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KANZLEIEN
_BIS ZU 20 ARBEITSRECHTLER
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2016
Gibt es in Ihrer Kanzlei Branchenschwer-
punkte und ist eine solche branchenspe-
zifische Beratung im Arbeitsrecht sinnvoll?
Volker Teigelkötter:
Weltweit hat McDermott
Will & Emery eine Vielzahl von Industriegrup-
pen (zum Beispiel Food & Beverages, Health
Care, Energy) eingerichtet, um das industrie-
spezifische Know-how der unterschiedlichen
Rechtsbereiche übergreifend zu bündeln und
zum Zwecke der Beratung und Akquisition zu
nutzen. Als Arbeitsrechtler sind wir in all die-
sen Industriegruppen vertreten, weil wir im
Laufe der jahrelangen Tätigkeit gerade in den
Betrieben vor Ort besonders intensiv mit den
unterschiedlichen Industriezweigen in Berüh-
rung gekommen sind. Ich halte es indes nicht
für sinnvoll, innerhalb der arbeitsrechtlichen
Praxisgruppe selbst Branchenschwerpunkte zu
setzen. Ein guter und erfahrener Arbeitsrecht-
ler sollte sich in allen maßgeblichen Industrie-
bereichen auskennen, ein guter unerfahrener
Arbeitsrechtler sich dadurch auszeichnen, dass
er sich sehr schnell in die besonderen Anfor-
derungen bis dahin unbekannter Industrie-
zweige hineindenken und einarbeiten kann.
Welchen Stellenwert nimmt bei Ihnen im
Arbeitsrecht die Prozessvertretung ein?
Teigelkötter:
Arbeitsrechtler müssen her-
vorragende Prozessanwälte sein, um gleich
zu Beginn eines Mandats Prozessrisiken zu
identifizieren und Prozessvermeidungsstrate-
gien zu entwickeln. Es ist kaum ein arbeits-
rechtliches Mandat denkbar, in dem mit den
Mandanten nicht mindestens über Prozessrisi-
ken gesprochen werden muss. Sollte ein Pro-
zess im Individual- oder Kollektivarbeitsrecht
gleichwohl unausweichlich sein, ist darüber
hinaus die Fähigkeit zum „Fechten mit feiner
Klinge“ im Gerichtssaal gefragt.
Die Verhandlungen mit Arbeitnehmerver-
tretung spielen im Arbeitsrecht eine wich-
tige Rolle, beispielsweise im Zusammen-
hang mit Betriebsvereinbarungen oder
Sozialplänen. Was gilt es dabei im Umgang
etwa mit Betriebsrat oder Gewerkschaft zu
beachten?
Teigelkötter:
Soziale Kompetenz. Diese ist
im Arbeitsrecht allgemein, in den Verhand-
lungen mit Betriebsräten und Gewerkschaf-
ten im Besonderen, mindestens so wichtig
wie die gute juristische Qualifikation. Wer
nicht in der Lage ist, die Sprache typischer
Arbeitnehmervertreter zu sprechen und zu
verstehen, die Sorgen und Nöte der von den
Arbeitnehmervertretern repräsentierten Be-
legschaften zu begreifen und die politischen
Zwänge und Strategien von Gewerkschaften
und Betriebsräten nachzuvollziehen, hat das
falsche Rechtsgebiet gewählt. Als amerika-
nische Großkanzlei erhalten wir regelmäßig
Bewerbungen mit dem typischen, auf eine
Karriere in einer Großkanzlei zugeschnittenen
Bewerberprofilen. Interessiert sich ein solcher
Bewerber für das Arbeitsrecht, wird bereits in
den Bewerbungsgesprächen, zudem intensiv
in den ersten Jahren der Tätigkeit hinterfragt,
ob die besonderen Anforderungen, welche
die Tätigkeit im Arbeitsrecht außerhalb der
reinen Rechtsberatung an einen Anwalt stellt,
das Richtige für die junge Kollegin oder den
jungen Kollegen sind.
Interview
mit Volker Teigelkötter, Leiter der Praxisgruppe Arbeitsrecht, Düsseldorf
Volker Teigelkötter