WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 45/2015 - page 2

2
45/2015
BUNDESPOLITIK
Zuzug in große Städte. Dort brauchen wir
mehr bezahlbaren Wohnraum und zeit­
gemäßere Regeln für das Zusammenleben“,
so die Bundesministerin für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
Dr.
Barbara Hendricks
(SPD). „Das fängt
beim Wohnungsbau in der Nähe von
Gewerbegebieten an und umfasst auch
adäquate Lernvorgaben für Kinder- und
Jugendeinrichtungen. Viele Menschen
wünschen sich eine ‚Stadt der kurzen
Wege‘ mit einem starken Nahverkehr
und vielen sicheren Radwegen, also
eine Abkehr von der autozentrierten
Stadt. Um das zu erreichen, habe ich
der Bauministerkonferenz eine Reihe an
Vorschlägen unterbreitet.“
Schaffung von bezahlbarem und
sozialem Wohnraum
Die Bauministerkonferenz hat sich intensiv
mit der aktuellen Flüchtlingssituation
und den Herausforderungen für Bau,
Wohnungsbau und Stadtentwicklung
beschäftigt. Dazu gehört auch die
Schaffung von bezahlbarem und sozialem
Wohnraum für Personengruppen, die
auf diesen angewiesen sind. In diesem
Zusammenhang steht die Forderung
der Länder nach der Bereitstellung von
Bundesmitteln für die Wohnraumförderung
nach 2019.
Die Bauminister der Länder sind sich einig
darin, dass es eine Neukonzeption von
Energieeinsparverordnung und Erneuer­
bare-Energien-Wärmegesetz geben soll. Das
Bundesbauministerium wird entsprechende
Modelle erarbeiten und bei einer Sonder­
bauministerkonferenz vorstellen.
Darüber hinaus soll das Bauordnungsrecht
der Länder kritisch überprüft werden. Ziel
ist, in Bezug auf Verfahren und Standards
schneller bauen zu können. Steuerliche
Vergünstigungen für den freifinanzierten
Wohnungsbau sollen zudem die Anreize
für private Investitionen erhöhen.
Die Bauministerkonferenz bittet darüber
hinaus den Bund, die Bundesmittel für
den sozialen Wohnungsbau um weitere
500 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen
– unabhängig von den bereits dafür
zugesagten erhöhten Bundesmitteln.
Wohnungswirtschaft: Beschlüsse
gehen in die richtige Richtung
Der Spitzenverband der Wohnungs­
wirtschaft GdW begrüßt die Ankündigung
derBauminister,dieEnergieeinsparvorgaben
im Gebäudebereich überarbeiten zu
wollen. Allerdings müssen angesichts der
aktuellen Flüchtlingssituation noch viel
deutlichere Signale für mehr bezahlbaren
Wohnraum her.
Die nächste Stufe der Energieeinspar­
verordnung zum 1. Januar 2016 wird
den Neubau von Wohnungen um circa
sieben Prozent verteuern. „Eine immer
weitere Verschärfung der EnEV ist ein
kostenträchtiger Irrweg mit sozialem
Sprengstoff. Es kommt darauf an,
Klimaziele technikneutral unter Beachtung
des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes zu
erreichen“, erklärte GdW-Präsident
Axel Gedaschko
im Vorfeld der
Bauministerkonferenz. Dabei bekennt
sich die Wohnungswirtschaft zu den
Klimaschutzzielen der Bundesregierung.
„Wir brauchen mehr Flexibilität bei den
Maßnahmen, um mehr Klimaschutz in der
Breite zu erreichen“, so Gedaschko.
Die Stimmung bei den Wohnungs­
unternehmen sei angespannt. „Die
Zuwanderung und zunehmende Woh­
nungsknappheit in den Ballungsgebieten
birgt für alle große Herausforderungen.
Bisher wurden die Dinge aber nur
besprochen. Aber jetzt muss die Politik
klare Vorgaben umsetzen, damit wir auch
handeln können“, so der GdW-Chef.
Die Wohnungswirtschaft hat ihre
Hausaufgaben gemacht und umfangreiche
Empfehlungen erarbeitet, wie für alle
Menschen in Deutschlandmehr bezahlbarer
Wohnraum gesichert werden kann.
