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2|2018
RECHT
WEG §§ 1 Abs. 1 und 3, 15 Abs. 3; BGB § 1004; AsylVfG 1992 § 53
Unterbringung von Flüchtlingen im Teileigentum
1. Die mit Wohnungs- und Teileigentum gesetzlich vorgesehenen Grundtypen der Nutzungsbefugnis schließen sich – vorbehaltlich anderer
Vereinbarungen – gegenseitig aus; jedenfalls im Hinblick auf eine Einheit, an der angesichts ihrer Ausstattung sowohl Wohnungs- als auch
Teileigentum begründet werden könnte, gibt es keine Nutzungen, die zugleich als Wohnen und nicht als Wohnen anzusehen sind.
2. Eine (nicht zu Wohnzwecken dienende) Nutzung als Heim wird dadurch gekennzeichnet, dass die Unterkunft in einer für eine Vielzahl von
Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist, und in der eine heimtypische Orga-
nisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt.
3. Die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 AsylG ist in der Regel als
heimähnliche Unterbringung anzusehen, die grundsätzlich nur in Teileigentumseinheiten erfolgen kann; dagegen dient die Überlassung von
Wohnungen von üblicher Größe und Beschaffenheit an diesen Personenkreis im Grundsatz Wohnzwecken.
BGH, Urteil vom 27.10.2017, V ZR 193/16
Bedeutung für die Praxis
Wohnungseigentum besteht an Wohnungen; Teileigentum an nicht zu
Wohnzwecken nutzbaren Räumen. Eine abweichende Nutzung ist zweck-
widrig. Sie kann in der Regel durch Geltendmachung eines Unterlassungs-
anspruchs aus den §§ 15 WEG, 1004 BGB vom Einzelnen geltend gemacht
werden. Letztlich kommt es für die Bewertung der Nutzung durch Flücht-
linge bzw. Asylbewerber auf die Organisationsstruktur bei der Unterbrin-
gung an. Wenn z. B. ein Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum
an den Landkreis zur Nutzung für die temporäre Unterbringung von
Asylbewerbern vermietet, so ist eine vorübergehende Belegung von 80 m
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Wohnfläche mit 11 Asylbewerbern von den Mitwohnungseigentümern zu
dulden (vgl. AG Traunstein ZMR 2015, 978), d.h. es fehlt der Heimcha-
rakter, es liegt noch Wohnnutzung vor.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB § 557b Abs. 3 S. 1, 2
Indexmiete
Eine Mietänderungserklärung bei der Indexmiete erfordert gemäß
BGB § 557b Abs. 3 Satz 1, 2 nicht die Angabe der prozentualen Verän-
derung der Indexdaten.
BGH, Urteil vom 22.11.2017, VIII ZR 291/16
Bedeutung für die Praxis
Gemäß § 557b Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB muss eine Änderung der Miete
nach Absatz 1 der Vorschrift durch Erklärung in Textform geltend gemacht
werden. Dabei sind die eingetretene Änderung des Preisindexes sowie
die jeweilige Miete oder die Erhöhung in einem Geldbetrag anzugeben.
Demgegenüber erfordert ein wirksames Mieterhöhungsbegehren bei der
Indexmiete nicht, dass der Vermieter zusätzlich angibt, welche prozentuale
Veränderung sich aus den im Erhöhungsschreiben mitgeteilten Indexdaten
ergibt. Etwas anderes eröffnet sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck
der Regelung. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass sich eine Indexmiete im
gleichen Verhältnis ändert wie der Index. Die gegenteilige Auffassung liefe
darauf hinaus, dass der Vermieter dem Mieter einzelne (einfache) Rechen-
schritte „vorzurechnen“ hätte. Dafür gibt das Gesetz keine Grundlage. Im
Gegenteil hat der Gesetzgeber im Rahmen der Mietrechtsreformgesetze bei
der Indexmiete eine Erweiterung der schon nach der Vorgängerregelung
(§ 10a Abs. 3 MHG) erforderlichen Angaben nur insoweit für erforderlich
gehalten, als über die eingetretene Indexänderung hinaus nunmehr auch
die geänderte Miete oder der Erhöhungsbetrag angegeben werden muss.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG-RECHT
Mietsache in sechs Monaten, beginnend ab dem Zeitpunkt, in dem der
Vermieter die Sache zurückerhält.
Ob eine Formularbestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung (hier: § 548 BGB), von der sie abweicht, ver-
einbar ist oder nicht, beurteilt sich maßgeblich danach, ob die gesetz-
liche Regelung auf die Interessen beider Parteien berücksichtigenden
Gerechtigkeitserwägungen beruht oder reinen Zweckmäßigkeitserwä-
gungen folgt. Den gesetzlichen Vorschriften über die Verjährung kommt
ein solcher über bloße Zweckmäßigkeitserwägungen hinausreichender
Gerechtigkeitsgehalt zu.
Das Institut der Verjährung hat den Zweck, dem Rechtsfrieden und
der Sicherheit des Rechtsverkehrs dadurch zu dienen, dass die An-
spruchsberechtigten genötigt werden, ihre Ansprüche alsbald geltend
zu machen, weil nach Ablauf der Verjährungsfrist die Möglichkeit ihrer
gerichtlichen Durchsetzbarkeit entfällt, wenn der Anspruchsgegner sich
auf die Verjährung beruft. Es liegt in der Konsequenz des Vorstehenden,
dass eine formularvertragliche Erschwerung der Verjährung durch eine
Verlängerung der Verjährungsfrist über sechs Monate hinaus weder
sachgerecht noch mit dem dargestellten gesetzgeberischen Anliegen
nach einer möglichst raschen Klärung der gegenseitigen Ansprüche zu
vereinbaren ist. Auch die spiegelbildliche Verlängerung der Verjährungs-
frist für die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen und
auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung stellt keine ausreichen-
de Kompensation für den Mieter dar mit der Folge, dass die Bestimmung
in ihrer Gesamtheit als eine interessengerechte Gleichbehandlung beider
Vertragsparteien verstanden und damit als ausgewogen angesehen
werden könnte.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg