Die Wohnungswirtschaft 5/2018 - page 80

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RECHT
solche Ausweitung des Gewerbebegriffs – etwa in der Weise, dass alle
Fälle einer auf Dauer angelegten entgeltlichen Weitervermietung erfasst
werden – besteht auch im Bereich des Wohnungsmietrechts trotz des
darin geregelten sozialen Kündigungsschutzes des Mieters kein Anlass.
Nach seinem Regelungszweck gilt § 565 BGB eingeschränkt für solche
Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Eigentümer
einen Zwischenmieter einschaltet, der die Wohnung zu Wohnzwecken
weitervermieten soll und hiermit eigene wirtschaftliche Interessen
verfolgt. Ein Mieter, der als Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer eine
Wohnung vermietet, verfolgt mit einer derartigen Vermietung jedenfalls
auch (eigene) wirtschaftliche Interessen. Das wirtschaftliche Interesse ist
in dem Bestreben zu sehen, für das Unternehmen Arbeitnehmer an sich zu
binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen
zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine Werkswohnungen anbieten
können. Dies gilt umso mehr, wenn Wohnraum zu tragbaren Bedingungen
für Mieter in einem Ballungsgebiet – wie hier Frankfurt am Main – nicht
ohne Weiteres zu finden ist. Die Anmietung und Weitervermietung der
Wohnungen diente hier damit der Unterstützung der Geschäftsinteressen
der Rechtsvorgängerin der Mieterin und der Förderung ihres Geschäfts-
betriebs und somit ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen. Sie diente
nicht etwa gemeinnützigen, karitativen oder ähnlichen sozialen Zwecken.
Für die direkte Anwendung der Vorschrift des § 565 reicht damit das eige-
ne wirtschaftliche Interesse des Zwischenmieters aus, auch wenn es nicht
auf eine Gewinnerzielung aus der Vermietung an sich gerichtet ist.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG-RECHT
BGB § 812; SGB II § 22 Abs. 7
Rückforderung durch Jobcenter
Eine Rückforderung zu viel gezahlter Mieten kann u.U. direkt
gegenüber dem Vermieter geltend gemacht werden.
BGH, Urteil vom 31.1.2018, VIII ZR 39/17
Bedeutung für die Praxis
Zwar hat vorliegend der Vermieter bei objektiver Betrachtung die Zu-
vielzahlung nicht durch eine Leistung des Jobcenters, sondern vielmehr
durch eine Leistung seines ehemaligen Mieters erhalten, demgegenüber
das Jobcenter in seiner Eigenschaft als Sozialleistungsträger im Rahmen
des bestehenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II
Sozialleistungen zu erbringen hatte. Dennoch bejahte der BGH die
Rückabwicklung der zu Unrecht gezahlten Miete ausnahmsweise nicht im
Rahmen der insoweit bestehenden Leistungsbeziehungen (also zwischen
dem Vermieter und dem Mieter), sondern gewährte dem Jobcenter einen
direkten Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter. Denn der Mieter
hatte seinen Antrag nach § 22 Abs. 7 SGB II bereits vor Ausführung der
streitgegenständlichen Zahlung gegenüber dem Jobcenter (konkludent
durch Vorlage des neuen Mietvertrags) widerrufen. Darüber hinaus wuss-
te der Vermieter aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses bereits
bei Erhalt des Geldes, dass ihm der überwiesene Betrag nicht (mehr)
zustand und es damit an einer Leistung der Mieter fehlte.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG §§ 14, 15; BGB §§ 254, 311b, 1004
Treuwidrig späte Geltendmachung von
Unterlassungs- und Beseitigungsan­
sprüchen durch Mitwohnungseigentümer
1. Einem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von Miteigen-
tümern aus § 1004 BGB kann der Einwand aus § 254 BGB entgegen-
gehalten werden.
2. In diesen Fällen kann die Verurteilung auf Beseitigung durch eine
Feststellung zur Kostenbeteiligung des Beseitigungsgläubigers
eingeschränkt werden.
LG Frankfurt/M., Urteil vom 14.12.2017, 2-13 S 133/15
Bedeutung für die Praxis
Wer als Inhaber eines Individualanspruchs erkennbar rechtswidrige Bau-
maßnahmen seines Mitwohnungseigentümers duldet, keinen einstweili-
gen Rechtsschutz in Anspruch nimmt und erst lange Zeit nach Beendigung
einer kostenintensiven nicht zu übersehenden baulichen Maßnahme den
Rückbau durchsetzt, muss sich ggf. an den Rückbaukosten beteiligen.
Ein „Kellertausch“ muss dinglich formwirksam erfolgen; sonst käme nur
eine langfristige Miete in Betracht, um Investitionen in bauliche Maßnah-
men halbwegs rentabel erscheinen zu lassen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB § 558 b
Konkludente Zustimmung zur
Mieterhöhung
Ein Mieter kann seine Zustimmung für eine Mieterhöhung sowohl
ausdrücklich als auch konkludent – hier: durch dreimalige vorbehalt-
lose Zahlung der erhöhten Miete – erteilen.
BGH, Beschluss vom 30.1.2018, VIII ZB 74/16
Bedeutung für die Praxis
Das Einverständnis des Mieters mit einer Mieterhöhung bedarf zu seiner
Wirksamkeit nicht einer Abgabe in schriftlicher Form. Für Mieterhöhungs-
vereinbarungen (Angebot nach §§ 558, 558 a BGB und Annahme nach
§ 558 b Abs. 1 BGB) gelten die allgemeinen Regeln über Willenserklärun-
gen und Verträge, sodass sie auch konkludent getroffen werden können.
Während das Erhöhungsverlangen gem. § 558 a Abs. 1 BGB in Textform
zu erklären und zu begründen ist, hat der Gesetzgeber hinsichtlich der
Erklärung der Zustimmung ein entsprechendes Formerfordernis nicht
aufgestellt. Der BGH bestätigt vorliegend seine Rechtsprechung, wonach
jedenfalls eine mehrmalige vorbehaltlose Zahlung des erhöhten Mietzinses
als schlüssig erklärte Zustimmung des Mieters zu bewerten ist. Er lässt
ausdrücklich offen, ob schon in der erstmaligen Zahlung der erhöhten
Miete eine solche konkludente Zustimmung gesehen werden kann.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
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