wirtschaft und weiterbildung 05/2015 - page 55

05_2015
wirtschaft + weiterbildung
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Strafe davonzukommen. Bei Speakers Ex-
cellence wird Nasher (Tageshonorar 7.000
bis 10.000 Euro) als „Wirtschaftspsycho-
loge, Jurist und internationaler Bestseller-
autor“ und als „der meistgelesene Wirt-
schaftspsychologe Kontinentaleuropas“
bezeichnet. Doch einen Hinweis über den
Abschluss eines Psychologie-Studiums
findet man nicht. Er habe einen Philoso-
phie-Magister mit dem Hauptfach Psy-
chologie an der Universität Trier erwor-
ben, behauptet Nasher. Dass das keinem
ordnungsgemäßen Psychologie-Studium
entspreche und er sich daher nicht als
Wirtschaftspsychologe bezeichnen darf,
weist er brüsk zurück. Das sei „schlam-
pig recherchiert“ und völlig falsch, was
er ohne Weiteres belegen könne. Nur das
wollte er dann partout doch nicht. Pein-
lich für den „Lügenpapst“, dass nicht nur
der entsprechende Fachbereich der Uni-
versität Trier, sondern auch der Berufs-
verband Deutscher Psychologinnen und
Psychologen (BDP) in Berlin bestätigten,
dass es kein Magister-Studium in Psycho-
logie gab und ein Magister-Abschluss
daher auch nicht zur Bezeichnung Wirt-
schaftspsychologe berechtigt. Die Ver-
wendung der Berufsbezeichnung kann
sogar wettbewerbsrechtlich irreführend
sein.
Er wollte wie Uri Geller sein
Dabei hat der 35-Jährige, der angeblich
auch ein Master-Studium in Oxford ab-
solviert und am Sir Karl Popper Institut
für Wissenschaftstheorie in Wien promo-
viert hat, eine steile „wissenschaftliche
Karriere“ vom Mentalisten zum Profes-
sor hingelegt. Er trat 2008 bei der Pro7-
Show „The next Uri Geller“ als Bewerber
für den Nachfolger des Löffel-Verbiegers
dank Gedankenkraft auf. Seine geheim-
nisvolle Aura hänge stark von seiner per-
sischen Herkunft ab, heißt es in einem
Video zu der Sendung. Sein Großvater
habe ihm sein Geheimwissen vermacht.
In der Show ließ er sich dann „formvoll-
endet erhängen“, flog beim Psi-Casting
aber raus.
Schon zwei Jahre später wurde er Profes-
sor für Leadership & Organizational Be-
havior an der Munich Business School in
München – immerhin einer staatlich an-
erkannten Hochschule. Auch hier stand
er als „Wirtschaftspsychologe“ auf der
Homepage. Inzwischen ist der Titel ver-
schwunden. Viel bedenklicher ist jedoch,
dass dort ein Professor Führung lehren
darf, der umstrittene Verhörmethoden
nicht nur propagiert, sondern sie auch
noch Führungskräften empfiehlt.
Bärbel Schwertfeger
Sie wollen bis ins Detail erfahren, welche
illegalen Handlungen Ihr Mitarbeiter vor-
genommen hat? Sie wollen wissen, wie
Ihr Mitarbeiter wirklich über Sie denkt?
„Lügenpapst Jack Nasher präsentiert die
effektivsten Verhörtechniken der psy-
chologischen Forschung und internati-
onaler Geheimdienste, die Sie sofort in
den Alltag umsetzen können“, heißt es
reißerisch auf dem Umschlag des Buchs
„Entlarvt! Wie Sie in jedem Gespräch an
die ganze Wahrheit kommen“, das im Fe-
bruar 2015 im Campus-Verlag (256 Sei-
ten, 19,99 Euro) erschien.
Umstrittene Verhörmethode
„So wird aus Ihnen ein menschlicher Lü-
gendetektor“, verspricht der Autor. Geht
es nach ihm, sollen sich Führungskräfte
und Personalmanager künftig als Hobby-
Ermittler betätigen und ihre Mitarbeiter
damit quasi auf die Stufe von vermeintli-
chen Kriminellen stellen. Selbst umstrit-
tene Verhörtechniken, wie die von einem
US-Polizisten entwickelte Reid-Methode,
präsentiert „Deutschlands bekanntester
Lügenexperte“ (Speakers Excellence)
ausführlich und auffallend unkritisch. Die
Reid-Verhörtechnik verstößt in Deutsch-
land gegen die Strafprozessordnung, weil
sie die Willensfreiheit eines Tatverdächti-
gen durch Täuschung beeinträchtigt und
zudem laut Experten zu einer hohen Rate
von falschen Geständnissen führt.
Dem Festgenommenen wird vorgelogen,
man habe entscheidende Beweise gegen
ihn. Gleichzeitig wird das Verbrechen
kleingeredet („Jeder hätte an Deiner
Stelle das Gleiche getan“), um den Ein-
druck zu erwecken, mit einer geringen
Entlarvter Entlarvungs-Experte
TRAINER-MARKETING II.
Jack Nasher, „Deutschlands bekanntesten Lügenforscher“
(Bild-Zeitung), nimmt es mit den Tatsachen offenbar selbst nicht so genau. Er nennt
sich „Wirtschaftspsychologe“, obwohl er dazu nicht berechtigt ist. Nasher liefert ein
weiteres Beispiel dafür, wie sich Trainer, Berater und Speaker gelegentlich gerne auch
nach dem Motto „Mehr scheinen als sein“ positionieren.
Jack Nasher.
Mit der richti-
gen Gesprächs-
führung Lügen
erkennen
– Nasher weiß
angeblich wie
es geht.
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