wirtschaft und weiterbildung 4/2017 - page 14

menschen
14
wirtschaft + weiterbildung
04_2017
Foto: M. Frehner
PERSONAL SÜD 2017.
Der bekannte Managementberater
Dr. Reinhard K. Sprenger kommt als Keynote Speaker zur
Messe „Personal Süd 2017“ nach Stuttgart (Mittwoch,
10. Mai 2017, 14.40 Uhr, Praxisforum 1 in Halle 1). Das
Thema seines Vortrags lautet: „Vertrauen führt, weil es
den Unterschied im Wettbewerb macht“. Zum Thema
„Vertrauen“ sprach Stefanie Hornung vorab mit Reinhard K.
Sprenger.
Das Thema „Vertrauen“ an sich ist ja nicht neu. Warum sollte
es aktuell sein?
Dr. Reinhard K. Sprenger:
In der heraufziehenden digitalen
Welt können Probleme durch Einzelne oder auch durch selbst­
organisierte Teams schneller, kostengünstiger und vor allem
kundengenauer gelöst werden. Zentrale Kontrollinstanzen ver­
lieren daher an Wirksamkeit, vor allem an der Unternehmens­
peripherie. Ein deutlich höheres Maß an Vertrauen ist dafür
notwendig. Ein hoher Vertrauenspegel im Unternehmen ist
ein entscheidender Wettbewerbsvorteil auf volatilen Märkten.
Der ehemalige Formel-1-Fahrer Mario Andretti hat mal gesagt:
„Wenn du alles im Griff hast, bist du nicht schnell genug.“
Vertrauen beruht immer auf Gegenseitigkeit. Wer müsste in
den Unternehmen, die sich aktuell noch nicht durch eine
Vertrauenskultur auszeichnen, in Vorleistung gehen – die
Führungsriege oder die Mitarbeiter?
Sprenger:
Vertrauen ist zirkulär. Es ist weder Voraussetzung
noch Ergebnis. Es ist beides. Das gilt übrigens für Misstrauen
auch. Wer aber sollte beginnen? Das ist innerhalb einer Orga­
nisationshierarchie im Regelfall der Chef. Er kann den Vertrau­
ensprozess starten, indem er sich verwundbar macht. Indem
er das Kontrollsystem angemessen und überlegt zurückfährt.
Dann entsteht jener Verpflichtungssog, der stärker bindet als
die beiden anderen Kontrollmedien Macht und Geld. Wenn
man Vertrauen gibt, flutet es zurück. Das ist für Führung exis„Vertrauen schafft
nur, wer sich
verwundbar macht“
tenziell: Wer glaubt, führen zu können, ohne dass ihm die
Leute vertrauen, geht nur spazieren.
Müssen sich Mitarbeiter nicht auch erst Vertrauen verdienen?
Sprenger:
Zunächst: Vertrauen kann man sich heute nicht
mehr verdienen. Dazu ist die Zeit zu knapp. Heute ist es not­
wendig, ins Vertrauen zu springen. Man muss also immer erst
mit Vertrauen starten. Mein erster Chef hat gesagt: Mein Miss­
trauen muss man sich erst verdienen. So ist es richtig.
Was ist aber, wenn Beschäftigte Vertrauen missbrauchen,
wenn sie Unternehmensgeheimnisse ausplaudern?
Sprenger:
Natürlich wird Vertrauen immer mal wieder miss­
braucht. Damit sollte man leben. Man darf beim Vertrauens­
vorschuss nur nicht den Raum der Selbsterhaltungsvernunft
verlassen. Es darf nicht möglich sein, dass ein Mitarbeiter mit
einem Streichholz den ganzen Laden hochgehen lässt.
Wie hängen aus Ihrer Sicht Vertrauen und Selbstvertrauen
zusammen?
Sprenger:
Vertrauen schafft nur, wer sich traut, das heißt, wer
sich verwundbar macht. Aber wirklich ins Risiko geht nur,
wer sich innerlich sicher fühlt. Sie müssen über ein gewisses
Maß an innerer Gelassenheit und Ich-Stärke verfügen, um die
Spannung zwischen Vertrauenserwartung und der Verratsmög­
lichkeit aushalten zu können. Können Sie das nicht und fühlen
Dr. Reinhard K. Sprenger.
Der
Managementguru (1953 in
Essen geboren) gilt als einfluss-
reicher Vordenker. Er war Leiter
Personalentwicklung von 3M
Deutschland und ist seit 1990
selbstständiger Unternehmens-
berater. Sein berühmtestes
Buch ist: „Mythos Motivation“.
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...68
Powered by FlippingBook