WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 20/2015 - page 3

EUROPAPOLITIK
Wohnungspolitik in Zeiten der europäischen Wirtschaftskrise –
Housing Europe legt Bericht zu europäischen Wohnungsmärkten vor
Brüssel – Sechs Jahre nach Beginn der europäischen Wirtschaftskrise in vielen Ländern der Europäischen Union (EU) zieht
Housing Europe, der europäische Verband der öffentlichen, genossenschaftlichen und sozialen Wohnungswirtschaft,
eine erste Bilanz zur Lage der Wohnungswirtschaft. Der Bericht „State of housing in the EU 2015“ gibt einen fundierten
Überblick zu den aktuellen wohnungswirtschaftlichen Trends sowie zum Stand der wohnungspolitischen Diskussion in
den Mitgliedstaaten. Neben detaillierten Profilen für jedes der 28 Mitgliedsländer der EU werden die wichtigsten Markt-
trends länderübergreifend europaweit analysiert und neue Ansätze und Herausforderungen der sozialen Wohnungspoli-
tik herausgearbeitet.
Bereits ein überblicksartiger Streifzug durch
die Länderprofile des Berichtes macht deut-
lich: Die europäischen Wohnungsmärkte
sind sehr heterogen und durch verschie-
denste nationale Besonderheiten geprägt.
Auch auf nationaler Ebene bestehen deut-
liche regionale Disparitäten etwa zwischen
wachsenden Märkten in prosperierenden
Verdichtungsräumen und schrumpfenden
Regionen, in denen der Bevölkerungs-
schwund mit wachsenden Wohnungsleer-
ständen und fallenden Immobilienpreisen
einhergeht. Wanderungen und der demo-
grafische Wandel verstärken diese Prozesse
und die begleitenden wohnungswirtschaft-
lichen Herausforderungen in der Zukunft,
wie der Bericht am Beispiel Großbritanniens
und Deutschlands aufzeigt.
Sechs Jahre nach dem plötzlichen wirt-
schaftlichen Einbruch in vielen europä-
ischen Volkswirtschaften zeigt sich die
Situation auf dem Wohnungsmärkten
relativ stabil. Aber die Studie weiß auch
von alarmierenden Zahlen zu berichten:
Aktuell gibt es deutlich mehr Menschen in
Europa, die über gar keine Wohnung verfü-
gen, als vor sechs Jahren. Zudem kann die
wachsende Nachfrage nach bezahlbarem
Wohnraum in den meisten europäischen
Staaten derzeit nicht ausreichend befrie-
digt werden.
Zum einen ist der Neubau im Sozialen
Wohnungsbau in vielen Ländern, wie
etwa Großbritannien, den Niederlanden,
Österreich, Italien, Dänemark, Irland und
Spanien zwischen 2009 und 2012 deut-
lich gesunken. In Deutschland ging darüber
hinaus der Bestand an mietpreisgebunde-
nen Wohnungen signifikant zurück. Zum
anderen hat in einigen Ländern der Neubau
in wachsenden Verdichtungsräumen nicht
mit der zunehmenden Nachfrage mithal-
ten können. So ist in den Metropolregio-
nen in Großbritannien, vor allem in Lon-
don, in den Niederlanden, in Schweden
und in Deutschland eine Verknappung des
Wohnungsangebotes zu beobachten. Dies
trifft, bei steigenden Preisen und Mieten,
vor allem Haushalte, die auf bezahlbaren
Wohnraum angewiesen sind.
Vielerorts in Europa, so die Studie, sehen
sich einkommensschwächere Haushalte
beim Wohnungswechsel deshalb in einer
Falle: Preisgünstige Mietwohnungen sind
Mangelware. Wohnungseigentum fällt als
Alternative aus, da die Einstiegskosten eine
noch erhebliche höhere Belastung bedeu-
ten würden. Sozialwohnungen sind eben-
falls nicht in ausreichender Zahl vorhanden,
was wachsende Wartelisten etwa in Italien,
Großbritannien, Frankreich und Irland bele-
gen. Für junge Leute heißt dies oft, dass
sie erst spät einen eigenen Haushalt grün-
den können und lange bei den Eltern woh-
nen müssen. In einigen Staaten Europas
lebt bereits mehr als die Hälfte der Gene-
ration der 18- bis 34-Jährigen noch bei
ihren Eltern. Dies betrifft etwa die jüngeren
Erwachsenen in der Slowakei (74 Prozent),
Italien (66 Prozent), Portugal (58 Prozent)
und in Spanien (55 Prozent)
.
(schra)
Die Studie zum Download gibt es unter
folgendem Link:
resource-468/the-state-of-housing-in-the-
eu-2015
Der Bericht „State of housing in the EU 2015“ liefert detaillierte Profile für jedes der 28 Mitgliedsländer der EU.
Quelle: Housing Europe
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