WOHNUNGSPOLITISCHE_INFORMATIONEN 48/2016 - page 2

BUNDESPOLITIK
werden die Energieeinsparungen bei einem
einfachen „weiter so“ nicht ganz ausrei-
chen, um das 2020-Ziel einer Steigerung
der Energieeffizienz in Gebäuden um 20
Prozent zu erreichen. Immer neue Anfor-
derungen, die an den Gebäudebereich bei-
spielsweise durch den neuen Klimaschutz-
plan der Bundesregierung im Bereich der
CO
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-Einsparung gestellt werden, tun ihr
Übriges dazu, dass die Bezahlbarkeit des
Klimaschutzes beim Wohnen an ihre Gren-
zen stößt.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma weist
die neue bundesweite „Allianz für einen
klimaneutralen Wohngebäudebestand“,
zu der sich elf Unternehmen und Institu-
tionen aus Wohnungswirtschaft, Indust-
rie und Forschung zusammengeschlossen
haben: Ein Schlüssel für bezahlbaren Kli-
maschutz bei Wohngebäuden liegt nach
Überzeugung der Allianzmitglieder in einer
Effizienzsteigerung bei der Wärmeversor-
gung von Gebäuden. Neben den Sanie-
rungsmaßnahmen an der Gebäudehülle
müsse insbesondere die technische Infra-
struktur von Gebäuden durch Maßnahmen
mit einem hohen Kosten-Nutzen-Effekt
verbessert werden. Hier handele es sich
um nicht genutzte Effizienzpotenziale, die
zu relativ geringen Kosten gehoben wer-
den können. „Noch mehr Energieeffizienz
bei Wohngebäuden ohne Überbelastung
von Vermietern und Mietern geht nur,
wenn Bauherren und Immobilieneigentü-
mer auf einen kosteneffizienten, technolo-
gieoffenen Maßnahmenmix zurückgreifen
können. Statt wie bisher nur die teuersten
Maßnahmen müssen diejenigen mit dem
besten Kosten-Nutzen-Effekt von der Poli-
tik stärker adressiert werden“, betonte der
GdW-Präsident.
Bisher einzigartiges Forschungsprojekt
Die Allianz setzt sich für einen kostenop-
timierten, technologieoffenen Maßnah-
menmix für klimaneutrales Wohnen ein.
Den ersten wichtigen Auftakt dazu macht
sie mit der bislang größten wissenschaft-
lichen Untersuchung gängiger Energie-
effizienzmaßnahmen für Wohngebäude
in einem eigens durchgeführten, praxis-
nahen Forschungsprojekt. Dabei werden
deutschlandweit in über 500 Mehrfamili-
enhäusern verschiedene Technologien auf
ihre Einspareffekte hin untersucht. „Die
Forschungsergebnisse sollen zeigen, wel-
che Maßnahmen, gemessen an der not-
wendigen Investition, besonders hohe
Einspareffekte bringen“, so Prof. Dr.-Ing.
Viktor Grinewitschus, der die Professur für
Energiefragen der Immobilienwirtschaft
an der EBZ Business School – University
of Applied Sciences innehat und das For-
schungsprojekt leitet. „Wir erhalten damit
Erkenntnisse in einer Breite und Tiefe, die
bisher einzigartig sein wird.“ Neben der
EBZ Business School ist als weiteres renom-
miertes Forschungsinstitut auch die Tech-
nische Universität Dresden mit der Pro-
fessur für Gebäudeenergietechnik und
Wärmeversorgung unter Leitung von Prof.
Clemens Felsmann
an dem Pilotvorha-
ben beteiligt.
