CONTROLLER Magazin 6/2015 - page 60

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Die Anzahl der Angreifer in der Zukunft wird
dramatisch zunehmen, die digitale Sozialisation
wird das Verbrechen leichter machen. Die deut-
schen Sicherheitsbehörden sprechen jetzt schon
von einer massiven Zunahme der Angriffe in
Qualität und Quantität.
Die Anzahl der poten-
ziellen Angriffsziele auf Menschen und
Netzwerke steigt exponentiell
. Das Analyse-
unternehmen Gartner geht davon aus, dass im
Jahre 2020 ca. 220 Milliarden Geräte mit dem
Internet verbunden sein werden. Entstehen hier
nicht Milliarden von potenziellen Sicherheits-
risiken in Form der Geräte und sogar der Men-
schen, die sich mit ihren Geräten „sorglos“ in
den Netzwerken bewegen?
Die Netzwerke der Zukunft können wir uns wie
ein Spinnennetz vorstellen. Ziehen Sie an einem
Ende des Spinnennetzes (der erfolgreiche
Angriff), dann hat dies Einfluss auf das ganze
Gewebe und das Netz, es kommt in Bewegung.
Unsere Netzwerke der Zukunft mit den vielen
vernetzten und verbundenen Einzelakteuren
bieten insgesamt eine enorme Angriffsfläche.
Die Bundesregierung und die Wirtschaft erhö-
hen das Tempo im Kontext der digitalen Sozia-
lisation. Auf dem letzten Weltwirtschaftsforum
in Davos hat die Bundesregierung der Industrie
entsprechende Vorgaben ins Lastenheft ge-
schrieben. Es soll sicher gestellt werden, dass
Deutschland im globalen Geschehen den An-
schluss nicht verliert.
Angreifer und ihre Methoden
Zu dem professionellen Spektrum der Angreifer
werden fremde Nachrichtendienste, Wirtschafts-
unternehmen, die Industrie- und Wettbewerbs-
spionage betreiben, sowie die organisierte Kri-
minalität gezählt. Wobei in anderen Ländern
oftmals Wirtschaftsunternehmen mit den eige-
nen Nachrichtendiensten zusammenarbeiten.
Im professionellen Spektrum sind die Angriffs-
methoden nahezu gleich.
Ein Großteil der deutschen Wirtschaft denkt in
erster Linie in ihrem Verständnis von Sicherheit
an IT und physikalischen Schutz. Das gesamt-
heitliche Verständnis für Schutz und das breite
Spektrum der Bedrohungen und Angriffe sowie
die Quellen für ungewollten Informationsabfluss
lieren oder abschalten. Organisierte Kriminalität
kann letztendlich auch bedeuten, einen indus-
triellen Wettbewerber mit seinem Produktions-
netzwerk auszuschalten, zu erpressen oder die
beschafften Betriebs- und Geschäftsgeheim-
nisse an wen auch immer zu verkaufen.
Im Kontext von Industrie 4.0 verschwinden die
territorialen Grenzen. Die klassischen hierarchi-
schen Organisationen von Unternehmen werden
sukzessive durch autonome und virtuelle Orga-
nisationen ersetzt. Im Vordergrund dieser Be-
strebungen steht die Erhöhung der Produktivität
durch Vernetzung und die Sichtbarmachung von
Menschen und Wissen. Wenn wir angegriffen
werden, stellt sich die Frage, sind wir die Opfer
und die Unschuldigen oder sind wir selber Teil
des Problems? Der Autor ist der Meinung, dass
die komplexe und heterogene Bedrohungs-
lage
mit ihren noch kaum abzusehenden Risi-
ken
für die Metatrends Social Media, Indus-
trie 4.0, Internet der Dinge, vernetzte Mobi-
lität und Social Business als Bedrohung in
Politik und Wirtschaft noch nicht angekom-
men ist
. Im Kontext der Sicherheit müssen
zukünftig die Netzwerke mit allen Beteiligten
betrachten werden, die Betrachtung einzelner
Beteiligter oder Unternehmen greift zur kurz.
Nur durch Bedrohungs- und Risikoanalyse eines
Netzwerkes mit seinem Umfeld können notwen-
dige Sicherheitsstrukturen abgeleitet werden.
Die vielfältigen und aktuellen Vorfälle z. B. zei-
gen, dass das Verbrechen in diesen Bereichen
bereits in der Fläche angekommen ist.
Experten gehen davon aus, dass in der Zukunft
die Milliarden von mobilen Endgeräten noch un-
sicherer werden. Diese Anzahl von Geräten ver-
teilt sich auf wenige unterschiedliche Betriebs-
systeme der Marktführer. Weltweit arbeiten
jetzt schon viele Millionen professionelle An-
greifer mit unterschiedlichsten Motiven an An-
griffswerkzeugen für Geräte und Menschen.
vice‹ wir zunehmend populärer. Das Verbre-
chen hat eine hohe Innovationsfähigkeit. Qua-
lität und Quantität von Angriffen auf unseren
Nationalstaat und unsere Wirtschaft stellen für
die deutschen Sicherheitsbehörden eine große
Herausforderung dar.
Die digitale Sozialisation und
weitere Metatrends sind die
Brandbeschleuniger für die Bedro-
hung durch Wirtschaftsspionage
und organisierte Kriminalität
Was sind die aktuellen neuen Entwicklungen
und die Themen der Zukunft? Social Media,
mobile Endgeräte, vernetzte Mobilität, Internet
der Dinge, Industrie 4.0 und die Metaebene So-
cial Business. Die Vernetzung von Mensch und
Unternehmen schreitet unaufhörlich und mit ra-
santem Tempo voran. Die „digitale Sorglosig-
keit“ des Menschen stellt eine große Bedro-
hung für Unternehmen und Organisationen dar.
Alle vorher erwähnten Trends überlagern sich,
sie vernetzen sich und stehen in Abhängigkeit
zueinander. Hier entstehen komplexe und hete-
rogene Bedrohungen und Risiken, die wir heute
noch nicht einschätzen können.
In diesem
Komplex spielt der Mensch eine entschei-
dende Rolle
. Jedoch ist schon abzusehen,
dass diese Trends und Entwicklungen dazu
führen, zukünftig Menschen und vertrauliche
Informationen schneller zu enttarnen, Men-
schen, Informationen und Prozesse schneller zu
manipulieren und Netzwerke schneller zu sabo-
tieren. Aus Sicht des Autors wird
die Sabotage
und die Desinformation in Zukunft zu den
Hauptbedrohungen
gehören. Fremde Nach-
richtendienste – damit Nationalstaaten – kön-
nen sicherlich heute schon Netzwerke (z. B.
Industrie 4.0) und Kritische Infrastrukturen in
verschiedenen Ländern per Mausklick manipu-
Autor
Dipl.-Ing. Günter Holzhauser
Selbständiger Berater im Bereich Wirtschaftsschutz, Spionage-
abwehr und Unternehmenssicherheit für Wirtschaft und Organi-
sationen. Ausbildungen in Ingenieurwissenschaften, Unterneh-
menssicherheit und Spionageabwehr.
E-Mail:
Wirtschaftsspionage und organisierte Kriminalität
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