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2|2017
WEG §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 18 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1
Pflichten des Ersteigerers nach einer
Entziehungsklage
Der Ersteher einer Eigentumswohnung verletzt die Pflicht nach § 14
Nr. 1 WEG, wenn er die Nutzung durch den früheren Wohnungsei-
gentümer, dem das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG
entzogen worden ist, nicht beendet, sondern ihm den Besitz an dem
Sondereigentum weiter überlässt; die anderen Wohnungseigentümer
können verlangen, dass er dem früheren Wohnungseigentümer den
Besitz entzieht.
BGH, Urteil vom 18.11.2016, V ZR 221/15
Bedeutung für die Praxis
Die individuellen Unterlassungsansprüche der einzelnen Eigentümer –
gestützt auf § 15 Abs. 3 WEG – gegen den Ersteher/Ersteigerer kann die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Prozessstandschaft im eigenen
Namen durchsetzen. Nach der sog. Vergemeinschaftung durch Beschluss
gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3, 2. Alternative WEG, hat die Gemeinschaft die
gekorene Ausführungsbefugnis, während der Anspruch selbst beim Eigen-
tümer verbleibt, der ihn nur nicht mehr selbst gerichtlich verfolgen kann.
Das Entziehungsurteil (§ 18 WEG) gibt der Gemeinschaft der Wohnungsei-
gentümer noch keinen Anspruch auf Herausgabe des Sondereigentums des
störenden Ex-Eigentümers. Der Erwerber allein könnte aus dem Zuschlags-
beschluss (§ 93 ZVG) vollstrecken. Tut er dies nicht, dann verstößt er
gegen seine Pflichten aus § 14 WEG.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 21 Abs. 8, 23 ff. 43 Nr. 4
Qualifizierte Protokollierungsklausel;
Verweigerung der Unterschrift
Ein Verstoß gegen die konstitutive Regelung der Gemeinschafts-
ordnung, dass zur Gültigkeit von Beschlüssen der Eigentümerge-
meinschaft die Protokollierung und die Unterschrift von
zwei von der Gemeinschaft bestimmten Wohnungseigentümern
erforderlich ist, hat die Anfechtbarkeit der Beschlüsse
zur Folge.
Selbst bei unberechtigter Verweigerung der Unterschrift muss
ein Verfahren gegen den verweigernden Eigentümer auf Leistung
der entsprechenden Unterschrift geführt werden; dies kann mit
dessen Beschlussanfechtungsklage verbunden werden.
LG Dortmund, Urteil vom 16.8.2016, 1 S 35/16
Bedeutung für die Praxis
Die sog. qualifizierte Protokollierungsklausel in der Teilungserklärung,
wonach die Gültigkeit der Beschlüsse der Wohnungseigentümer von
der Protokollierung und der Unterzeichnung durch den Verwalter und
zwei von der Versammlung bestimmten Wohnungseigentümern abhän-
gig ist, ist wirksam.
Eine ergänzende Auslegung scheidet für den Fall der Unterschriftsver-
weigerung aus. Anders liegt der Fall nur dann, wenn in der Versamm-
lung allein der Verwalter anwesend ist, der mit Vollmachten die Mehr-
heit verkörpert. In diesem von der Klausel nicht erfassten Fall genügt
es, wenn der Verwalter allein das Protokoll unterzeichnet (BGH, Urteil
vom 25.9.2015, V ZR 203/14).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB §§ 652, 654, 812; Wohnungsvermittlungsgesetz § 2 Abs. 2
Wer ist Verwalter i. S. v. § 2 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz?
Verwalter i. S. v. § 2 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz ist ausschließlich der – zumindest faktische – Verwalter von Sondereigentum. Für
eine faktische Verwaltungstätigkeit ist zu fordern, dass die Tätigkeit eine echte Repräsentation des Vermieters gegenüber dem Mieter um-
fasst. Der Verwalter muss ordnend und verwaltend tätig sein und dem Eigentümer die Sorge und die Obhut für das Objekt ganz oder teilweise
abnehmen.
AG Münster, Urteil vom 24.10.2016, 6 C 2745/16
Bedeutung für die Praxis
Auf den Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage findet § 2 Abs. 2 S.
1 Nr. 2 WoVermRG keine Anwendung. Auch der WEG-Verwalter, der nur
gelegentlich untergeordnete Nebentätigkeiten und Gefälligkeiten für
einen Wohnungseigentümer ausführt, fällt deswegen nicht schon unter
die Verbotsnorm des § 2 Abs. 2 WoVermRG.
Keine Anwendung findet das Wohnungsvermittlungsgesetzes sowohl für
WEG- wie auch Sondereigentumsverwalter bei Mischmietverhältnissen,
wenn der vorherrschende Zweck und Charakter des Mietvertrages auf
dem Gewerbesektor liegt. Das WoVermRG enthält Spezialregelungen, die
die §§ 652 ff. BGB überlagern (vgl. LG Hamburg ZMR 2014, 498). Durch
das sog. Bestellerprinzip schuldet der Wohnraummieter allerdings selten
die Maklercourtage.
Eine abweichende Eigenbezeichnung, z. B. als „Dienstleister“, berührt die
Eigenschaft als Wohnungsvermittler nicht.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT