personalmagazin 5/2016 - page 20

20
TITEL
_MOBILES ARBEITEN
personalmagazin 05/16
natürlich gemeinsam mit den jeweiligen
Beschäftigten vereinbart werden.
personalmagazin:
Haben Sie einen Praxis-
tipp für Unternehmen, wie diese vorge-
hen sollten, wenn sie Regelungen für die
mobile Arbeit etablieren wollen?
Hellert:
Ich rate dazu, die Einführungspy-
ramide zu nutzen, die ich für die Arbeits-
zeitgestaltung entwickelt habe. Diese
können Sie meinem Buch „Arbeitszeit-
modelle der Zukunft“ entnehmen. Es ist
wichtig, von Anfang an mit den Beschäf-
tigten zusammenzuarbeiten. Es gilt, ge-
meinsam mit der Mitarbeitervertretung
– sofern diese vorhanden ist – Ziele zu
überlegen, eine Ist/Soll-Analyse durch-
zuführen und sich Schritt für Schritt
Alternativen anzusehen.
personalmagazin:
Das hört sich nach einer
komplexen Aufgabe für das Personalma-
nagement an.
Hellert:
Wichtig ist es, eine einfache Re-
gelung zu schaffen. Große Unternehmen
wie BMW haben ausgezeichnete Be-
triebsvereinbarungen zum mobilen Ar-
beiten geschaffen. Bei BMW umfasst die-
se zum Beispiel nur vier Seiten. Es muss
nicht jede Eventualität geklärt werden,
aber die wichtigsten Säulen sollten defi-
niert sein. Dazu gehört zum Beispiel die
Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, die
Dokumentation, die Erreichbarkeit und
die Nichterreichbarkeit sowie die Ziele,
die in der Arbeitszeit zu erledigen sind.
Aus meiner Sicht ist das Drei-Z-Modell
sehr praktisch: Dieses beschreibt die
Zahl der Beschäftigten, die in einem
Bereich benötigt werden, den Zeitraum
„Regelungen sind unerlässlich“
INTERVIEW.
Damit mobiles Arbeiten funktioniert, müssen Unternehmen verbindliche
und einfache Regelungen etablieren, betont die Arbeitspsychologin Ulrike Hellert.
personalmagazin:
Laut Ihrer „Arbeitszeitbe-
fragung 2015“ nutzen immerhin knapp
39 Prozent der Befragten mobile End-
geräte für die Arbeit. Andererseits ist in
Deutschland das Arbeiten außerhalb der
Büros wenig verbreitet. Woran liegt das?
Ulrike Hellert:
Aus meiner Sicht liegt das
daran, dass viele Personen auf freiwilli-
ger Basis zusätzlich arbeiten – und zwar
über mobile Endgeräte. Die Technologie
ermöglicht es ihnen, dass sie E-Mails
empfangen, in sozialen Netzwerken ei-
nen Beitrag leisten und dienstliche Tele-
fonate führen. Dafür ist nicht immer ein
Homeoffice nötig. Das kann unterwegs
sein, auf Reisen oder auf dem Weg nach
Hause.
personalmagazin:
Heißt das: Die Beschäf-
tigten arbeiten außerhalb ihrer Büros,
definieren das aber gar nicht als Arbeit?
Hellert:
Genau. Viele erkennen gar nicht,
dass das eigentlich auch Arbeitszeit
ist. Strenggenommen gilt es auch als
Arbeitszeit, wenn ich zuhause in mein
Notebook schaue und eine E-Mail beant-
worte. Das ist sozusagen ein freiwilliges
Engagement, das die Beschäftigten leis-
ten, um ihre Ziele zu erreichen, um auch
ihre Verbundenheit mit dem Unterneh-
men zu zeigen. Daraus ergibt sich aus
meiner Sicht die Differenz verschiede-
ner Studienergebnisse: Viele Beschäf-
tigte haben kein Homeoffice und ma-
chen das Arbeiten außerhalb des Büros
mal eben so mit.
personalmagazin:
Vielleicht liegen diese
unterschiedlichen Auffassungen von
mobilem Arbeiten auch daran, dass viele
Unternehmen keine klaren Regelungen
hierfür haben. Wie wichtig sind verbindli-
che und unternehmensweite Regelungen
für die mobile Arbeit?
Hellert:
Ich halte das für besonders wich-
tig. Wenn es keine klaren Regelungen
oder Vereinbarungen gibt, entsteht
schnell eine Grauzone. Der Sinn des Ar-
beitszeitgesetzes ist unter anderem Ge-
sundheits- und Arbeitsschutz. Um das
zu überprüfen, ist es auch erforderlich,
zu wissen, wie viel Arbeitszeit die Be-
schäftigten leisten. Ich sehe eine wichti-
ge Führungsaufgabe darin, die geleistete
Arbeitszeit zu hinterfragen und im Auge
zu behalten. Dafür ist es notwendig, klar
zu definieren: Was fällt für uns unter
mobile Arbeit? Das können zum Bei-
spiel die Telefonate sein, die außerhalb
des Stamm-Büros geführt werden, der
Fachartikel, der zu Hause gelesen wird,
sowie die Nutzung der mobilen Endge-
räte außerhalb der festen Arbeitszeiten.
Es ist für beide Seiten sinnvoll, dass das
geregelt ist. Die Rahmenbedingungen
müssen transparent sein und sollten
„Wichtig ist es, eine
einfache Regelung zu
schaffen. Es muss nicht
jede Eventualität geklärt
werden, aber die wich-
tigsten Säulen sollten
definiert sein.“
1...,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19 21,22,23,24,25,26,27,28,29,30,...92
Powered by FlippingBook