CONTROLLER Magazin 6/2015 - page 50

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In ihrem Beitrag „Der lange Weg zur Reife“,
beschreiben Schulze und Watling
arche-
typische Reifegrade von Management-
Informationssystemen
(MIS) und den Trans-
formationsprozess, welchen Unternehmen
durchlaufen, um den der Unternehmenssitu-
ation angepassten, optimalen Reifegrad zu
erlangen. Von „Anarchie“ über „Nische“, „Ex-
pansion“ und „Standard“ führt der Weg zum
höchsten (wenn auch nicht für alle Unterneh-
men optimalen) Reifegrad „Service“. Geprägt
ist dieser durch eine
umfassende Zentrali-
sierung von Reporting-Aktivitäten in einem
Shared Service Center
(SSC).
Das bedeutet unternehmensweit und funk-
tionsübergreifend zentralisierte Verantwor-
tung für reporting-relevante Inhalte, Systeme
und Prozesse sowie ebenfalls zentrale, anfor-
derungsgetriebene Erstellung von Reporting-
Produkten mit konsequenter Verrechnung die-
ser Dienstleistung an die Kunden des SSC.
Zentralisierung von MIS
erhöht die Qualität
Unsere Erfahrungen zeigen, dass Zentralisie-
rung von MIS und der dazugehörigen Infrastruk-
tur und Prozesslandschaft nicht nur für die Effi-
zienz, sondern auch für die Qualität und Integri-
tät von Management Reporting unerlässlich ist
– jedoch hat sich auch herausgestellt, dass es
durchaus Grenzen der Zentralisierung bzw.
Mehrwert durch Dezentralisierung geben kann.
Konkret bedeutet das, dass jeder potenziell ins
SSC aufzunehmende Service einen positiven
Business Case liefern muss, um eine Aufnahme
zu rechtfertigen, was in Wahrheit nur bei stabi-
len und breit genutzten Services der Fall ist. Ist
kein positiver Business Case möglich, kann es
unternehmerisch nur sinnvoll sein, den Service
weiterhin dezentral zu erbringen oder sogar un-
ternehmensweit einzustellen. Da zusätzliche
Budgets für Headquarter Services und IT in den
meisten Unternehmen nicht zur Verfügung ste-
hen, ist folglich eine vollständige Integration
und zentrale Bereitstellung aller Steuerungs-
informationen durch ein Shared Service Center
nur bedingt sinnvoll und möglich.
Dadurch ergibt sich jedoch eine weitere Her-
ausforderung: Oftmals wollen
SSC mehr sein,
als nur eine Factory für standardisierbare
und skalierbare Aktivitäten – sie wollen
Reporting Center of Excellence sein
und so-
mit Business Partner für das Management.
Das fällt jedoch schwer, wenn Konzentration
auf die stabilen Steuerungsinhalte geboten ist
und Neuentwicklungen, welche oft durch die
Dynamik in den Märkten und Unternehmen
notwendig sind, im Schatten des SSC stattfin-
den. Es besteht also die Gefahr mangelnder
Verzahnung etablierter und neu entwickelter
Steuerungsinhalte mit wiederum negativen
Auswirkungen auf Integrität, Qualität und Effi-
zienz des Reportings und Akzeptanz des SSC.
Abhilfe
kann der
gezielte Einsatz von Self-
Service Reporting (SSR) Tools
schaffen.
Fachabteilungen können dadurch dezentral
und ohne fortlaufenden Aufwand innerhalb
des SSC auf die Daten des zentralen Informa-
tionsmodells zugreifen, sie beliebig darstellen
(slice and dice) und mit eigenen Daten anrei-
chern. Dabei muss klar definiert werden, wel-
che Inhalte im Verantwortungsbereich des
SSC und welche in dem der dezentralen
Fachabteilungen liegen, die Information Gover-
nance des SSC ist bei der Entwicklung neuer
Informationsmodelle beratend hinzuzuziehen
und sollte in jedem Zeitpunkt die Autorität
haben, etablierte Inhalte in das SSC zu integ-
rieren. Gartner beschreibt im Artikel “Create
a Centralized and Decentralized Organizational
Model for Business Intelligence” ein ähnliches
Vorgehen unter dem Namen “Divide and
Conquer”. Diese gesteuerte Verlagerung der
Weiterentwicklung von Informationsmodellen
in die Fachabteilungen bringt unter anderem
folgende Vorteile mit sich:
·
Relevanz durch konsequente Ausrichtung des
SSC an (neuen) fachlichen Anforderungen
·
Effizienz durch Auslagerung nicht skalier-
barer Weiterentwicklungen in die Fach-
abteilungen und Übernahme ins SSC sobald
Skalierbarkeit möglich ist
·
Integrität durch frühzeitige Einbindung der
zentralen Information Governance
Self-Service Reporting
Ist Ihre Organisation bereit dafür?
von Andreas Lamprecht und Andreas Seifert
Self-Service Reporting
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