WOHNUNGSPOLITISCHE_INFORMATIONEN 20/2016 - page 3

BUNDESPOLITIK
AUS DEN VERBÄNDEN
Foto: Andrew Grauman Photography
Thüringer Immobilienwirtschaft: Gut gemeint ist nicht gut gemacht –
neue Förderrichtlinien zum Wohnungsbau gehen an der Realität vorbei
Erfurt – Die Thüringer Immobilienverbände äußern sich einhellig kritisch zu den am 9. Mai 2016 veröffentlichten neuen
Förderrichtlinien Wohnungsbau. „Die neuen Richtlinien sind im Prinzip die alten. In der Struktur hat sich nichts verändert
– die bereitgestellten Mittel können nicht wirtschaftlich eingesetzt werden“, resümierte Sabine Anhöck, Vorstand des
Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) Mitteldeutschland.
Im Fokus der Kritik stehen Förderbedingun-
gen wie Mietpreisbindung bis zu 15 Jahren
und die Belegungsbindung. Eine Mietpreis-
bindung über einen solchen Zeitraum führt
unweigerlich zu Unwirtschaftlichkeit, da im
selben – langen – Zeitraum die Miete nicht
an unkalkulierbare und steigende Bewirt-
schaftungskosten angepasst werden kann.
Die flächendeckend geforderte Belegungs-
bindung geht angesichts der wachsenden
Leerstände außerhalb der Städte und des
insgesamt immer noch niedrigen Mietni-
veaus in Thüringen völlig an der Wirklich-
keit vorbei.
„Wir brauchen eine regional differenzierte
Strategie. Gießkanne funktioniert nicht
in einem so vielfältigen Wohnungsmarkt
wie Thüringen“, betonte
Joachim Bleeck
,
Landesvorsitzender des Verbandes Haus &
Grund Thüringen. „Die Förderung ist im
Prinzip so angelegt, dass der Run auf die
Städte durch ihre Subventionierung noch
verstärkt wird. Der ländliche Raum, mit
Milliardeninvestitionen mühsam gestützt,
verliert dadurch noch mehr an Attraktivi-
tät“, bestätigte
Jörg Wanke
, Vorstand des
Immobilienverbandes IVD Mitte.
Nach wie vor bestehen die alten büro-
kratischen Hürden. Ausufernder Verwal-
tungsaufwand, Verfahrensdauern bis zu
zehn Jahren und Rechtsunsicherheit hal-
ten Unternehmen von der Anwendung der
Fördermittel ab. Die Immobilienwirtschaft
fordert stattdessen eine Bündelung der
Prozesse bei der Thüringer Aufbaubank
(TAB).
„Wir anerkennen das Bemühen von Minis-
terin Keller, das Thema Wohnen anzuge-
hen. Das ist zum Beispiel mit dem ‚Thü-
ringer Barrierereduzierungsprogramm‘
schon gut gelungen“, unterstrich
Cons-
tanze Victor
, Direktorin des Verbandes
Thüringer Wohnungs- und Immobilien-
wirtschaft (vtw.). „Aber beim Thema dar-
lehensbasierte Wohnungsbauförderung
gibt es keinen Fortschritt. Im Gegenteil –
die Argumente und unserer Wohnungsun-
ternehmen wurden auf Arbeitsebene zum
großen Teil brüsk abgewiesen.“
„Wir werden jetzt einmal abwarten, wie
die Unternehmen und vor allem die Ver-
waltung mit den Richtlinien umgehen.
Wir sind aber sicher, dass auf diese Weise
Thüringens Probleme nicht zu lösen sind“,
ergänzte
Sabine Anhöck
, Vorstandsmit-
glied des BFW Mitteldeutschland, und
betonte, die Verbandsvertreter stünden
jedoch weiterhin zum Dialog bereit.
(rüc/kön)
ten Erleichterungen auf den Weg gebracht hat, sehen selbst diese
drei Wohnungsgenossenschaften keinen anderen Ausweg mehr
als die Notbremse zu ziehen: Sie haben sich dazu entschieden, auf
ihre Zertifizierung endgültig zu verzichten beziehungsweise ihren
Riester-geförderten Bankensparplan zum Ende des Jahres komplett
einzustellen. Damit verschwindet das genossenschaftliche Riester-
Altersvorsorge-Modell komplett von der Bildfläche. „Verantwor-
tungsvolle Politik sieht anders aus“, kritisierte der GdW-Präsident.
Die knapp 50 Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung
hatten bereits mit Einführung der Riester-Förderung zertifizierte
Banksparpläne erarbeitet. Diese blieben angesichts des enormen
administrativen Aufwands allerdings in der Schublade. Ledig-
lich eine einzige Wohnungsgenossenschaft mit Spareinrichtung
konnte ein Riester-Angebot für ihre Mitglieder einrichten. Auch
diese Genossenschaft hat sich entschieden, ihr Riester-Produkt zum
Jahresende einzustellen.
Altersvorsorge-Produkte ohne staatliche Förderung
bewährt
Wie wichtig den Wohnungsgenossenschaften die Alters-Absiche-
rung ihrer Mitglieder ist, zeigt folgender Umstand: Eine Reihe von
Wohnungsgenossenschaften bietet den Erwerb weiterer Genos-
senschaftsanteile zur Altersvorsorge ohne staatliche Förderung an
und hat damit Erfolg. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von lang-
jährig laufenden Sparplänen bei Wohnungsgenossenschaften mit
Spareinrichtung – ebenfalls außerhalb der staatlichen Förderung.
Die große Chance und das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag
das genossenschaftliche Wohnen zu stärken und Altersarmut zu
verhindern, wurde leider vertan. Deshalb sollte das Riester-geför-
Fortsetzung von Seite 2
ZITAT DER WOCHE
„Bezahlba-
res Wohnen
lässt sich nicht
durch künstli-
che Mietpreis-
begrenzungen
sichern, sondern
nur durch mehr
Wohnungsbau
insbesondere im
mittleren und
unteren Preis-
segment. Dafür
brauchen wir
mehr Bauland,
eine Verringe-
rung der Herstel-
lungskosten und
wirksame För-
derinstrumente.“
GdW-Geschäftsführer
Dr. Christian
Lieberknecht
derte Sparen in weiteren Geschäftsanteilen von Wohnungsge-
nossenschaften im Gesetz gestrichen werden. „Wenn man den
Koalitionsvertrag aber ernsthaft umsetzen will, dann muss für die
Wohnungsgenossenschaften, die keine Bankengenossenschaften
sind, eine eigene, passgenaue Förderung von Sparformen geschaf-
fen werden“, forderte Gedaschko.
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