WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 52-53/2015 - page 3

AUS DEN VERBÄNDEN
Altanschließer: Sieg des Rechtsstaats
Potsdam – Die Beitragsnachforderungen an Altanschließer sind verjährt. Ihre Nachforderung ist damit verfassungswid-
rig. Das geht aus zwei am 17. Dezember 2015 vom Bundesverfassungsgericht bekannt gegebenen Entscheidungen her-
vor. Maren Kern, Vorstand der Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), sagte dazu: „Das ist
ein deutlicher Denkzettel für die Landesregierung. Es ist jetzt höchste Zeit, diesen vom BBU seit vielen Jahren bemängel-
ten Missstand endlich zu beseitigen und Rechtssicherheit herzustellen. Alle offenbar zu Unrecht nacherhobenen Beiträge
müssen jetzt zurückerstattet werden.“
Dem obersten deutschen Gericht zufolge
verstößt die Grundlage der Nacherhebun-
gen, das Kommunalabgabengesetz des
Landes Brandenburg in seiner Fassung vom
1. Februar 2004, gegen das grundgesetz-
lich verankerte Rückwirkungsverbot.
In der Begründung seiner Entscheidung
greift das Bundesverfassungsgericht die
Argumentation eines Gutachtens von Prof.
Dr. Udo Steiner und Dr. Antje Demske auf,
das bereits 2008 vom BBU angestoßen
und vom Verband seither immer wieder in
Politik und Verwaltung bekannt gemacht
worden war. Der BBU hatte immer wieder
sehr deutlich auf seine erheblichen verfas-
sungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der
Regelungen zu den Verjährungsfristen von
Nacherhebungen von Altanschließern hin-
gewiesen.
Die Summen sind erheblich: Allein von sei-
nen Mitgliedsunternehmen sind dem BBU
Beitragsnachzahlungen in Höhe von rund
60 Millionen Euro bekannt. Das entspricht
fast 14 Prozent ihrer 2014 geleisteten Jah-
resinvestitionen. Insgesamt drohten sogar
Nachforderungen von bis zu 340 Millionen
Euro. Kern: „Wir sind sehr froh, dass mit
dieser Entscheidung eine jahrelange Dis-
kussion nun hoffentlich zu einem guten
Ende findet.“
Der BBU geht davon aus, dass jetzt alle
anhängigen Widerspruchsverfahren gegen
Beitragsnachforderungen im Licht der
höchstrichterlichen Beschlusses entschie-
den und die zu Unrecht erhobenen Bei-
träge zurückerstattet werden.
(ebe/kön)
Hintergrund
Als Altanschließer oder Altanlieger
werden jene Grundstückseigentümer
bezeichnet, deren Grundstück vor dem
3. Oktober 1990 an die leitungsgebun-
dene öffentliche Abwasserentsorgung
angeschlossen war oder angeschlos-
sen werden konnte. Der Zeitpunkt des
Anschlusses spielt dabei keine wichtige
Rolle – auch diejenigen, die bereits in den
1920er Jahren an die Schmutzwasserlei-
tung angeschlossen wurden, gelten als
Altanschließer.
Beitragsbescheide ergehen aber auch
für solche Grundstücke, die Anfang der
1990er Jahre vor Gründung der Zweck-
verbände angeschlossen wurden und für
die bisher kein Beitrag erhoben wurde.
Die Pressemitteilung zu den beiden Urteilen
des Bundesverfassungsgerichts finden Sie
unter diesem Kurzlink:
Quelle: Mittelmärkische Wasser-
und Abwasser GmbH
Online-Plattform zur Flüchtlingsunterbringung gestartet
Düsseldorf – Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Zuflucht vor Vertreibung und Krieg suchen, ist in 2015 stark
angestiegen. Um den wachsenden Bedarf an Wohnraum zu decken, hat das nordrhein-westfälische Bauministerium im
November eine Wohnungsbauoffensive gestartet. Ein Baustein dieser Strategie stellt die Einrichtung einer Plattform zur
Vermittlung von Wohnungen an die Kommunen zur Flüchtlingsunterbringung dar. NRW-Bauminister Michael Groschek
und Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen, haben als Schirmherren den Startschuss für die
Seite
geben.
„Wir haben in vielen Städten gute, quali-
tativ angemessene Wohnungen, die leer
stehen und für die Unterbringungen von
Flüchtlingen geeignet sind“, so der nord-
rhein-westfälische Bauminister Michael
Groschek. „Integration gelingt, wenn aus
Fremden Nachbarn werden. Wir möchten,
dass Asylsuchende nach Verlassen der Erst-
aufnahmeeinrichtungen möglichst schnell
in den Wohn- und Stadtquartieren eine
Heimat finden.“
Das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadt-
entwicklung und Verkehr geht davon aus,
dass durch den Flüchtlingszuzug in Nord-
rhein-Westfalen in den kommenden Jahren
200.000 zusätzliche Wohnungen benötigt
werden. 80.000 davon sollen im Bestand
gewonnen werden. Die nun gestartete
Online-Plattform soll den Kontakt zwi-
schen Städten und Vermietern beschleu-
nigen. VdW-Verbandsdirektor Alexander
Rychter sagt: „Vermieter können in die
neue Datenbank alle Wohnungen einstel-
len, die für die Nutzung durch Flüchtlinge
in Frage kommen. Städte und Gemeinden
können auf diese Informationen zugreifen,
die Wohnungen anmieten und Asylbewer-
ber darin unterbringen.“
Verschiedene Wohnungsunternehmen
sowie Städte aus dem Ruhrgebiet nutzen
die Plattform nach dem Start. Grundsätz-
lich steht die Plattform allen Interessen-
ten offen: „Wir setzen auch auf die Betei-
ligung der Privatvermieter und würden
uns freuen, wenn sie die Online-Plattform
ausgiebig nutzen“, so Michael Groschek.
„Nordrhein-Westfalen hat viel Potential.
Das Potenzial der leerstehenden Wohnun-
gen wollen wir jetzt mobilisieren.“
Für die Städte soll die Wohnraumkarte den
Verwaltungsaufwand senken. „Das Online-
Angebot bietet Übersichtlichkeit und eine
schnelle Vergleichbarkeit von Angeboten.
Die Wohnraumkarte erlaubt es uns damit,
sehr viel unkomplizierter als bisher Woh-
nungen für Flüchtlinge zu finden“, so Tho-
mas Böhm, Wohnungsamtsleiter aus Dort-
mund, der bereits an der Erprobung der
Online-Plattform beteiligt war.
(will/kön)
Welche Mindeststandards die Wohnungen
für die Plattform, erfüllen müssen,
erfahren Interessenten unter
wie
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