WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 18/2015 - page 2

tragt. Das Verbändebündnis hat die Studie
im Rahmen eines Fachforums an Bundes-
bauministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD)
übergeben. Die Untersuchung legt die
Kostentreiber beim Wohnungsbau detail-
liert offen und liefert damit entscheidende
Inhalte für die Baukostensenkungskom-
mission und somit auch für das „Bündnis
für bezahlbares Wohnen und Bauen“ der
Bundesregierung. Die Untersuchung weist
auf der Basis eines Muster-Mehrfamilien-
hauses nach, dass die Neubau-Kosten pro
Quadratmeter Wohnfläche konkret von
2.209 Euro im Jahr 2000 auf 3.080 Euro
im vergangenen Jahr gestiegen sind. Die
Studie zeigt die entscheidenden Preisstei-
gerungen, die es seit dem Jahr 2000 gab,
und identifiziert dabei vier zentrale Kost-
entreiber:
Bauwerksund Planungskosten:
Ener-
gie-Effizienz, Barrierefreiheit, Brand- und
Schallschutz, Schnee-, Sturm- und Erd-
bebensicherheit ... – Der Staat gibt per
Ordnungsrecht vor, was und wie geplant
werden muss. Er setzt dabei die Hürden
immer höher. Das hat – neben einem
Qualitätsplus (beispielsweise größere
Bäder) – seinen Preis: Um 426 Euro pro
Quadratmeter Wohnfläche sind die Kos-
ten in diesem Bereich gestiegen – ein Plus
von mehr als 19 Prozent der Gesamtkos-
ten im Jahr 2000. Das Ordnungsrecht
wird immer schärfer: Seit 2000 wurde
die Energieeinsparverordnung (EnEV)
vier Mal novelliert – mit immer höheren
Anforderungen. Allein das hat die Kos-
ten um 6,5 Prozent ansteigen lassen. Die
nächste Novellierungs-Runde kommt
2016 und verursacht weitere 7,3 Prozent.
Steuerliche und baurechtliche Vorga­
ben
von Bund und Ländern schlagen mit
248 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche
mehr zu Buche (plus 11 Prozent).
BaulandKosten:
Wer Grund und Boden
kaufen will, muss immer tiefer in die
Tasche greifen. Kosten-Anstieg: 115 Euro
pro Quadratmeter Wohnfläche – mehr als
5 Prozent.
Auflagen der Kommunen:
Wie eine
Umfrage unter 370 Wohnungsunterneh-
men im Zuge der Studie ergeben hat, sind
die Kommunen für einen Kosten-Anstieg
von 82 Euro pro Quadratmeter Wohnflä-
che (knapp 4 Prozent) verantwortlich. Der
Auflagen-Katalog, an den sich Bauherren
und Investoren zu halten haben, ist groß:
vorgeschriebene Dachbegrünung, Einsatz
von regenerativen Energien, Ampel-Ver-
legungen.
Das Verbändebündnis Wohnungsbau for-
dert Bund, Länder und Kommunen auf,
jetzt „endlich einzugreifen, um das Woh-
nen für Haushalte mit durchschnittlichen
und unteren Einkommen wieder erschwing-
lich zu machen“. Es sei dringend notwen-
dig, die Kostentreiber beim Wohnungsbau
zu begrenzen. Der Staat müsse damit „auf-
hören, den Wohnungsbau durch immer
neue Vorgaben zu ersticken“. Stattdessen
sei es erforderlich, mehr für bezahlbaren
Wohnraum zu tun. Dies bedeute konkret:
Für den Bund:
• Steuerliche Rahmenbedingungen ändern.
Eine bessere Abschreibung – die AfA von
2 auf 4 Prozent linear erhöhen.
• Sonder-Abschreibung für sozialen Woh-
nungsbau zulassen – Wiedereinführung
des früheren Paragraphen 7k im Einkom-
menssteuergesetz.
Für die Länder:
• Aufhören, ständig an der Grunderwerb-
steuer zu drehen.
• Förderprogramme für Ballungsgebiete
und Wachstumsregionen entwickeln.
• Geld für soziale Wohn-Programme aus-
schließlich auch dafür verwenden.
Für die Kommunen:
• Die Auflagen-Flut stoppen.
• Günstiges Bauland bereitstellen – damit
Investoren nicht abgeschreckt, sondern
ermutigt werden, bezahlbaren Wohn-
raum zu schaffen.
Ein weiterer Hemmschuh für den Woh-
nungsbau: der „Regulierungs-Dschungel“,
so das Verbändebündnis. Wer heute ein
Mehrfamilien-Haus baue, müsse mehr als
100.000 Seiten an Normen und Verordnun-
gen kennen und beachten. Auch mischten
mit EU, Bund, Ländern und Kommunen
gleich vier Instanzen im Ordnungsrecht mit.
Das verkompliziere die Lage und sorge für
„Bau-Frust“, so das Verbändebündnis. Die
heute geltenden Standards für den Woh-
nungsbau bedürften einer Überprüfung und
einer neuen politischen Bewertung. Dabei
müsse eines im Fokus stehen: Die Kosten,
die beimWohnungsbau verursacht werden.
Die Normen müssten sich wieder deutlich
stärker an der Praxis orientieren und weni-
ger am Stand der Technik. Das Verbände-
bündnis appelliert an die Politik: „Raus aus
dem Elfenbeinturm, näher ran an die Praxis.
Den Überblick behalten – statt Regel-Wild-
wuchs wuchern lassen.
(lang/burk)
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Fortsetzung von Seite 1
BUNDESPOLITIK
Politik im Gespräch – Dr. Anja Weisgerber, MdB, Klaus Mindrup, MdB, Markus Ulbig, Landesmi-
nister des Sächsisches Staatsministeriums des Innern und Vorsitzender der Bauministerkonferenz,
Michael Groschek, Landesminister des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und
Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. (v.l.n.r.)
Fotos: wpd-relations
GdW-Präsident Axel Gedaschko erläutert dem Fernsehen die Kostentreiber für den Wohnungsbau.
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