WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 51/2015 - page 2

BUNDESPOLITIK
nungen, die wegen Mieterwechsel, Moder-
nisierung oder Instandhaltung nur vorüber-
gehend leer stehen als auch Wohnungen,
die insgesamt nicht mehr benutzbar sind.
Damit reduziert sich die Zahl der wirklich
nutzbaren leerstehenden Wohnungen um
rund 65 Prozent auf ca. 600.000 Wohnun-
gen bundesweit. Die Mehrheit dieser Woh-
nungen befindet sich außerdem in struk-
turschwachen ländlichen Regionen. Das
bedeutet: Wir brauchen mehr bezahlbaren
Wohnungsneubau in den Ballungsräumen.
Deswegen müssen Bauhemmnisse sofort
aus dem Weg geräumt werden.
Schnellumfrage zu Bauhemmnissen
und Integrationsaufgaben
Eine Schnellumfrage bei den Unternehmern
in den Gremien des GdW hat ergeben: Die
größten Probleme, die dem bezahlbaren
Wohnungsneubau entgegenstehen, sind
überhöhte technische und energetische
Anforderungen, eine zu starke Steigerung
der Materialanforderungen und -kosten,
schleppende Bauleitplanung und Bauge-
nehmigungsverfahren sowie die Vergabe
der Flächen nach Höchstpreisverfahren.
Als weitere Hemmnisse wurden steigende
Preise für den Baugrund und die Anhe-
bung der Architekten- und Notarhono-
rare, steigende Grunderwerbsteuern und
das Erschweren der Baunutzungsverord-
nung bei Nachverdichtung und Aufsto-
ckung identifiziert.
„An diesen Stellschrauben müssen Bund,
Länder und Kommunen zuerst drehen,
wenn sie bezahlbaren Wohnraum ermög-
lichen wollen", so Gedaschko. Der GdW
begrüßt dabei ausdrücklich, dass die
soziale Wohnraumförderung verdoppelt
wurde. Er mahnt allerdings an, dass eine
über diese Kompensationsmittel hinausge-
hende Bundesförderung als Zuschuss und
nicht als Zinsverbilligung gewährt und über
einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren
kontinuierlich erhöht werden müsste. Die
Förderung sollte zweckgebunden sein und
für den Neubau sowie die Instandsetzung
von leerstehenden Bestandsbauten ver-
wendet werden. Sofern dies nicht mit den
Ländern vereinbart werden kann, sollte der
Bund unmittelbar für den zusätzlichen Teil
der Wohnraumförderung zuständig sein.
Ebenso sieht die Wohnungswirtschaft die
vorgeschlagene Einführung einer Sonder-
abschreibung für Wohnungsneubauten in
Gebieten mit angespannten Wohnungs-
märkten als positives Signal. Sie wird insbe-
sondere private Investoren motivieren, sich
am Wohnungsneubau zu beteiligen. Dar-
über hinaus sollte es alternativ eine gleich-
wertige Investitions-Zulagenregelung für
die Investoren geben, die steuerliche Son-
derabschreibungen nicht nutzen können.
„Wir müssen die Menschen, die zu uns
kommen, in die Gesellschaft integrieren“,
so GdW-Präsident Gedaschko. Die Woh-
nungswirtschaft übernimmt seit Jahrzehn-
ten eine aktivierende Funktion im Wohn-
quartier. Mit einem großen Engagement
der Wohnungsunternehmen und der wich-
tigen Unterstützung durch das Bund-Län-
der-Programm „Soziale Stadt“ ist es gelun-
gen, viele Wohnquartiere zu stabilisieren,
aus überforderten wieder funktionierende
Nachbarschaften zu machen und damit
den sozialen Frieden zu erhalten. Aber:
Die Integration der Zuwanderer und Flücht-
linge kann nur durch eine langfristige sozi-
ale Betreuung und integrative Maßnahmen
und nur mithilfe eines stärkeren finanziel-
len Engagements aller staatlichen Ebenen
gelingen.
Die Schnellumfrage des GdW zu Integra-
tionsaufgaben hat zudem ergeben: Als
besonders wichtig gelten Angebote zum
Erwerb der deutschen Sprache, die Über-
setzung und Überwindung von Sprach-
barrieren, die Alphabetisierung sowie
die Anleitung bei Fragen des alltäglichen
Lebens. Als weitere Integrationsaufga-
ben wurden Angebote zur Berufsintegra-
tion, Beratung bei extremistischen religiö-
sen Haltungen, Schaffung von Akzeptanz
für Vielfalt, Abbau von Fremdenfeindlich-
keit, die Unterstützung bei Behördengän-
gen, eine Einführung in die die deutsche
Landes-, Staats- und Gesellschaftskunde,
medizinische Versorgung sowie die Schaf-
fung von Räumen für nachbarschaftliche
Kontakte angesehen.
Integration und Wohnortzuweisung
Um diese Aufgaben zu bewältigen, sollte
es aus Sicht der Wohnungswirtschaft ein
umfassendes Sonderprogramm „Integ-
ration“ geben. Nötig seien dabei auch
Zuschüsse für Wohnungsunternehmen bei
Einstellung von zusätzlichem Personal für
integrative Maßnahmen. Darüber hinaus
müssten Länder, Landkreise und die kreis-
freien Städte hinsichtlich der Kosten der
sozialen Betreuung und der Wiederher-
richtung von unbewohnbaren Wohnungen
finanziell unter-
stützt werden.
Der GdW appel-
liert außerdem an
die Politik zu prü-
fen, ob über ein
Integrationsgesetz
Regelungen zur
Wohnortgestal-
tung für Flücht-
linge gefunden
werden können.
Länder, Kommu-
nen, Städte und
Wohnungswirt-
schaft brauchen
Planungssicherheit
darüber, wie viele
der dauerhaft in
Deutschland blei-
benden
Men-
schen wirklich in
ihren Orten leben
werden. Entspre-
chende zeitlich
befristete Regelungen dazu könnten die
Integration der Menschen erleichtern und
gleichzeitig die Entstehung von sozialen
Brennpunkten verhindern. Ein vergleichba-
res Instrument hat sich bereits in den 90er
Jahren bewährt.
(burk/schi/kön)
Fortsetzung von Seite 1
Hindernisse für den Neubau von Wohnungen und ihre Bedeutsamkeit aus Sicht der Wohnungsunternehmen, laut einer aktu-
ellen GdW-Umfrage
Quelle: GdW, eigene Befragung
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