WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 18/2017 - page 4

AUS DEN VERBÄNDEN
Diskussion „ZUKUNFT findet STADT“ in Berlin – Rosa Häuser, Hochzeits­
planungen und die Menschenwürde auf 40 Quadratmetern
Berlin – Der neue Berliner Senat versprach bei seinem Antritt im September 2016: Bauen und Wohnen in Berlin soll krea-
tiver, demokratischer und günstiger werden. Maßnahmen und Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin waren Thema einer
Diskussion der Reihe „ZUKUNFT findet STADT“, die der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU)
zusammen mit dem rbb Inforadio im „Heizhaus“ der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) am 24. April 2017
veranstaltete. Die Aufzeichnung der Sendung wird am 7. Mai 2017 um 11 Uhr im rbb Inforadio ausgestrahlt.
Unter der Moderation von rbb-Redakteu-
rin Ute Holzhey diskutierten BBU-Vorstand
Maren Kern
, Berlins Senatorin
Katrin
Lompscher
,
Reiner Wild
vom Berliner
Mieterverein, die Präsidentin der Berliner
Architektenkammer
Christine Edmaier
und
Jörn von der Lieth
von der Hilfswerk-
Siedlung.
Flächenverbrauch überdenken
BBU-Vorstand Maren Kern machte deut-
lich, dass sich der durchschnittliche Flä-
chenverbrauch pro Kopf im Laufe der
letzten Jahrzehnte verdoppelt hätte. Kre-
atives Bauen sei gefragt: „Aktuell liegen
wir bei rund 40 Quadratmetern pro Per-
son. Wir sollten nachdenken, ob wir nicht
wieder einen Schritt zurückgehen.“ Stadt-
entwicklungssenatorin Katrin Lompscher
unterstützte sie: „Eine 40-Quadratmeter-
Wohnung für zwei Personen ist jetzt keine
Menschenrechtsverletzung.“ Reiner Wild
vom Berliner Mieterverein sorgt sich ins-
besondere um die Mittelschicht: „Die Lan-
desregierung legt den Fokus stark auf WBS-
Berechtigte, gleichzeitig entstehen sehr
viele Wohnungen für Gutverdienende. Die
Mittelschicht fühlt sich aktuell völlig ver-
gessen.“ Für Maren Kern ist der Erhalt der
sogenannten „Berliner Mischung“ deshalb
ein zentrales Anliegen. „Um das zu errei-
chen, müssen Auflagen reduziert werden,
die die Neubaukosten in die Höhe treiben“,
machte sie klar.
Günstiges und kreatives Bauen sind
keine Gegensätze
Chefarchitektin Christine Edmaier wiede-
rum sah keinen Widerspruch darin, güns-
tig und kreativ zu bauen: „Die Baukosten
bleiben gleich, egal ob schön oder häss-
lich gebaut wird.“ Sie plädierte für mehr
Toleranz, denn Schönheit liege nun mal im
Auge des Betrachters.
Partizipation: ja – aber wie?
Breit diskutiert wurde, wie umfangreich
eine Mitsprache bei Bauvorhaben orga-
nisiert werden muss. Der Senat setzt mit
frühzeitiger Beteiligung, mehreren Pla-
nungsvarianten und dem Aufzeigen des
Mehrwerts der jeweiligen Projekte für die
Nachbarschaften auf eine Ausweitung der
Verfahren. Hilfswerk-Chef von der Lieth
wies darauf hin, dass diese Ausweitung zu
zeitlichem und finanziellem Mehraufwand
führt: Er rechnet mit bis zu drei Jahren Ver-
zögerung, je nach Umfang der Beteiligung.
Bewegte Stadt
Die Diskussion und die Resonanz des Pub-
likums haben gezeigt, wie sehr das Thema
Wohnungspolitik die Stadt bewegt. Der
neue Senat hat einige Maßnahmen ange-
stoßen, die sich in der Praxis noch bewäh-
ren müssen. Aber der Anfang für ein krea-
tiveres, demokratischeres und günstigeres
Bauen und Wohnen in Berlin ist gemacht.
(schw/kön)
PUBLIKATION
Smart Cities – Digitalisierung muss strategische Aufgabe werden
Bonn/Berlin – Eine gemeinsame Untersuchung vom Bundesamt für Bau- Stadt- und Raumordnung (BBSR), Pricewater-
houseCoopers (PwC) und dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) verdeutlicht: Kommunen
müssen die Digitalisierung zur strategischen Aufgabe machen, um bei der Stadtentwicklung handlungsfähig und unab-
hängig zu bleiben. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden entlang der folgenden vier Schwerpunkte aufbereitet.
Die Schwerpunkte im Überblick:
Digitalisierung und die Transforma-
tion des urbanen Akteursgefüges
Kommunen müssen sich der Frage wid-
men, wer künftig mit welchem Einfluss
die Geschicke in unseren Städten lenkt.
Städte müssen zentrale Ansprechpartner
und Einrichtungen für Digitales und Daten
etablieren, Strategien und Kompetenzen
entwickeln, Datenhoheit als Standortfaktor
ansehen und kommunale Unternehmen zu
digitalen Kompetenzträgern machen.
Die neue Stadtökonomie – Struktur-
wandel in Zeiten der Digitalisierung
Kommunen müssen sich für die zukünftigen
Anforderungen der Wirtschaft sensibilisie-
ren. Sie benötigen eine flexiblere Stadtpla-
nung, zentrale Koordinierungs- und Steue-
rungseinheiten, eine kommunale Daten- und
Kommunikationsinfrastruktur, neue Koope-
rations- und Finanzierungsmodelle sowie
Netzwerke für die digitale Bildung.
Die Weisheit der Vielen – Bürgerbetei-
ligung im digitalen Zeitalter
Digitale Technologien und Services schaf-
fen neue Möglichkeiten für Kommunen,
Wissen und Wünsche der Bürgerinnen und
Bürger in ihre Planungen einzubeziehen. Sie
müssen Big Data für sich nutzen, digitale
Beteiligungsmöglichkeiten fallorientiert ein-
setzen, bestehende Bürgerinitiativen einbin-
den, neue Anreizformate schaffen und den
interkommunalen Austausch stärken.
Mind the Gap – Digitale Integration
als Basis für smarte Städte
Kommunen haben die Aufgabe, die Teil-
habe aller Bevölkerungsgruppen in der
Smart City zu sichern. Sie müssen Barrieren
durch neue Technologien abbauen, anwen-
derfreundlich und lokalspezifisch denken,
Datensicherheit gewährleisten, digitale Bil-
dungsangebote aufbauen, E-Government
ausbauen und innovative Unternehmen
fördern.
(schl/kli/koz/kön)
Die Studie ist unter
rufbar.
Foto: BBU
Engagierte Diskussion: BBU-Vorstand Maren
Kern (Mitte) mit Senatorin Katrin Lompscher
und Jörn von der Lieth (Hilfswerk-Siedlung)
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