
nungen bereitstellen zu können, müssen in
den nächsten Jahren rund 400.000 Woh-
nungen pro Jahr neu in Deutschland fertig-
gestellt werden. Davon sollten mindestens
60.000 neue Wohnungen für Haushalte
mit mittleren Einkommen und 80.000
Wohnungen für Haushalte mit unteren
Einkommen – also Sozialmietwohnungen –
jährlich erstellt werden“, so GdW-Präsident
Axel Gedaschko
. „Das Mitarbeiterwoh-
nen ist ein Modell, das hier einen Beitrag
leisten kann.“ Gemeinsam mit Partner-Ver-
bänden aus der Aktion „Impulse für den
Wohnungsbau“ hat der GdW im Jahr 2016
die Studie „Wirtschaft macht Wohnen“
des Instituts RegioKontext veröffentlicht,
die das Potenzial von Mitarbeiterwohnun-
gen als Entlastung für angespannte Woh-
nungsmärkte untermauert.
Weniger Nachfragedruck, mehr Bau-
land
Werkswohnungen gibt es heute so gut wie
gar nicht mehr. Sie wurden in den letzten
20 bis 30 Jahren verkauft. Neue Werks-
wohnungen wurden in den letzten Jah-
ren kaum gebaut, die Wirtschaft hat sich
nahezu vollständig aus demWohnungsbau
zurückgezogen. Würden durch öffentliche
und private Unternehmen wieder mehr
Mitarbeiterwohnungen erstellt, würde das
zusätzlich zum regulären Baugeschehen
und ausschließlich in Regionen erfolgen,
in denen auch Arbeitsplätze vorhanden
sind. Das könnte den Nachfragedruck ins-
besondere in diesen engen Marktsegmen-
ten abschwächen. Würde ein Teil der Mit-
arbeiterwohnungen auf den Flächen der
öffentlichen und privaten Unternehmen
erstellt, wäre das zugleich ein wirksamer
Beitrag zur Bereitstellung von Bauland für
bezahlbaren Wohnraum. In zunehmend
angespannten Wohnungsmärkten wird
bezahlbarer Wohnraum immer mehr zu
einem relevanten Standortfaktor.
Anreize notwendig
Die Voraussetzungen für den Bau neuer
Mitarbeiterwohnungen müssen deshalb
verbessert werden. Bei der verbilligten
Überlassung von Wohnungen an Arbeit-
nehmer sollte in puncto Steuern an die
Einführung eines speziellen Freibetrages
gedacht werden. Zudem kann die Aktivie-
rung von unternehmenseigenen Grund-
stücken für die Schaffung von Mitarbeiter-
wohnungen ein Problem sein. Nicht jede
Fläche kann unmittelbar mit Wohnungs-
bau beplant werden. Da aber gerade in
diesem Fall zusätzliche Bauflächen akti-
viert würden, sollte das aktuelle Baurecht
hier erleichternd angepasst werden. Neben
Anreizen für das Mitarbeiterwohnen durch
neu gestaltete Freibeträge ist auch eine Ein-
bindung des Baus neuer Mitarbeiterwoh-
nungen in die soziale Wohnraumförderung
der Länder denkbar.
Einen wirksamen Anreiz könnte auch eine
Sonderabschreibung für sozialen Woh-
nungsbau darstellen. Durch die Wieder-
einführung des früheren Paragraphen
7k Einkommenssteuergesetz (EStG) über
„erhöhte Absetzungen für Wohnungen mit
Sozialbindung“ könnten die wohnungs-
rechtlichen Voraussetzungen für eine Ver-
mietung an Personen mit Wohnberech-
tigung auch auf das Mitarbeiterwohnen
ausgedehnt werden.
Neben diesen Forderungen an Bund und
Länder geht der Appell der Wohnungs-
wirtschaft insbesondere auch an bundes-
und landeseigene Unternehmen, Bahn
und Post, Unternehmen und Institutionen
des Gesundheitswesens, aber auch große
Unternehmen der privaten Wirtschaft,
unter verbesserten Rahmenbedingungen
wieder Mitarbeiterwohnungen zu schaffen.
(schi)
Die Studie „Wirtschaft macht Wohnen” finden
Sie hier:
Foto: Büro Roman Lorenz
Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesbauministerium, im Interview am BID-Stand.
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