CONTROLLER Magazin 3/2016 - page 87

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Dispositionsparameteroptimierung ist heute eine
in vielen Unternehmen diskutierte und angewen-
dete Methodik. Eine konsequente Pflege der Dis-
positionsparameter nutzt aber nur dann etwas,
wenn die tägliche Disposition sich auch weitge-
hend daran hält. Mit Hilfe des Zielbestandsma-
nagements lässt sich die Anwendung eines
Disporegelwerks laufend wirkungsvoll überwa-
chen und das Ziel hoher Lieferfähigkeit bei mög-
lichst geringen Beständen bleibt im Fokus.
Unter der Optimierung von Dispositionspa-
rametern versteht man die richtige artikel-
spezifische Festlegung von Planungs-,
Steuerungs- und Dispositionsparametern
und -verfahren sowie das laufende Nach-
justieren dieser Parameter- und Verfahrens-
einstellungen. Vereinfachend spricht man
gerne von „Dispoparameteroptimierung“
oder „DPO“.
Dieses Nachjustieren geschieht bei der DPO
nicht, indem Artikel für Artikel von den Anwen-
dern analysiert und Stammdatenanpassungen
entsprechend ihrer Vorstellungen und Erfah-
rungen individuell durchgeführt werden. Der
DPO liegt vielmehr ein Dispositionsregelwerk
zugrunde. Dieses Regelwerk definiert, welche
Stammdateneinstellungen bei welchen Artikel-
eigenschaften vorzunehmen sind.
Ein klassisches und einfaches Beispiel stellt die
Lieferbereitschaft dar. Hierzu könnte in einem
Disporegelwerk beispielsweise festgelegt
werden, dass alle A-Artikel mit regelmäßiger
Nachfrage, sogenannte AX-Artikel, immer mit
einer Lieferbereitschaft von 98% gefahren
werden, während stark unregelmäßig nachge-
fragte CZ-Artikel nur mit 93% disponiert wer-
den sollen. Dadurch, dass man Stammdaten-
einstellungen nicht an eine Materialnummer,
sondern an Materialeigenschaften hängt, las-
sen sich aus einem Disporegelwerk erforder-
liche Stammdatenveränderungen ablesen und
diese können mit Unterstützung geeigneter
Softwaretools effizient im ERP-System nach-
gepflegt werden.
Der große
Vorteil dieser Disporegelwerke:
·
Stammdateneinstellungen hängen an
objektiven Regeln
und nicht an subjektiven
Meinungen der einzelnen Anwender.
·
Mit geeigneten Werkzeugen können die
Stammdateneinstellungen simulativ so opti-
miert werden, dass das ERP-System mög-
lichst wirtschaftliche Dispositionsvorschläge
generiert.
·
Ein leistungsfähiges Disporegelwerk ermög-
licht auch einem unerfahrenen Disponenten
eine Disposition auf hohem Niveau.
·
Der Dispositionsprozess lässt sich deutlich
automatisieren und effizienter durchführen.
Mit einem optimierten Disporegelwerk
lässt sich
aber auf jeden Fall ein Teil der Dis-
positionsarbeit, primär für regelmäßige Artikel
einerseits, für unregelmäßige C-Artikel ande-
rerseits,
automatisieren
.
Um die Potenziale eines guten Dispositionsre-
gelwerks nachhaltig in der Praxis umzusetzen,
ist ein geeignetes Controlling erforderlich, mit
dem erkannt werden kann, in welchem Maß die
tatsächliche Disposition von der Disposition ab-
weicht, die sich aufgrund der Dispositionsein-
stellungen des ERP-Systems laut Disporegel-
werk in der praktischen Anwendung ergäbe.
Als wirkungsvolles Controllinginstrument hat
sich dabei ein sogenanntes Zielbestandsma-
nagement bewährt.
Der Gedanke des Zielbestands-
management weist in die richtige
Richtung
Kern des Zielbestandsmanagements sind ma-
terialnummernspezifisch ermittelte Zieldurch-
schnittsbestände, der Einfachheit halber als
„Zielbestände“ bezeichnet. Der Zielbestand ei-
nes Artikels ergibt sich aus den Dispositions-
einstellungen des ERP- oder Warenwirtschafts-
systems laut Disporegelwerk.
Der Zielbestand lässt sich am einfachsten am
Beispiel einer Meldebestandssteuerung ver-
deutlichen (vgl. Abbildung 1).
Bei den in Abbildung 1 wiedergegebenen Dis-
positionseinstellungen zu Sicherheitsbestand
und Bestelllosgröße ergibt sich der angezeigte
Zieldurchschnittsbestand. Der Bestandsverlauf
folgt natürlich nicht dem Zieldurchschnittsbe-
stand, sondern pendelt bei idealtypischer Be-
trachtung um diesen in Form eines Sägezahn-
verlaufes zwischen einer unteren und einer
oberen Bestandsgrenze.
Betrachtet man beim Zielbestandsmanagement
einen einzelnen Artikel,
so darf dieser zwi-
schen Bestandsuntergrenze und Bestands-
obergrenze pendeln
. Bezieht man Zielbe-
standswerte auf eine große Menge von Materiali-
en, dann geht man dem Gesetz der großen Zahl
folgend davon aus, dass sich die Bestandsverläu-
fe unterhalb des Zieldurchschnittsbestandes bei
einem Teil der Materialien und oberhalb bei dem
Wirkungsvolles Dispositions-
Controlling mittels
Zielbestandsmanagement
von G.-A. Kemmner
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