CONTROLLER Magazin 2/2016 - page 112

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Internationaler Controller Verein eV
Facharbeitskreis mit Vision: Mehr Mut zum Risiko
Der ehemalige und der neue Leiter
des ICV-Fachkreises Risikomanage-
ment & Controlling im Gespräch.
Prof. Dr. Rainer Kalwait, der Fachkreis
Risikomanagement und Controlling
ist ein gemeinsamer Arbeitskreis von
ICV und RMA – der Risk Management
Association e.V. München. Wie kam es
zu dieser Zusammenarbeit und
was bedeutet diese Partnerschaft in
der Praxis?
Prof. Dr. Rainer Kalwait:
Als langjähriges
Mitglied des ICV kam ich auf Empfehlung
von Fachkollegen in den Vorstand der RMA,
nachdem ich an meiner Hochschule in
Coburg einen Studienschwerpunkt Control-
ling erfolgreich eingeführt und viele Jahre
geleitet hatte. Die RMA kam völlig zu Recht
zur Auffassung, dass es zwischen Control-
ling und Risikomanagement einige Schnitt-
mengen gibt. Diese sollte und wollte ich
gerne weiterentwickeln. Auf meinen Vor-
schlag hin wurde der gemeinsame Fachkreis
mit seiner ersten Sitzung am 8. Juli 2008 in
München ins Leben gerufen.
Was ist seither erreicht worden, was
lief nach Plan oder anders als gedacht?
Prof. Dr. Rainer Kalwait:
Aus eigenen
empirischen Untersuchungen war zu
erkennen, dass eine Zusammenarbeit dieser
beiden Fachgebiete aus verschiedenen
Gründen sehr schwierig sein würde. Die
Spezialisten beider Seiten betrachteten die
jeweils andere Seite als fremd, unheimlich
und abseitig; das hatte sowohl fachliche
(z. B. unterschiedliche Methoden, z. B. das
Arbeiten mit Verteilungen) als auch persönli-
che Gründe (z. B. man wollte bewusst
nicht in einem Atemzuge mit der jeweils
anderen Seite genannt werden und betrach-
tete dies zu Unrecht als Karrierehindernis).
Man ignorierte damit sowohl den fachlichen
Gewinn als auch völlig neue Karrierechancen,
die eine Zusammenarbeit der Fachgebiete
offerierte. Das fachliche Interesse der
Controller an diesem Arbeitskreis war insge-
samt (nicht zuletzt infolge der größeren
Grundgesamtheit der Controller) groß; das
der Risikomanager aber eher zurückhaltend.
Bei den Risikomanagern spielen – anders
als in der Controller-Community – regulatori-
sche Vorschriften (z. B. im Finanzsektor)
eine entscheidende Rolle. Nicht zuletzt aus
diesem Grunde dominieren regulatorisch,
Compliance- und Governanceorientierte
Risikoadministratoren das Fachgebiet, und
die risikoaffinen, entscheidungsorientierten
Risikomanager (mitsamt ihrem highly
sophisticated Instrumentenkasten) sind häu-
fig nur in größeren Unternehmen akzeptiert
bzw. willkommen.
Der Fachkreis hat erkannt, dass die Unter-
nehmensziele (nicht nur finanzielle, sondern
auch andere Ziele wie relativer oder absolu-
ter Marktanteil) originär mehrdimensional
sind und z. B. ein EBIT-Ziel nicht ohne ein
damit unmittelbar verbundenes Risikomaß
gedacht werden kann und damit beides
zusammen formuliert werden muss. Die
Wichtigkeit dieser Zusammenarbeit hat der
Arbeitskreis in den letzten acht Jahren durch
zahlreiche Vorträge, Veranstaltungen und
Veröffentlichungen erfolgreich in die Control-
ler-Community getragen. Aber auch hier
ist noch heute immer wieder zu hören, dass
Controller praktisch kein Riskmanagement-
Know-how benötigen, weil sie schon seit
Jahrzehnten damit umgingen. Das ist –
wenn man genau genug hinschaut – natür-
lich eine ziemliche Selbstüberschätzung.
Damals war allerdings noch nicht vorher-
sehbar, dass die beiden Fachgebiete heute
immer entscheidungsorientierter und
erfolgreicher, unter der attraktiven und
unverfänglichen Bezeichnung Bandbreiten-
bzw. Korridorplanung zusammenfinden.
Warum geben Sie Ihr Amt ab – und
warum an Tobias Flath?
Prof. Dr. Rainer Kalwait:
Seit vielen Jahren
bin ich vom Lebensalter her der absolute
Senior im Fachkreis und ich möchte die
Arbeit seit längerem in jüngere und kompe-
tente Hände übergeben. Mit Tobias Flath von
PwC und Karsten Findeis von Nordex SE als
sein Stellvertreter sind die Voraussetzungen
für eine neue Fachkreisleitung erfüllt.
Tobias Flaths Besetzung als Fachkreisleitung
lässt sich durch seinen beruflichen Werde-
gang erklären. Als Mitgründer kennt er sich
mit der Struktur des Fachkreises aus und als
einer der profiliertesten Fachleute für die
Bandbreitenplanung kann er diese neue Art
der Unternehmenssteuerung sehr gut ver-
mitteln. Durch seinen mehrjährigen
Aufenthalt in Asien und seine Kontakte auf
nationaler und internationaler Ebene kann er
dem Fachkreis und somit dem Thema inter-
national Verhör verschaffen. Karsten Findeis
ist ebenfalls von Anfang an dabei und bringt
die praktische Erfahrung aus einem sehr
dynamischen Unternehmen mit.
Welche Funktion haben Sie selbst
nun im Fachkreis?
Prof. Dr. Rainer Kalwait:
Ich bin jetzt ohne
Funktion und nehme fachlich künftig die
Rolle eines Elder Statesman sehr gerne an.
Was hat Sie persönlich besonders
beeindruckt als FAK-Leiter?
Prof. Dr. Rainer Kalwait:
Am meisten
haben die Gespräche mit den vielen
unterschiedlichen Persönlichkeiten
beeindruckt, mit denen ich zu tun hatte.
Daraus haben sich viele andauernde
Freundschaften ergeben.
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