Personalmagazin 7-2018 - page 40

In sehr klassisch hierarchischen Unternehmen sind die Kommu-
nikationswege auch streng geregelt. Solche Strukturen werden
durch soziale Medien irritiert und es ergeben sich tatsächlich
Probleme. Doch Strukturen werden zur Zeit aufgebrochen. Mehr
als 90 Prozent der Unternehmen befinden sich zur Zeit in einer
Veränderung in Richtung Netzwerkorganisation. Zu solchen
Strukturen passen die sozialen Medien und netzwerkartiges
Arbeiten ist stark durch informelle Führung, flexible Meinungs-
bildung und wenig Hierarchie geprägt.
Wenn Unternehmen soziale Medien öffnen und dialogischer
kommunizieren, müssen sie sich allerdings über eines im Kla-
ren sein: Soziale Kommunikation fungiert als Trendverstärker.
Wenn im Unternehmen negative Energie vorherrscht, Mitarbei-
ter Angst haben, gegeneinander arbeiten oder frustriert sind,
wird das über die Medien verstärkt. Herrscht Begeisterung,
Tatendrang und positive Energie vor, wird diese auch verstärkt
und es kommt zu Ansteckungsprozessen in Richtung Change
Readiness, Unternehmergeist oder Aufbruchstimmung. Influ-
encer haben auf dieses Momentum einen erheblichen Einfluss.
Das klingt wie aus dem Lehrbuch für moderne Unterneh-
mensführung. Gibt es das auch in der Wirklichkeit und ha-
ben Sie ein Beispiel?
Ich habe dies sehr oft beobachtet. In einem Fall hat der CEO ei-
ner Firma die Vision über seinen Blog kommuniziert. Es herrsch-
te eine resignative Stimmung im Unternehmen, die er auflockern
wollte. Im Blog kamen dann Kommentare hoch, dass sich die
Mitarbeiter zuerst einmal anständige Bürostühle wünschten,
bevor schon wieder eine Veränderung der Arbeitsstruktur ein-
geführt werde. Das eigentliche Anliegen trat bei der Diskussion
in den Hintergrund. Es kam zu dieser Trendverstärkung und im
Blog hat sich nur die ohnehin schon schlechte Stimmung entla-
den. Ebenso gibt es wunderbare Beispiele, bei denen informelle
Meinungsführer und Soziale Medien zu einem Kernelement bei
einem Change werden. Transformationen können dann schneller
ablaufen, in kürzerer Zeit mehr Menschen erreichen und über
Hierarchien hinweg Dialog ermöglichen. Das ist inspirierend und
geht über das klassische Wirken von informellen Leadern hinaus.
Müssen die Unternehmen denMitarbeitern die Nutzung der
sozialen Medien ermöglichen? Was ist Ihre Empfehlung?
Auf jeden Fall. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern soziale
Medien am Arbeitsplatz verbieten, stellen sich rückschrittlich
auf und sind nicht attraktiv als Arbeitgeber, besonders für jün-
gere Menschen.
Unternehmenslenker wie Richard Branson oder Dieter Zet-
sche bauen sich als Thought Leader und Influencer in den
sozialen Medien auf. Ist das eine gute Idee?
Wenn es authentisch ist, hat es sehr gute Wirkung. Bei der
modernen Kommunikation und insbesondere bei der digitalen
Transformation und der Veränderung der Arbeitswelt haben
Topführungskräfte eine Vorbildfunktion. Wenn sie in den so-
zialen Medien auftreten, zeigen sie Offenheit für digitale Kom-
munikation, Sie machen sich aber auch nahbar und das gibt
Transformationsprozessen in Richtung moderner Arbeitskultur
und Digitalisierung eine Glaubwürdigkeit. Ein authentisches
Handeln an der Spitze ist schon seit jeher entscheidend für au-
thentische Führung und eine Vertrauenskultur in Unternehmen.
„Wenn Manager
in den sozialen
Medien auftreten,
zeigen sie damit ihre
Offenheit für digitale
Kommunikation.
Sie machen sich
nahbar und das gibt
Veränderungen in
Richtung moderner
Arbeitskultur und
Digitalisierung
eine große
Glaubwürdigkeit.“
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