Wohnungspolitische Informationen 24/2017 - page 5

BUNDESPOLITIK
und andere Formen der Kooperation erfor-
derlich. Öffentliche Gelder von Europäi-
scher Union, Bund, Ländern und Kommu-
nen sollten nur auf Grundlage integrierter
regionaler Entwicklungskonzepte zum Ein-
satz kommen.
Gleichzeitig müssen aber auch die nationa-
len Instrumente der Regionalentwicklung
und Strukturförderung, vor allem die bei-
den Gemeinschaftsaufgaben, stärker auf
die Bedürfnisse der Regionen ausgerichtet
werden. Insgesamt ist ein neues Instrument
für eine koordinierte und integrierte Förder-
mittelvergabe für strukturschwache Räume
notwendig. Aber auch die Raumordnung
selbst benötigt gesonderte Finanzierungs-
instrumente, etwa für die Entwicklung und
Sanierung größerer Gebiete außerhalb der
Siedlungsräume.
Stärkung der Bundesraumordnung
Zudem fordert der DV, dass die Rolle der
Bundesraumordnung zur Verbesserung
des regionalen Ausgleichs gestärkt wird.
Für Aufgaben mit bundesländerübergrei-
fenden Wirkungen, wie zum Beispiel Hoch-
wasserschutz, sind verbindlichere Vorgaben
des Bundes zur räumlichen Ausgestaltung
der Länder erforderlich. Insbesondere auf
Bundesebene sollte die Raumordnung wie-
der mit den Bereichen Stadtentwicklung,
Bauen und Wohnen in einem Ministerium
zusammengeführt werden.
(mag/schi)
Das Positionspapier des DV
zur Bundestagswahl finden Sie unter diesem
Kurz-Link:
Wohnungseinbruch: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen legt
Forschungsergebnisse vor
Berlin/Bonn/Hannover/Stuttgart – Eine hohe Beuteerwartung und die Möglichkeit, mit geringem Aufwand in Wohnun-
gen einzudringen, lockt Täter aus dem Ausland, die gezielt für Wohnungseinbrüche nach Deutschland kommen. Neben
diesen Tätern, die sich nur über einen kurzen Zeitraum in Deutschland aufhalten – sogenannte reisende Täter – gibt es
jedoch auch Personen, die kurz nach ihrem Zuzug nach Deutschland Einbrüche begehen. Dies geschieht meist aufgrund
der Tatsache, dass sich die Perspektive auf ein besseres Leben mit legalen Mitteln schnell nach der Einreise zerschlagen
hat – dabei handelt sich um sogenannte zugereiste Täter. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN)
hat nun zu diesen beiden Tätergruppen eine Studie vorgelegt.
Die Forschung belegt, dass Einbrecher
aus dem Ausland nicht nur in fest orga-
nisierten Banden vorgehen. Neben Allein-
tätern gibt es vielmehr eine große Band-
breite loser Bekanntschaftsbeziehungen,
aus denen heraus in wechselnder Kon-
stellation je nach Gelegenheit Einbrüche
begangen werden. „Dabei zeigen sich auch
Strukturen in Deutschland als relevant inso-
fern Täter aus dem Ausland meist schnell
Anschluss an ein (klein-)kriminelles Milieu
vor Ort finden“, so Gina Rosa Wollinger,
Projektleiterin der Studie. Ebenso werden
innerhalb Deutschlands auch häufig Mög-
lichkeiten zum Absetzen des Diebesgutes
genutzt. Eine schnelle „Beuteverwertung“
verringert für die Täter das Entdeckungsri-
siko. „Ein niedriges Entdeckungsrisiko ist
für Täter aus dem Ausland ebenso wichtig
wie für deutsche Täter. Aus diesem Grund
nutzen die Täter gern schlecht gesicherte
Türen und Fenster, welche leicht aufzuhe-
beln sind oder ganz klassisch das gekippte
Fenster“, so Wollinger. Die Erkenntnisse in
Bezug auf wirksame Präventionsmaßnah-
men decken sich mit der polizeilichen Emp-
fehlungspraxis: Zusätzliche Tür- und Fens-
tersicherungen sowie das Verbergen der
eigenen Abwesenheit und das Schließen
der Fenster beim Verlassen der Wohnung
schrecken Täter ab.