„Die Bauleitplanungen müssen ebenso wie
die Baugenehmigungsverfahren deutlich
beschleunigt werden. Die Wohnungs­
versorgung sollte von den Bürgermeistern in
den Städten und Gemeinden zur Chefsache
erklärt werden. Die Kommunen in den
starken Wachstumsregionen brauchen
einen mit umfassenden Kompetenzen
ausgestatteten Wohnungsbaukoordinator,
den die Länder anteilig mitfinanzieren“,
so Gedaschko. „Ebenso wichtig ist es, die
Baunutzungsverordnung zu überarbeiten,
um Hemmnisse für die Nachverdichtung
und Aufstockung von Wohngebäuden zu
beseitigen“, so Gedaschko.
Der GdW-Chef forderte weiterhin,
die kommunalen Bauämter personell
deutlich besser auszugestalten, um
die Genehmigungsverfahren drastisch
zu beschleunigen. Als Hilfe können
sogenannte „Typengenehmigungen“ die
Prozessdauer verkürzen. Auch die serielle
Bauweise müsse neu eingeführt werden.
Zusätzliche Landesregelungen, die den
Wohnungsbau verteuern, müssen sofort
gestoppt werden. Darüber hinaus fehle in
den Kommunen an vielen Stellen Personal,
um wirklich leer stehende Wohnungen
überhaupt vermitteln zu können.
Die Integration der Menschen vor Ort
kann außerdem nur gelingen, wenn die
Kommunen ihrer Betreuungsaufgabe
nachkommen. Intensive soziale Betreuungs­
angebote für die Hilfesuchenden müssen
bereitgestellt werden. Wir brauchen
frühzeitige Integrationshilfe – insbesondere
durch Sprachkurse – und Flüchtlingslotsen
in den Quartieren, damit die Wohnquartiere
nicht überlastet werden, sondern
zusammenwachsen können.
Bereitstellung von Bundesmitteln für
die Wohnraumförderung nach 2019
Die Bundesbauministerin hat darüber
hinaus vorgeschlagen, einen neuen
Baugebietstyp einzuführen, das sogenannte
„urbane Gebiet“. Das Bauplanungsrecht
soll entsprechend geändert werden,
damit die Kommunen mehr Bauland
für Wohnungen erschließen können,
insbesondere in Gebieten mit Gewerbe und
Dienstleistungsbetrieben.
Die Bauminister der Länder haben sich
einstimmig dafür ausgesprochen, die
soziale Wohnraumförderung über das
Jahr 2019 als gesamtstaatliche Aufgabe
anzusehen. Damit verbunden ist die
Forderung, dass der Bund den Ländern
auch nach dieser Zeit weiter Bundesmittel
für die Wohnraumförderung zur Verfügung
stellt.
Die soziale Wohnraumförderung fällt seit
2007 in die Zuständigkeit der Länder.
Die anstehenden Herausforderungen
wie beispielsweise eine weiter steigende
Wohnungsnachfrage – auch nach sozialem
Wohnungsbau – und eine nur geringfügige
Zunahme
des
Wohnungsangebots
bedürfen weiter finanzieller Ressourcen.
Der Bund hat bereits eine Aufstockung
der verbindlichen Kompensationsmittel
für die Jahre 2016 bis 2019 um jeweils
500 Millionen Euro zugesagt. Die Länder
werden diese Mittel zweckgebunden für
den sozialen Wohnungsbau verwenden.
Die Bauministerkonferenz hat zudem den
Bericht der Arbeitsgruppe „Großstadt­
strategie“ zur Kenntnis genommen
und begrüßt die Vorschläge zum
Bauplanungsrecht und zu Lärmschutz­
bestimmungen.
Wechsel im Vorsitz der Bauminister­
konferenz
Der Freistaat Sachsen wird nach zwei Jahren
den Vorsitz in der Bauministerkonferenz
turnusgemäß abgeben. Ab 1. Januar 2016
übernimmt Sachsen-Anhalt den Vorsitz für
die Jahre 2016 und 2017.
(kun/burk/schi)
Infos zur Bauministerkonferenz
finden Sie unter
Weitere Positionen der Wohnungswirtschaft
aus NRW finden Sie in dieser Ausgabe
auf Seite 4.
Fortsetzung von Seite 1
1 3,4,5,6
Powered by FlippingBook