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BUNDESPOLITIK
JAHRESSTATISTIK
Schrumpfungsregionen stärker unterstützen –
demografische Spaltung Deutschlands verhindern
Berlin/Bitterfeld – Während zahlreiche Großstädte rasant wachsen und Wohnungen dort immer rarer und teurer werden,
verlieren viele ländliche Regionen ungebremst Einwohner und drohen langfristig zu Geisterstädten zu werden. Damit
droht Deutschland die demografische Spaltung. Ein Blick nach Sachsen-Anhalt zeigt: Der demografische Wandel ist jetzt
und in Zukunft eine der größten Herausforderungen für Politik und Wohnungswirtschaft – auch wenn die Leerstands-
quoten aktuell leicht sinken. Aktuelle Daten aus der Jahresstatistik des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW
bestätigen diese Trends. In Sachsen-Anhalt hat sich GdW-Präsident Axel Gedaschko am 10. August 2016 zudem ein Bild
von der Lage vor Ort gemacht.
Entgegen der Prognosen vom letzten Jahr,
die eine Stagnation der Leerstandsquote in
den ostdeutschen Ländern vorhersagten,
ist die Quote von 2014 auf 2015 um 0,6
Prozentpunkte auf 8,5 Prozent gesunken.
Die Ursache ist hier in einer Veränderung
des Marktes zu sehen. Die Binnenwande-
rung, Zuwanderung aus den EU-Ländern
und Fluchtbewegungen aus Kriegsgebieten
spielen hier eine Rolle.
Dennoch: Trotz Wohnungsknappheit in
den Metropolräumen und Universitäts-
städten ist die Entwicklung der Woh-
nungsmärkte in Deutschland regional von
sich zuspitzenden Gegensätzen zwischen
schrumpfenden und wachsenden Regio-
nen gekennzeichnet. Bei den GdW-Unter-
nehmen in den ostdeutschen Bundeslän-
dern (ohne Berlin) standen Ende 2015 rund
157.000 Wohnungen leer. Bezogen auf alle
Bestandshalter standen im Osten Deutsch-
lands Ende 2015 schätzungsweise 470.000
Wohnungen leer.
Für 2016 erwartet der GdW einen weite-
ren Rückgang der Leerstandsquote in den
neuen Ländern von 8,5 Prozent auf 8,3 Pro-
zent. Dennoch verlieren viele ländliche Regi-
onen in Ost-, aber auch in Westdeutschland
ungebremst Einwohner und werden immer
unattraktiver.
Eindeutige Gewinner der Binnenwande-
rung sind lediglich 30 kreisfreie Großstädte,
die sogenannten „Schwarmstädte“. Dort
hat sich die Zahl der jungen Einwohner aus
den Geburtsjahrgängen 1973 bis 1993 in
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Auch die Länder sind stärker gefor-
dert
Kurzfristig hat der Bund die Kompensati-
onszahlungen an die Länder bereits erhöht
und sollte diese auf jährlich mindestens
1,5 Milliarden Euro verstetigen. Die Länder
müssten diese ihrerseits mit eigenen Mitteln
in gleicher Höhe für die Wohnraumförde-
rung ergänzen und sie endlich ausnahmslos
zweckgebunden einsetzen, so dass insge-
samt drei Milliarden Euro jährlich für den
sozialen Wohnungsbau zur Verfügung ste-
hen. Das ist Voraussetzung, um pro Jahr
80.000 Sozialmietwohnungen zu schaffen.
Bundesarbeitsgemeinschaft der
Immobilienverbände unterstützt
Pläne
„Für die Schaffung von bezahlbarem
Wohnraum in Deutschland sind Sozialwoh-
nungen ein wichtiger Baustein. Es werden
nach wie vor nicht genügend Sozialwoh-
nungen gebaut – nicht nur, weil in den
vergangenen Jahren zu wenig investiert
wurde. Vielmehr können die Länder die
großen Herausforderungen beim sozialen
Wohnungsbau nicht alleine bewältigen
und damit ihrer alleinigen Verantwortung
bei der sozialen Wohnraumförderung nicht
gerecht werden. Nachdem der Bund eine
Erhöhung der Kompensationsmittel ange-
kündigt hat, ist es deshalb vollkommen fol-
gerichtig, jetzt auch über Kompetenzände-
rungen nachzudenken und den Bund bei
der Verantwortung für den sozialen Woh-
nungsbau mit ins Boot zu holen“, sagte
Fortsetzung von Seite 1
Andreas Ibel, Präsident des Bundesverban-
des Freier Immobilien- und Wohnungsun-
ternehmen (BFW) und Vorsitzender der
Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilien-
wirtschaft Deutschland (BID).
Baugesetzbuch reformieren
Notwendig sei hierbei auch eine mutigere
Reform des Baugesetzbuches und der Bau-
nutzungsverordnung, so Ibel: „Schlanke
und schnelle Verfahren in Chancenstädten
könnten ein zusätzlicher Vorteil für Wohnen
und Gewerbe sein und dadurch für Entlas-
tung der Ballungszentren sorgen. Davon ist
der bisherige Entwurf des Bundesbauminis-
teriums jedoch weit entfernt.“ Neben dem
ZITAT DER WOCHE
Foto: Andreas Schulz, EiB
Vorschlag zur sozialen Wohnraumförde-
rung stützt die BID auch weiterhin die For-
derung des Bundesbauministeriums nach
einer verbindlichen Musterbauordnung.
„Eine verbindliche, bundesweit vereinheit-
lichte Bauordnung schafft Planungssicher-
heit für öffentliche und private Bauträger
und Projektentwickler“, sagte der BID-Vor-
sitzende. „Sowohl den Bundesländern als
auch der Bundesregierung sollte daran gele-
gen sein, bestehende bürokratische Hürden
abzubauen, die eben auch auf regionalen
Unterschieden in der Rechtslage beruhen.
Eine verbindliche Musterbauordnung wäre
ein guter Schritt in die richtige Richtung.“
(schi/hop/kön)
„Die Herausforderungen auf den
deutschen Wohnungsmärkten
insbesondere in den Großstäd-
ten sind riesig und sie werden
täglich größer. Es gibt zu wenige
bezahlbare Wohnungen und es
werden deutlich zu wenige neu
gebaut. Das können die Länder
nicht alleine bewältigen“
GdW-Präsident Axel Gedaschko
am 16. August 2016 zur Deutschen
Presse-Agentur (dpa)
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