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3.2015
editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
auf der diesjährigen Immobilienveranstaltung Quo Vadis hat sich eine
Diskussion darum gedreht, ob nicht die ewige Lust auf Gewinn das
Thema „Baukultur“ zu stark in den Hintergrund drängt. Immobilien
als Kulturgut zu begreifen, war eine viel geäußerte Forderung. Sie gip-
felte in dem Slogan „Baukultur statt Rendite“. Aber stammt dieser Ge-
danke nicht aus dem grauen Vorkapitalismus? Wie naiv ist
das
denn?
Ich finde, ziemlich naiv! Aber du meinst, an irgendetwas müssten wir
uns doch festhalten. Ich sage: „Die Marke!“ Du: „Aber Hollister stürzt
gerade ab. Und Marken verändern sich rasant. Google, die alte Such-
maschine, ist inzwischen Marktführer bei selbstfahrenden Autos ge-
worden.“ Jetzt sage ich: „Onlinehandel-Revolution!“ Doch du (dich auf
das Immobilien-Frühjahrsgutachten beziehend): „Wächst zwar noch,
aber längst nicht so stetig.“ Ich denke nach. Und sage: „Pep Guardiola!
Sein System, Kontrolle durch sublimes Positionsspiel, wird die Zukunft
überdauern!“ Doch du winkst ab: Pep sei längst schon Geschichte.
Barcelonas neuer Trainer Luis Enrique, bei dem der Gegner heraus-
gelockt und ausgekontert werden dürfe, der sei heute die Zukunft.
Das ist schon schwer. Wo finde ich nur meine Sicherheit? Die Spanne,
während der wir uns an etwas festhalten können, wird kürzer. Moden,
Weisheiten und die Wege zur Rendite ändern sich immer schneller.
Du meinst, dass es vielleicht deshalb doch nicht völlig sinnlos sei, auf
etwas ziemlich Unverrückbares zu schauen – die Vergangenheit näm-
lich. Vielleicht sei es sogar sinnvoll sich zu fragen, ob wir das, was wir
gerade bauen oder bewirtschaften, dereinst zu unserer Kultur zählen
wollten ... Du bist nicht dumm. KultuRendite? Ich denke mal drüber
nach.
Ihr
„Woran halten wir uns
fest, wenn das, was wir
eben noch für sicher hiel-
ten, jetzt schon widerlegt
ist? Probieren wir es doch
mal mit Kultur …“
Dirk Labusch
, Chefredakteur
Pep Guardiola? Längst Geschichte!