Die Wohnungswirtschaft 5/2019 - page 81

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5|2019
WEG § 25 Abs. 1 und 5
Stimmverbot bei mehreren Objekt-Stimmrechten
Ein Wohnungseigentümer ist nach § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die
Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft. Dies gilt auch, wenn die Stimmkraft
abweichend von § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG nach dem Objektprinzip geregelt ist.
Gehören einem Wohnungseigentümer mehrere Objekte, so erstreckt sich das Stimmverbot auch dann auf sämtliche ihm zustehende
Stimmrechte, wenn sich das Rechtsgeschäft nur auf eine von mehreren Sondereigentumseinheiten bezieht.
LG Berlin, Urteil vom 11.12.2018, 55 S 84/17
Bedeutung für die Praxis
Sowohl der Beschluss über den Erwerb von Sondernutzungsrechten als
auch die entgeltliche Aufhebung zielen auf ein Rechtsgeschäft i.S.d. § 25
Abs. 5 WEG ab mit der Folge, dass der Begünstigte/Betroffene aufgrund
eines Interessenkonflikts insgesamt nicht stimmberechtigt ist. Die zum
Stimmrechtsausschluss führende Interessenkollision kann nicht woh-
nungsbezogen, sondern muss personenbezogen gesehen werden. Dafür
spricht auch, dass das WEG vom (abdingbaren) Kopfstimmrecht ausgeht.
Sinn und Zweck der Regelung des § 25 Abs. 5 WEG ist es, die Wil-
lensbildung in der Wohnungseigentumsgemeinschaft von privaten
Sonderinteressen freizuhalten, um so die Interessen der Gemeinschaft
zu wahren. Die Kausalität einer Missachtung des Stimmverbots wird
vermutet.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB §§ 1936 Abs. 1, 1942 Abs. 2, 1967 Abs. 2, 1990;
ZPO § 780 Abs. 2
Wohngeldschulden als Nachlassverbind-
lichkeit oder Eigenverbindlichkeit des
Zwangserben?
Fällt eine Eigentumswohnung in den Nachlass und ist der Fiskus zum
gesetzlichen Alleinerben berufen, sind die nach dem Erbfall fällig wer-
denden oder durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft
begründeten Wohngeldschulden i. d. R. Nachlassverbindlichkeiten.
Eigenverbindlichkeiten sind sie nur, wenn eindeutige Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass der Fiskus die Wohnung für eigene Zwecke nut-
zen möchte (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 5.7.2013, V ZR 81/12).
BGH, Urteil vom 14.12.2018, V ZR 309/17
Bedeutung für die Praxis
Grundsätzlich gilt weiterhin: Nach dem Erbfall fällig werdende oder durch
Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft begründete Wohngeld-
schulden sind Eigenverbindlichkeiten des (gesetzlichen oder testamenta-
rischen) Erben, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein Handeln bei der
Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden kann (BGH, Urteil vom
5.7.2013, V ZR 81/12, ZMR 2014, 221). In diesem Fall ist eine Haftungs-
beschränkung – wie sie bei reinen Nachlassverbindlichkeiten möglich ist –
ausgeschlossen.
Da der Fiskus als gesetzlicher Zwangserbe die Erbschaft nicht angenommen
hat und sie auch nicht ausschlagen konnte, gilt hier Besonderes: Nur wenn
der Fiskus seine Rolle als Nachlassabwickler verlässt, er also zu erkennen
gibt, die Wohnung für eigene Zwecke nutzen zu wollen, ist es gerechtfer-
tigt, die Wohngeldschulden als Eigenverbindlichkeiten zu qualifizieren.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 16 Abs. 2, 23 Abs. 4, 28, 43 Nr. 4; BGB § 812
Rechtsfolge aus rechtskräftiger
Ungültigerklärung eines Sonder-
umlagebeschlusses
Nach rechtskräftiger Ungültigerklärung eines Sonderumlagebe-
schlusses besteht jedenfalls für einen mittlerweile ausgeschiedenen
Wohnungseigentümer ein Rückforderungsanspruch. Einer Beschluss-
fassung der Eigentümer bedarf es hierfür nicht.
LG Frankfurt a. M., Urteil vom 14.3.2019, 2-13 S 135/18
(Revision zugelassen)
Bedeutung für die Praxis
Die Sonderumlage ist quasi nur der „Nachtragshaushalt“ der WEG als
Verband. Die rechtskräftige gerichtliche Ungültigerklärung eines Wirt-
schaftsplanes würde dazu führen, dass für dieses Wirtschaftsjahr gar kein
Wirtschaftsplan existiert und damit rückwirkend die Verpflichtung zur
Zahlung von Wohngeldern entfällt. Die Wohnungseigentümer wären dann,
ohne dass die Abrechnung ein Guthaben ausweist, sofort berechtigt,
über Bereicherungsrecht gemäß § 812 BGB ihre Zahlungen vom Verband
zurückzufordern.
Das kann nur bedeuten, dass auf jeden Fall je konkret beschlossenem
Wirtschaftsplan eine Fortgeltungsklausel für die nächsten zwei Wirt-
schaftsjahre (vgl. LG Itzehoe ZMR 2014, 144) mitbeschlossen werden
sollte. Ein Beschluss nur über die generelle Fortgeltung eines beschlosse-
nen Wirtschaftsplans bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan
könnte mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig
sein (für Wirksamkeit vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2018, V ZR 2/18).
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
1...,71,72,73,74,75,76,77,78,79,80 82,83,84
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