Technischer Maßnahmenmix: Wär-
meerzeugung, -verteilung, -nutzung
Im Rahmen des Forschungsprojektes sind
eine Datenanalyse bereits durchgeführ-
ter Sanierungsmaßnahmen, eine Studie
zu Möglichkeiten der Effizienzsteigerung
von Heizkesseln sowie eine Pilotstudie
geplant, bei der verschiedene techni-
sche Maßnahmen im praktischen Einsatz
untersucht werden. Dazu zählen sowohl
die Optimierung der Wärmeverteilung
im Gebäude, wie etwa der hydraulische
Abgleich, als auch die Unterstützung der
Bewohner bei möglichst sparsamen Heiz-
verhalten. Dazu kommen programmier-
bare Heizkörperthermostate, eine mobile
Steuerung der Heizkörper über vernetzte
Technik, mehr und zeitnahe Informatio-
nen zum Wärmeverbrauch und Lüftung-
sassistenten zum Einsatz. „Ich bin über-
zeugt, dass man mit solchen Maßnahmen
für weniger als zehn Euro pro Quadratme-
ter Wohnfläche viel Energie einsparen und
damit bis zu 15 Prozent CO
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zusätzlich
vermeiden kann“, sagte
Frank Hyldmar
,
Geschäftsführer des Allianzgründungsmit-
glieds Techem. „Außerdem bedeuten sie
in vielen Fällen einen Komfortgewinn für
die Bewohner.“
Technologieoffenheit in den Köpfen
und den Gesetzen
Immobilienbesitzer und Bauherren müs-
sen, so die Überzeugung der Allianzpart-
ner, zukünftig die Wahl aus einem deut-
lich größeren Maßnahmenkatalog haben,
als dies der aktuelle rechtliche Rahmen
zulässt. Es dürfe dabei keine Vorgaben
oder Zwänge zu einzelnen Maßnahmen
geben, sondern müsse dem Immobilien-
verantwortlichen überlassen bleiben, wie
der Energiebedarf eines Gebäudes bis
zum gewünschten Maß verringert wird.
Die Verbesserung der baulichen Hülle,
der Austausch des Wärmeerzeugers und
Maßnahmen zur Verbesserung des Verteil-
systems und des Nutzerverhaltens müs-
sen dabei gleichberechtigt nebeneinander
stehen.
„Das bietet die Möglichkeit, den Maß-
nahmenmix an die jeweilige Situation im
Gebäude anzupassen und so Kosten und
Nutzen der Maßnahmen jeweils abwägen
zu können“, so
Uwe Glock
, Vorsitzender
der Geschäftsführung von Bosch Thermo-
technik, ebenfalls Gründungsmitglied der
Allianz. „Nur mit einem technologieoffe-
nen Maßnahmenmix auf der einen Seite
und stärkerem Einsatz regenerativer Ener-
giequellen auf der anderen Seite lässt
sich ein klimaneutraler Gebäudebestand
bis 2050 erreichen, ohne Wohnungswirt-
schaft und Mieter über Gebühr finanziell
zu belasten.“
Fortsetzung von Seite 1
Über die Allianz
Die „Allianz für
einen klimaneu-
tralen Wohnge-
bäudebestand“
hat das Ziel,
den Wärmeverbrauch in Wohnimmobi-
lien zu wirtschaftlich vertretbaren Kos-
ten zu verringern und damit einen kli-
maneutralen Wohngebäudebestand bis
2050 zu unterstützen. Darum rückt die
Allianz technische Maßnahmen zur Ver-
besserung der Effizienz der Wärmeerzeu-
gung, der Wärmeverteilung und des Ver-
brauchsverhaltens stärker in den Fokus
der öffentlichen Wahrnehmung. Denn
nur ein breiter, technologieoffener Maß-
nahmenmix schafft Energieeffizienz zum
optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die
Allianz führt deutschlandweit ein mehr-
teiliges, praxisorientiertes Forschungspro-
jekt durch, bei dem die Effekte verschie-
dener Effizienzmaßnahmen in über 500
Gebäuden untersucht werden. Damit ist
das Projekt die bislang größte wissen-
schaftliche Studie dieser Art in Deutsch-
land. Die Ergebnisse sollen zusätzliches
Wissen zu Wirksamkeit, Möglichkeiten
und Vorteilen der Maßnahmen liefern
und auch für Öffentlichkeit und Poli-
tik zugänglich sein. Mitglieder der Alli-
anz sind Unternehmen, Verbände und
renommierte Forschungseinrichtungen,
die sich seit Jahren intensiv mit einer
energieeffizienten Wärmeversorgung
von Wohnimmobilien beschäftigen: der
GdW Bundesverband deutscher Woh-
nungs- und Immobilienunternehmen,
die Firmen Vonovia, LEG, DOGEWO21,
Spar- und Bauverein eG Dortmund, Dan-
foss, Techem, Bosch Thermotechnik, ista,
sowie die EBZ Business School – University
of Applied Sciences mit der Professur für
Energiefragen der Immobilienwirtschaft
und die Professur für Gebäudeenergie-
technik und Wärmeversorgung der Tech-
nischen Universität Dresden.
(wog/schi)
Alle Infos rund um die Allianz und
das Forschungsprojekt finden Sie unter
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