Personalmagazin 8/2017 - page 45

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08/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
der zentralen Unterstützungs- und Ge-
staltungsrolle, die HR im Unternehmen
innehat, denn bei HR laufen vielfältige
Prozesse (wie zum Beispiel Gehaltsab-
rechnung, Rekrutierung, Personal- und
Führungskräfteentwicklung, Mitarbei-
tergespräche) zusammen. Aus unserer
Studie lassen sich die folgenden drei Un-
terstützungsbereiche von HR identifizie-
ren (siehe Abbildung auf dieser Seite):
• Begleitung und Beratung von Mitar-
beitenden und Führungskräften;
• Anpassung und/oder Weiterentwick-
lung von (klassischen) Personal- und
Führungsinstrumenten;
• Aufklärungsauftrag, Vorbild- und
Schutzfunktion.
Diese drei Ansatzpunkte beschreiben
eher gestalterische Aufgaben und Funk-
tionen von HR. Nichtsdestotrotz ist als
Befund aus unseren Fallstudien festzu-
halten, dass HR in der Zuschreibung der
Interviewten nach wie vor auch eher
administrative Aufgaben (wie zum Bei-
spiel Abrechnung) wahrnehmen wird.
Allerdings ergeben sich in den nach
(mehr) Agilität strebenden Unterneh-
men – gerade auch in kleineren Unter-
nehmen – für HR zunehmend diese ge-
stalterischen Möglichkeiten, die wir im
Folgenden näher aufzeigen werden.
HR mit Beratungskompetenzen
Unsere Interviewpersonen sehen HR
im agilen Kontext zunehmend in einer
begleitenden, beratenden, unterstüt-
zenden und entwickelnden Rolle auf
dem Weg zur agilen Organisation (siehe
Abbildung „Rolle von HR im agilen Kon-
text“). So stellt eine Interviewperson aus
HR fest: „Wir sind jetzt schon weg von
dem klassischen Abwickler, Personalab-
wickler, hin zum Berater.“ Dies betrifft
die Begleitung und Beratung sowohl von
einzelnen Beschäftigten und Teams als
auch von Führungskräften. Neben Bera-
tung hinsichtlich Arbeitsplatz- und Ar-
beitsraumgestaltung spielen beispiels-
weise mögliche Veränderungen in den
Personalauswahlprozessen eine Rolle.
Demnach sollte die Entwicklung hin zu
einer stärkeren Einbindung von Team-
mitgliedern bei der Auswahl künftiger
Kolleginnen und Kollegen – oder gar die
Federführung des Teams im Auswahl-
prozess – von HR begleitet und unter-
stützt werden.
Auf dem Weg zu einer agilen Organi-
sation zeigt sich in unserer Studie die
Rolle der Führungskräfte als ein zen-
traler Aspekt: Führungskräfte können
durch ihr Handeln und Verhalten so-
wohl hemmend als auch fördernd auf
Agilität im Unternehmen wirken. Eine
Aufgabe von HR sehen unsere Interview-
personen entsprechend darin, Füh-
rungskräfte, beispielsweise im Rahmen
einer Führungskräfteentwicklung, zu
unterstützen. Im agilen Setting sollten
Führungskräfte demnach darin bestärkt
werden, sich von einem häufig nach wie
vor klassisch-hierarchisch geprägten
Rollenverständnis zu lösen und sich zu-
nehmend eine Rolle der Begleitung und
Befähigung von Menschen zu erarbei-
ten. Ein Interviewpartner fasst zusam-
men: „Diese strenge Hierarchiedenke,
das ist etwas, das aus meiner Sicht ganz
klar hinderlich ist [für Agilität].“
HR-Instrumente neu denken
Unsere Studienergebnisse machen
deutlich, dass diese Bemühungen nach
Einschätzung und Erfahrung unserer
Interviewpersonen durch entsprechen-
de Personal- und Führungsinstrumente
flankiert – und nicht konterkariert –
werden müssen. Daher stellt die kriti-
sche Überprüfung und gegebenenfalls
Neujustierung (oder in Einzelfällen Ab-
schaffung) von Personal- und Führungs-
instrumenten einen gestalterischen
Ansatzpunkt für HR dar. Unter dem
Gesichtspunkt Agilität sollten demnach
beispielsweise bestehende Vergütungs-
modelle, Karrierewege, Mitarbeiter-
gespräche und Zielvereinbarungen in
zahlreichen Fällen nicht unverändert
bestehen bleiben. Von den in der Ab-
bildung „Ausgewählte HR-Instrumente“
dargestellten Instrumenten werden im
Folgenden Beispiele herausgegriffen.
So sind nach dem Dafürhalten unserer
Interviewten klassische Vergütungsmo-
delle mit (individuellen) Zielvereinba-
rungen und Boni nicht mehr zeitgemäß
beziehungsweise umsetzbar: Im Setting
einer agilen Organisation wird innerhalb
von Teams in kurzen Zyklen – und idea-
lerweise bereichsübergreifend – zusam-
mengearbeitet. Zielvereinbarungen mit
beispielsweise einem Zeithorizont von
einem Jahr und einer individuellen er-
folgsabhängigen Vergütung stehen die-
sen Zielsetzungen diametral entgegen.
An dieser Stelle sollte daher nach An-
sicht der Interviewten über eine Abschaf-
fung oder die Änderung in Teamziele,
Abteilungs- oder Unternehmensziele
und entsprechende Boni nachgedacht
werden. Ein Interviewpartner empfiehlt
überdies: „Trennung von individuellen
Zielen und Gehalt. Ich glaube die ist ex-
trem wichtig als Motivationsförderung.“
Auch die klassischen hierarchiebe-
zogenen Karrierewege sollten nach An-
sicht der Interviewten überdacht und
Alternativen wie Fachkarrieren oder
Weiterbildungen als Entwicklungsmög-
lichkeiten angeboten werden. Mitarbei-
tende sollten demnach die Möglichkeit
bekommen, sich persönlich, fachlich
HANDLUNGSFELDER
QUELLE: EIGENE DARSTELLUNG
Aufklärung,
Vorbild &
Schutz
Begleitung
&
Beratung
Anpassung &
Weiterentwicklung
von Instrumenten
Gestaltungsmöglichkeiten für HR auf
dem Weg zur agilen Organisation.
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