Zur Studie
Das KFN hat von April 2016 bis Mai 2017
ein Forschungsprojekt zum Phänomen der
reisenden und zugereisten Einbruchstäter
durchgeführt. Das Projekt wurde durch das
Deutsche Forum Kriminalprävention (DFK),
das Programm Polizeilicher Kriminalpräven-
tion der Länder und des Bundes (ProPK)
sowie durch Eigenmittel des KFN finan-
ziert. Im Rahmen der Forschung wurden 30
Interviews mit inhaftierten Einbruchstätern
geführt, die kurzzeitig nach Deutschland
kamen, um Einbrüche zu begehen – soge-
nannte reisende Täter – und solchen, die
kurze Zeit nach ihrem Zuzug nach Deutsch-
land Einbrüche begingen – sogenannte
zugereiste Täter. Bei den Interviewpartnern
handelt es sich um verurteilte erwachsene
Täter, die mehrjährige Haftstrafen verbü-
ßen. Die Interviews wurden deutschland-
weit in Justizvollzugsanstalten geführt.
Zur Prävention seitens Eigentümer
und Mieter
Die Ergebnisse der Studie reihen sich in bis-
herige Befunde zu Präventionsmöglichkei-
ten im Bereich des Wohnungseinbruchs ein.
Da dem leichten Eindringen in den Wohn-
raum für viele Täter bei der Begehung der
Taten eine zentrale Bedeutung zukommt,
sprechen die vorliegenden Befunde für
mechanische Sicherungsmaßnahmen als
einen wichtigen Bestandteil effektiver Prä-
vention. Bezüglich technischer Maßnah-
men wie Videokameras und Alarmanlagen
berichten die Täter vorwiegend, wie sie sich
auf solche zur Tatausführung einstellten,
indem sie sich beispielsweise maskieren
oder auf Geräte wie Alarmanlagen phy-
sisch einwirken. Abschreckungswirkung
erzielten technische Präventionsmaßnah-
men nur bei sehr vorsichtig handelnden
Tätern, die (noch) über keine große Ein-
bruchserfahrung verfügen. Des Weiteren
erzielte jedoch auch die Wahrnehmung
einer aufmerksamen Nachbarschaft eine
Abschreckungswirkung. Das Gefühl, unter
Beobachtung zu stehen und die Bereit-
schaft von Bewohnern, bei Verdacht die
Polizei zu rufen, führte bei einigen Tätern
zu einem Vermeideverhalten bezüglich
bestimmter Wohngegenden.
Zum Hintergrund
Während von 2006 bis 2015 die Fallzahlen
im Bereich des Wohnungseinbruchdieb-
stahls stark stiegen, verzeichnet die Poli-
zeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2016
erstmalig seit langer Zeit einen Rückgang.
Inwiefern es sich dabei um eine Trendwende
handelt, wird sich erst in den kommenden
Jahren zeigen. Konstatieren lässt sich jedoch,
dass sich die Fallzahlen immer noch auf
einem hohen Niveau befinden. Aufgrund
der niedrigen Aufklärungsrate ist über die
Täter hingegen wenig bekannt. Eine vor-
hergehende Studie des KFN zeigte in diesem
Zusammenhang, dass es sich bei einem rele-
vanten, wenn auch nicht überwiegenden
Teil der Täter um sogenannte reisende Täter
handelt, das heißt Täter, die aus dem Aus-
land zur Tatbegehung einreisen. Diese Täter-
gruppierung wird medial häufig aufgegrif-
fen, verbunden mit der Annahme, es handle
sich dabei um feste Banden aus Osteuropa,
welche einen hohen Organisationsgrad auf-
wiesen. Wissenschaftliche Untersuchungen
zu dieser besonderen Tätergruppe fehlten
bislang jedoch.
(wol/schi)
Den Forschungsbericht finden Sie unter
diesem Kurz-Link:
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