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EUROPAPOLITIK
Klimaschutz: EU-Kommission schlägt verbindliche Ziele zur Verminderung der
CO
2
-Emissionen in den Mitgliedstaaten vor
Berlin – Die Europäische Kommission hat am 20. Juli 2016 verbindliche Ziele für alle Staaten der Europäischen Union (EU)
zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 vorgelegt. Ziel ist die Aufteilung des gemeinsa-
men europäischen Klimaziels für 2030 auf die Mitgliedstaaten. Konkret betreffen die Klimaziele die Bereiche, die nicht
am Emissionshandel teilnehmen, also Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall. Für Deutschland ist demnach eine
verbindliche Treibhausgasminderung von 38 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 vorgesehen.
Bundesumweltministerin Barbara Hen-
dricks begrüßte den Vorschlag der Euro-
päischen Kommission: „Das ist eine gute
Grundlage für die anstehenden Verhand-
lungen.“ Die Europäische Union (EU) hatte
sich mit dem Pariser Klimaschutzabkom-
men dazu bekannt, ihre Treibhausgasemis-
sionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent
gegenüber 1990 zu senken. Der Vorschlag
der Kommission dient nun der Umsetzung
dieses Ziels in EU-Recht.
Der vorgeschlagene Wert lässt sich nicht
direkt vergleichen mit dem nationalen Kli-
maziel von mindestens 55 Prozent Reduk-
tion bis 2030, bezogen auf das Basisjahr
1990 und auf alle Sektoren, inklusive der
Emissionshandelsbereiche. Das beste-
hende nationale deutsche Klimaziel ist im
Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommis-
sion noch etwas ambitionierter. „Europa
macht ernst beim Klimaschutz“, so Hen-
dricks. „Nicht nur Deutschland, auch alle
anderen EU-Staaten werden bis 2030 ihre
Treibhausgasemissionen deutlich senken.
Zum ersten Mal werden auch die osteu-
ropäischen Staaten ihre Emissionen ver-
bindlich reduzieren. Manche sprechen
dabei von Lastenteilung. Aber ich finde,
der Begriff Chancenteilung trifft es besser.
Denn Klimaschutz ist eine große Chance
für die Modernisierung unserer europäi-
schen Volkswirtschaften. Wir sind bereit,
mit unserem bestehenden nationalen Ziel
noch über die Vorgaben hinaus zu gehen.
Aber das muss dem Klima zugutekommen
und darf nicht dazu führen, dass andere
europäische Staaten weniger tun.“
Industrie und Energieerzeugung sind von
dem neuen EU-Vorschlag nicht betroffen,
da sie unter den europaweiten Emissions-
handel fallen, der ebenfalls reformiert wer-
den soll. Der Vorschlag der Kommission
basiert auf den Klimazielen der EU für 2030,
die im Oktober 2014 vom Europäischen Rat
beschlossen wurden. Damals wurde auch
bereits die grobe Formel für die Aufteilung
der Ziele beschlossen, wonach Staaten mit
höherem Pro-Kopf-Einkommen mehr tun
müssen als ärmere Mitgliedsstaaten.
Der Legislativvorschlag der Kommission
wird ab Herbst im EU-Ministerrat und im
Europäischen Parlament verhandelt.
(schr/schi/kön)
Weitere Infos hier:
Bundesbauministerium fördert bedeutende Projekte des Städtebaus
Berlin – Das Bundesbauministerium fördert dieses Jahr 17 „Nationale Projekte des Städtebaus“ mit rund 41 Millionen
Euro. „Mit diesem Programm unterstützen wir ‚Leuchttürme‘ der Baukultur von nationaler Bedeutung und internationa-
ler Ausstrahlung“, sagte Bundesbauministerin Barbara Hendricks am 13. Juli 2016 bei der Verkündung in Berlin. Schwer-
punkte des Programms sind die Konversion von Militärflächen, der barrierefreie und demografiegerechte Umbau in den
Städten und interkommunale Kooperationen in ländlichen Regionen.
„Mit rund 650 Millionen Euro jährlich aus
der Städtebauförderung unterstützen wir
die Kommunen bei den aktuellen ökolo-
gischen und gesellschaftspolitischen Her-
ausforderungen“, erklärte Hendricks. „Wir
fördern zusätzlich mit über 41 Millionen
Euro Premiumprojekte des Städtebaus, die
Modellcharakter haben und über regionale
und auch nationale Grenzen hinausstrah-
len. Genau hier liegt das Besondere des
Programms ‚Nationale Projekte des Städ-
tebaus‘. Wir fördern damit innovative und
hochwertige Lösungen für offene Fragen
der Stadtentwicklung. Wie diese geplant
und umgesetzt werden, dabei sollen sich
die Bürgerinnen und Bürger aktiv einbrin-
gen. Darauf legen wir bei der Projektaus-
wahl großen Wert.“ So wird beispiels-
weise in Gießen die Mustersanierung der
100 Jahre alten Werkssiedlung „Gummiin-
sel“ unter Beteiligung der Bewohnerinnen
und Bewohner gefördert. In Berlin-Pankow
erhält das Wohnquartier Elisabeth-Aue
eine „Erste Adresse“ als Anlauf- und Koor-
dinierungsstelle für die gemeinschaftliche
Quartiersentwicklung. In Heidelberg ent-
steht das „Grüne Band des Wissens“, das
als identitätsstiftender und attraktiver Frei-
raum neuen Typs die früheren amerikani-
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BUNDESPOLITIK
Aus wohnungswirtschaftli-
cher Sicht ist die Verschie-
bung des Basisjahres bei
den CO
2
-Emissionsreduk-
tionszielen der EU von 1990 auf 2005
inakzeptabel. Die bereits getätigten
Investitionen der Wohnungsunterneh-
men dürfen nicht durch Neudefini-
tion von Bezugsjahren entwertet wer-
KOMMENTAR
von Dr. Ingrid Vogler
GdW-Energiereferentin
Foto: GdW, Urban Ruths
den. Allein von 1990 bis 2005 wurden
die CO
2
-Emissionen in den Beständen der
Wohnungswirtschaft um über 50 Prozent
reduziert. Dahinter steht ein enormer Kapi-
taleinsatz, der die Unternehmen bis heute
belastet.
Fraglich ist auch, ob die Lastenverteilung
bei der Aufteilung des EU-Klimaziels auf
die Mitgliedstaaten anhand des Brut-
toinlandsprodukts (BIP) erfolgen sollte.
Länder wie Bulgarien, Rumänien, Polen,
Lettland und so weiter erhalten laut
Kommissionsvorschlag einstellige Emis-
sionsreduktionsziele von null Prozent bis
minus sieben Prozent, während Deutsch-
land, trotz Vorleistungen, mit minus 38
Prozent eingestuft wird.
Kommissionsvorschlag bestraft bisherige Leistungen beim Klimaschutz
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