WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 18/2015 - page 5

AUS DEN VERBÄNDEN
Vom bezahlbaren Wohnen bis zur Immobilienblase
– Breites Themenspektrum beim Verbandstag des vbw
Freiburg – Rund 280 Teilnehmer waren zum Verbandstag des vbw Verband badenwürttembergischer Wohnungsund
Immobilienunternehmen gekommen, der unter dem Motto „Wir bauen Heimat“ stand. Die konzeptionelle Unterbrin­
gung von Flüchtlingen, bezahlbares Wohnen und weitere aktuelle wohnungspolitische Themen beherrschten die Reden.
Robert an der Brügge
, Verbandsvor-
sitzender des vbw, fasste die Situation in
Baden-Württemberg zusammen: „Wir
haben in einem starken Land eine starke
Wohnungswirtschaft, die für den Zuzug,
für Flüchtlinge, für Fachkräfte und alle
Gesellschaftsschichten Wohnungen baut
und bewirtschaftet“. Doch die Aufgaben
und Ansprüche an die Branche wüchsen
beständig – ebenso wie die Baukosten
und die staatlichen Abgaben und Steuern.
„Um preisgünstigen Wohnraum schaf-
fen zu können, brauchen wir bezahlba-
res Bauland, ein passendes Baurecht und
eine angemessene Förderung“, fasste an
der Brügge in einer Drei-Punkte-Formel
zusammen. Es sei eine Frage des gestal-
tenden politischen Willens, ob beispiels-
weise die Liegenschaftspolitik als Finanz-
politik durch die Kommunen gesehen oder
ob hier zukunftsfähige Stadtentwicklung
betrieben werde. „Eine Politik, die güns-
tigen, bezahlbaren Wohnraum wünscht,
muss für eine angemessene Verdichtung,
schnellere Genehmigungsverfahren und
eine vernünftige Gestaltung des Vergabe-
rechts sorgen“, so an der Brügge. Ansons-
ten strafe sie ihre eigenen Absichten Lügen.
Er fügte hinzu: „Auch die Mietpreisbremse
und die Kappungsgrenze sind keine Sig-
nale, die den Wohnungsbau befördern.
Der vbw fordert daher das Land auf, auch
auf Landesebene Bündnisse für bezahlbares
Wohnen zu unterstützen, eine Kommission
zur Identifizierung von Kostensenkungs-
potenzialen einzusetzen, die Rechtsver-
ordnungen zur Mietpreisbremse nur in
Kommunen mit einem qualifizierten Miet-
spiegel zur Anwendung zu bringen und
eine Wohnraumbedarfsermittlung bis zum
Jahr 2025 durchzuführen. „Danach ist dann
auch das Landeswohnraumförderungspro-
gramm auszurichten“, so an der Brügge.
An das Thema der Landeswohnraumför-
derung knüpfte auch Verbandsdirektorin
Sigrid Feßler
an. Sie begrüßte die Wie-
dereinführung der anfänglichen mittel-
baren Belegung und die Möglichkeit des
Erwerbs von Belegungsrechten. Dies sei ein
wichtiger Schritt, um das Programm für
die Unternehmen attraktiver zu machen.
Schwachpunkte seien aber weiterhin die
zu geringe finanzielle Ausstattung des Pro-
gramms und vor allem die darin enthaltene
energetische Komponente. Es könne nicht
sein, dass Sozialwohnungen energetisch
besser ausgelegt sein müssten, als dies die
Energieeinsparverordnung für den freifi-
nanzierten Wohnungsmarkt vorschreibe.
„Wir plädieren zudem dafür, den generel-
len Abschlag von 33 Prozent zur ortsüb-
lichen Miete zugunsten einer regionalen
Lösung zu überdenken und auch die Woh-
nungsgrößen flexibler zu handhaben“, so
Feßler. Sie lobte die gute Ausstattung der
Städtebauförderung. Harte Worte fand sie
dagegen sowohl für die novellierte Landes-
bauordnung als auch für das Gesetz zur
Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in
Baden-Württemberg. „Die Verschärfungen
sind ein Fehler“, so Feßler.
Ähnlich deutlich äußerte sich auch der Prä-
sident des GdW Bundesverband deutscher
Wohnungs- und Immobilienunternehmen
e.V. „Die Politik läuft derzeit in die falsche
Richtung“, analysierte
Axel Gedaschko
.
Denn gerade weil Deutschland wirtschaft-
lich wieder attraktiv geworden sei und
deshalb eine Zuwanderung von 470.000
Menschen im vergangenen Jahr aufweise,
brauche es mehr Wohnraum an attrakti-
ven Standorten. „Das bedeutet, dass wir
für bezahlbaren Neubau sorgen müssen.
Dies gilt sowohl für den freien Wohnungs-
markt als auch für den sozialen Woh-
nungsbau und auch für die Flüchtlingsun-
terbringung“, so Gedaschko. Der Bund hat
die nationale Aufgabe, die Länder bei der
Unterbringung von Flüchtlingen finanzi-
ell kräftig zu unterstützen. „Denn bei der
Umstellung auf das föderale System war mit
so großen Flüchtlings- und Zuzugsströmen
nicht zu rechnen“, sagte Gedaschko mit
Blick auf die Wohnungsbauförderung. Die
Fehler der 90er Jahre dürften nicht wieder-
holt werden. Daher sollten die Flüchtlinge
möglichst dezentral untergebracht werden.
„Wir sollen die Bestände altersgerecht
und energetisch sanieren und wir sollen
bauen“, so Gedaschko. „Das ist in Summe
kaum leistbar“. Schon allein für den alters-
gerechten Umbau wäre ein Investment in
der gesamten Höhe aller Investitionen der
3.000 im GdW organisierten Mitglieds-
unternehmen erforderlich. „Das kann
nicht funktionieren“, sagte Gedaschko.
Die Unternehmen müssten daher Priori-
täten setzen. „Sie haben in der Vergan-
genheit bereits viel geleistet“, so der Ver-
bandspräsident. „Seit 1990 haben wir 30
Prozent der Endenergie in unseren Woh-
nungsbeständen eingespart. Das bedeu-
tet 50 Prozent CO
2
-Einsparung. Wir sind
im Gegensatz zu anderen Bereichen weit
voraus und fordern daher, in dieser Rich-
tung nicht weiter unter Druck gesetzt zu
werden“, sagte er. Die dezentrale Strom-
erzeugung durch die Wohnungswirtschaft,
beispielweise mit Kraft-Wärme-Kopplung,
könnte den Strommarkt verändern, wenn
man dies zuließe. Bisher halte die Regie-
rung jedoch eine schützende Hand über die
Stadtwerke. „Für die Energiewende und
den Klimaschutz ist eine entsprechende
Förderung, eine Konzentration auf eine
große Menge statt Tiefe bei Sanierungen
und Modernisierungen notwendig“, sagte
Gedaschko.
Prof. Dr.
Michael Voigtländer
vom Institut
der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ging
auf die aktuelle Marktsituation mit sehr
Verbandsdirektorin Sigrid Feßler lobt die Wiedereinführung der mittelbaren Belegung in der Landes-
wohnraumförderung.
Foto: vbw
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