Wohnungspolitische Informationen 24/2017 - page 4

BUNDESPOLITIK
Deutscher Verband fordert angesichts der Bundestagswahl eine gestärkte
Raumordnungspolitik
Berlin – In Deutschland verschärfen sich die regionalen Unterschiede; die Lebensverhältnisse in den Regionen entwickeln
sich immer weiter auseinander. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist eine gestärkte und veränderte Raumord-
nungspolitik notwendig. Dafür plädiert der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV)
in einem Positionspapier, das er anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl vorgelegt hat.
Um das Ziel gleichwertiger Lebensverhält-
nisse wirkungsvoller zu verfolgen, sind aus
Sicht des DV verbesserte Raumordnungs-
instrumente notwendig. Diese müssen
integrierte Ansätze verfolgen und raum-
bedeutsame Planungen und Fördermittel
von Kommunen, Regionen, Ländern, Bund
und EU besser verzahnen. Zudem brauche
die Raumordnung auch selbst gesonderte
Finanzierungsinstrumente zur Sanierung
und Entwicklung größerer Gebiete außer-
halb von Siedlungsbereichen. Weiterhin for-
dert der DV, dass die Raumordnung wieder
zusammen mit Stadtentwicklung, Bauen
und Wohnen in einem Bundesministerium
zusammengeführt wird. Die zunehmenden
Unterschiede lassen sich an Einkommen
und Arbeitsplatzwachstum, der Bevölke-
rungsentwicklung, dem Durchschnittsalter
sowie der Infrastrukturausstattung und der
öffentlichen Daseinsvorsorge festmachen.
So liegt das mittlere Einkommen in Vor-
pommern bei 2.027 Euro, in der Region
Stuttgart bei 3.500 Euro. Die Bevölkerung
wuchs in Berlin zwischen 2011 und 2014
um 4,3 Prozent und ging in der Region
Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg um drei Pro-
zent zurück. In Göttingen kommen auf
100.000 Einwohner 64 Allgemeinärzte, in
Dortmund nur 34. Doch Wachstum und
Schrumpfung sind nicht gleichzusetzen
mit Stadt und Land. Es gibt sowohl ländli-
che Wachstumsregionen als auch städtisch
geprägte Schrumpfungsgebiete. Auch die
Umsetzung nationaler Politikziele, wie
zum Beispiel das 30-Hektar-Ziel oder die
Klimaschutzziele, ist in hohem Maß an
Flächen und Raum gebunden. Jede Maß-
nahme ist für die einzelnen Teilräume mit
unterschiedlichen Belastungen verbunden,
so zum Beispiel Windräder oder Überflu-
tungsflächen für den Hochwasserschutz.
Integrierte Instrumente zur Stärkung
der Raumordnung
„Gleichwertige Lebensverhältnisse las-
sen sich ohne stärkeres staatliches Han-
deln immer schwerer erreichen“, so Dr.
Josef Meyer, Vizepräsident des Deutschen
Verbandes für Wohnungswesen, Städte-
bau und Raumordnung. Dafür muss die
Raumordnung mit wirkungsvolleren Inst-
rumenten ausgestattet werden, die inte-
grierte Ansätze verfolgen, Interessen aus-
gleichen, demokratisch legitimiert und mit
finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Für
die klassischen Landesentwicklungs- und
Regionalpläne bedeutet dies: Fachplanun-
gen, Kommunen, Nichtregierungsorgani-
sationen und Bürger müssen ihre raum-
bedeutsamen Planungen, Maßnahmen
und Interessen schon in die Erstellung
der Raumplanungsentwürfe einbringen.
Zudem sollte die Regionalplanung über
eine Direktwahl der Regionalräte stärker
demokratisch legitimiert sein.
Neue Kooperationsformen erforder-
lich
Insbesondere in strukturschwachen Regio-
nen sind integrierte Entwicklungskonzepte
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Langfristige Regeln für die Entsorgung HBCD-haltiger Abfälle –
Bundeskabinett verabschiedet neue Verordnung für POP-haltige Abfälle
Berlin – Das Bundeskabinett hat am 7. Juni 2017 eine Verordnung beschlossen, die den Umgang mit Abfällen regelt, die
persistente organische Schadstoffe (POP) enthalten. Das betrifft zurzeit vor allem Dämmplatten mit dem Flammschutz-
mittel Hexabromcyclododecan (HBCD), einem bekannten POP. Der Vorschlag von Bundesumweltministerin Barbara Hen-
dricks sieht vor, solche Abfälle zukünftig getrennt zu sammeln. Die direkte Entsorgung in Verbrennungsanlagen darf
zwar zusammen mit anderen Abfällen erfolgen, der Weg dorthin muss aber nachgewiesen werden. POP müssen nach
den Vorgaben der EU-POP-Verordnung wegen ihrer schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt aus dem Wirt-
schaftskreislauf ausgeschlossen und zerstört werden. Die Wohnungswirtschaft begrüßt den Vorschlag.
„Die Verordnung führt zu einer dauerhaf-
ten Lösung. Wir schaffen die Grundlage
dafür, dass die Entsorgungspreise gerade
für Dämmstoffe mit HBCD langfristig sta-
bil bleiben. Gleichzeitig ist garantiert, dass
solche und andere Abfälle, die POP enthal-
ten, dauerhaft sicher und umweltverträg-
lich entsorgt werden und dies auch gründ-
lich überwacht werden kann. Ich bin daher
zuversichtlich, dass die Länder der Verord-
nung im Bundesrat zustimmen werden und
sie noch im Sommer dieses Jahres in Kraft
treten kann“, so Hendricks.
Wärmedämmplatten, die HBCD enthal-
ten, wurden 2016 als gefährlicher Abfall
eingestuft. Dies führte zu Entsorgungs-
engpässen und infolgedessen zu über-
höhten Entsorgungspreisen. Die entspre-
chende Regelung wurde deshalb Ende
Dezember 2016 für ein Jahr ausgesetzt
– dafür hatte sich auch der Spitzenver-
band der Wohnungswirtschaft GdW ein-
gesetzt. Innerhalb dieses Moratoriums
verhandelten Bund und Länder eine neue
Verordnung, die nun vorliegt. Demnach
sollen alle POP-haltigen Abfälle nur dann
als „gefährlicher Abfall“ eingestuft wer-
den, wenn dies auch EU-rechtlich gebo-
ten ist. Das heißt, in den Abfällen müssen
die jeweiligen gesetzlichen Grenzwerte
für die POP – 16 Stoffe sind derzeit
in der EU-POP-Verordnung (Beschluss
2014/955/EU) vorgegeben – überschrit-
ten werden. Gleichzeitig wird mit der Ver-
ordnung sichergestellt, dass POP-haltige
Abfälle unabhängig von ihrer Einstufung
als gefährlicher oder nicht gefährlicher
Abfall in vergleichbarem Maße getrennt
gesammelt werden. Gleichwohl dürfen
sie wie bisher in entsprechenden Entsor-
gungsanlagen vermischt werden. Durch
die Anwendung von Nachweis- und Regis-
terpflichten können die Abfallbehörden
der Länder den Entsorgungsweg dieser
Abfälle stringent überwachen. Die Ver-
ordnung zur Änderung der Abfallverzeich-
nisverordnung und zum Umgang mit POP
muss noch vom Bundesrat verabschiedet
werden. Sie ist dort zustimmungspflichtig.
(schr/schi)
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