63
7|2018
WEG §§ 14, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1; BGB § 1004
Rückbau einer Küchenabluftleitung oder nur Nutzungsuntersagung?
Der einzelne Mitwohnungseigentümer kann die Unterlassung einer Nutzung der durch das Mauerwerk des Gebäudes geführten
Küchenabluftleitung in Verbindung mit der in der Küche seiner Wohnung befindlichen Dunstabzugshaube und dem Außenwanddurchlass
verlangen, wenn dieser Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nicht nach der Teilungserklärung erlaubt ist und ihn nicht
unerheblich beeinträchtigt. Störend sind einerseits die bereits während des Zubereitens von Speisen wahrnehmbaren Essensgerüche
sowie andererseits ein Betriebsgeräusch der am Außenmauerwerk endenden Abluftanlage, welche sich mit einem Abstand von etwa 40 cm
direkt unterhalb der Balkonplatte befindet.
LG Itzehoe, Urteil vom 10.4.2018, 11 S 129/15
Bedeutung für die Praxis
Die Nutzungsuntersagung ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn
nicht etwa durch ein am Exhaustor montiertes Zusatzteil sichergestellt
werden kann, dass die abgeleitete Luft nicht mehr in Richtung Sonderei-
gentum des Nachbarn abgeleitet wird (vgl. AG Hamburg-Blankenese
ZMR 2015, 492). Bei illegalen baulichen Maßnahmen ist es oft psycho-
logisch viel interessanter, ein Nutzungsverbot anstelle der Beseitigung
durchzusetzen.
Zu beachten ist beim Verlangen auf Wiederherstellung des ursprünglichen
Zustands, dass nur allen (!) Sondereigentümern das Wahlrecht zusteht,
ob Naturalrestitution oder Schadensersatz in Geld verlangt werden soll.
Der Beseitigungsanspruch beinhaltet nicht die Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustands (vgl. LG München I, ZMR 2017, 1006).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2; BGB § 271
Sonderumlage:
Fälligkeit und richtiger Schuldner
der Beträge
1. Der Erwerber von Wohnungs- oder Teileigentum haftet für eine
nach dem Eigentumswechsel fällig werdende Sonderumlage, auch
wenn deren Erhebung vor dem Eigentumswechsel beschlossen
wurde (Fortführung von Senat, Beschluss vom 21.4.1988, V ZB
10/87, BGHZ 104, 197).
2. Die anteiligen Beiträge der Wohnungseigentümer zu einer Son-
derumlage werden erst mit Abruf durch den Verwalter fällig. Sollen
die Beiträge abweichend von § 28 Abs. 2 WEG sofort fällig werden,
bedarf es einer ausdrücklichen Regelung in dem Beschluss über die
Erhebung der Sonderumlage.
BGH, Urteil vom 15.12.2017, V ZR 257/16
Bedeutung für die Praxis
Der BGH bleibt seiner Fälligkeitstheorie treu. Es kommt immer – wenn
nichts anderes beschlossen wurde – auf den Abruf (vgl. § 28 Abs. 2 WEG)
des Geldes durch den Verwalter an. Sinnvoll ist allerdings die Festlegung
der Zahlungstermine bereits im Beschluss. Dies führt zur leichten Fest-
stellung, ab wann Verzug gegeben ist, und erleichtert dem Erwerber zu
erkennen, ob und in welcher Höhe er für Raten auf die vor seinem Eintritt
bereits beschlossene Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplanes
haftet. Außerdem wird ein Taktieren beim Eigentümerwechsel vermie-
den. Intern sollte zwischen Veräußerer und Erwerber im Kaufvertrag eine
Absprache getroffen werden.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 26, 28 Abs. 3
Verwalterwechsel:
Wer muss die Jahresabrechnung für
das Vorjahr erstellen?
Die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung gemäß
§ 28 Abs. 3 WEG trifft den Verwalter, der zum Zeitpunkt der
Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist.
Scheidet der Verwalter im Laufe des Wirtschaftsjahres aus
seinem Amt aus, schuldet er – vorbehaltlich einer abweichenden
Vereinbarung – die Jahresabrechnung für das abgelaufene
Wirtschaftsjahr unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt seines
Ausscheidens die Abrechnung bereits fällig war.
BGH, Urteil vom 16.2.2018, V ZR 89/17
Bedeutung für die Praxis
Der BGH hat jetzt mit diesem Urteil nahezu alle Zweifelsfragen
geklärt: Wer am 1. Januar Verwalter ist, muss auch die Abrechnung
für das Vorjahr erstellen. Offen bleibt nur, wer tätig werden muss beim
Ausscheiden zum Ablauf des Wirtschafts- und Kalenderjahres.
Die Fälligkeit der Verwalterpflicht ist daher nicht entscheidend.
Auf die Entstehung der Pflicht kommt es nach Auffassung des BGH
entscheidend an.
Eine Annäherung an eine keinesfalls herrschende Meinung im Mietrecht
erfolgte damit auch für vermietetes Wohnungseigentum (vgl. AG Mag-
deburg, ZMR 2005, 992; anders LG Hamburg, Urteil vom 16.9.1999,
327 S 64/99, Hamburger GE 1999, 410; vgl. auch Happ Hamburger GE
1999, 220).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg