WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 1/2016 - page 3

BUNDESPOLITIK
Politik muss 2016 zum „Wohnungsbau-Jahr“ machen – Bau- und Immobilien-
branche bekräftigen Neubau-Zielmarke von 400.000 Wohnungen pro Jahr
Berlin – Die Bau- und Immobilienbranche hat Bund und Länder aufgefordert, 2016 zum „Wohnungsbau-Jahr“ zu machen.
29 Verbände und Organisationen – darunter der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW, der Deutsche Mieter-
bund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) – legten dazu am 29. Dezember 2015 in Berlin
ein Positionspapier vor, das Kernforderungen für eine Wohnungsbau-Offensive enthält.
Die in der Aktion „Impulse für den Woh-
nungsbau“ zusammengeschlossenen Ver-
bände machen darin deutlich, dass „Bund
und Länder dringend zusätzliche Steuer-
anreize für den Neubau von bezahlbaren
Wohnungen schaffen müssen“ – sowie
verlässliche Rahmenbedingungen, um
einen Neustart beim bezahlbaren und
sozialen Wohnungsbau zu erreichen. Der
Forderungskatalog zum Wohnungsneu-
bau wird an Mitglieder der Bundesregie-
rung und des Bundestages sowie an alle
Ministerpräsidenten verschickt.
Kurswechsel bei der Wohnungsbau-
politik notwendig
Gerade in Großstädten und Ballungsräu-
men habe sich das schon bestehende Woh-
nungsdefizit in 2015 noch einmal enorm
vergrößert. Der Zuzug nach Deutschland
stelle den Wohnungsmarkt vor eine zusätz-
liche Herausforderung. Die „Wohnungs-
bau-Zielmarke“, so die Aktion „Impulse für
den Wohnungsbau“, liegt deshalb in den
kommenden Jahren bei 400.000 Wohnun-
gen, die neu gebaut werden müssen – und
zwar pro Jahr. Über den schon bestehen-
den, aber viel zu geringen Wohnungs-
neubau hinaus seien damit jährlich rund
80.000 neue Sozialmietwohnungen not-
wendig. Zusätzlich noch einmal 60.000
bezahlbare Wohnungen in Gebieten mit
angespanntem Wohnungsmarkt. Dies
mache einen Kurswechsel bei der Woh-
nungsbaupolitik notwendig. „Bund und
Länder dürfen dabei keine Zeit verlieren. Sie
müssen gleich zu Beginn des neuen Jahres
die Pflöcke für eine neue Wohnungsbaupo-
litik einschlagen“, sagt der Koordinator der
Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“,
Ronald Rast.
Konkret sei es spätestens mit der erneu-
ten Verschärfung der Energieeinsparver-
ordnung (EnEV) ab dem 1. Januar 2016
notwendig, für den Neubau
von bezahlbarem Wohnraum
die lineare Abschreibung von
zwei auf insgesamt vier Pro-
zent zu erhöhen. Die Verbände
und Organisationen der Aktion
„Impulse für den Wohnungs-
bau“ fordern die Verdopplung
der AfA (Absetzung für Abnut-
zung) übereinstimmend und
begründen die beiden zusätzlich
erforderlichen Prozentpunkte:
So entspreche die anteilige
Erhöhung der linearen AfA von zwei auf
drei Prozent einer sachgerechten Anpas-
sung der Abschreibung an die sich verän-
dernde, deutlich abnehmende technische
Nutzungsdauer der Gebäude. Ein weiteres
Prozent sei als Sonderabschreibung für die
Schaffung bezahlbaren Wohnraums aus-
schließlich in Ballungsgebieten dringend
erforderlich.
Anpassung der Abschreibungsmög-
lichkeiten dringend erforderlich
„Die Abschreibungsmöglichkeiten, die wir
heute haben, entsprechen nicht mehr dem
tatsächlichen Werteverlust. Eine Anpas-
sung ist dringend erforderlich, um insbe-
sondere private Investoren für den Woh-
nungsneubau zu motivieren“, sagte Ronald
Rast. Alternativ wird der vom Bundesfi-
nanzministerium vorgelegte Vorschlag,
zusätzlich zur linearen Abschreibung von
zwei Prozent eine gezielte Sonderabschrei-
bung für Gebiete mit angespannten Woh-
nungsmärkten einzuführen, ausdrücklich
begrüßt. Danach soll es zeitlich und regio-
nal begrenzt für zwei Jahre eine 10-prozen-
tige und ein Jahr lang eine neunprozentige
Sonderabschreibung geben. „Mit diesem
steuerlichen Instrument könnten Bund und
Länder relativ rasch genau dort einen Effekt
erzielen, wo Wohnraum Mangelware ist
und Mieten explodieren. Es bleibt zu wün-
schen, dass sich Bund und Länder jetzt
schnell darauf einigen, damit so Impulse
für bezahlbaren Wohnungsneubau gesetzt
werden“, so Rast.
Um einen Neustart beim sozialen Woh-
nungsbau zu schaffen, sei auch hier eine
Sonderabschreibung dringend notwendig.
Die Wohnungsbau-Experten fordern dazu
die Wiedereinführung des Paragrafen 7k
im Einkommensteuergesetz. Damit könne
es gelingen, den Neubau von Sozialmiet-
wohnungen regional gezielt anzukurbeln.
Gleichzeitig müsse der Bund den Ländern
für den sozialen Wohnungsbau 1,5 Milliar-
den Euro jährlich – und damit 500 Millionen
Euro mehr als bislang zugesagt – bereitstel-
len, fordern die 29 Verbände und Organisa-
tionen. „Der Bund muss dabei auf Nummer
sicher gehen, dass die Länder das Geld auch
tatsächlich ausschließlich für den Bau von
Sozialwohnungen verwenden und nicht,
wie in der Vergangenheit passiert, zweck-
entfremdet einsetzen“, sagt Ronald Rast.
Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent
begrenzen
Scharfe Kritik richtet die Aktion „Impulse
für den Wohnungsbau“ an die Adresse
einiger Bundesländer. „Diese haben die
Grunderwerbsteuer als neue Geldquelle
entdeckt und inzwischen teilweise schon
mehrfach nach oben geschraubt“, so
Ronald Rast. Das breite Bündnis der Ver-
bände und Organisationen von Architek-
ten, Planern, Bau- und Immobilienbranche
fordert daher, ab 2016 die Grunderwerb-
steuer für den Neubau von bezahlbarem
Wohnraum in den kommenden fünf Jah-
ren auf 3,5 Prozent zu begrenzen. „In kei-
nem Fall sollte eine weitere Erhöhung der
Grunderwerbsteuer erfolgen, da das die
Impulswirkung einer Sonderabschreibung
gleich wieder gefährden würde“, so Rast.
Die Preise für neuen Wohnraum seien
auch durch die wiederholte Verschärfung
der EnEV stark gestiegen. Um die Kosten,
die mit der ab dem 1. Januar 2016 erneu-
ten Verschärfung der EnEV verbunden sind,
wenigstens abzumildern, sei es erforderlich,
die KfW-Förderung für das Effizienzhaus 70
mindestens bis 2021 weiter zu garantieren.
Darüber hinaus sprechen sich Bau- und
Immobilienbranche für die Bereitstellung
von kostengünstigem Bauland für den
Neubau von bezahlbarem und von sozi-
alem Wohnraum durch Bund und Länder
aus. Der Bund solle hier beim Verkauf von
Liegenschaften durch die Bundesimmobi-
lienanstalt Vorbild sein. Auch die Länder
sollten Vorschriften für ihre Gemeinden
erlassen, die eine kostengünstige Abgabe
von Bauland ermöglichen, so die Aktion
„Impulse für den Wohnungsbau“.
(bid/schi)
Das Positionspapier finden Sie unter
er
direkt unter diesem Kurz-Link: goo.gl/nopRR1
In Deutschland ist eine Wohnungsbau-Offensive notwendig.
Foto: H.D. Volz / pixelio.de
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