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7|2016
RECHT
WEG §§ 14 Nr. 1, 16 Abs. 4, 21 ff. BGB §§ 670, 677,
683 Satz 1, 812 ff.
Eigenmächtige Instandsetzung von
Sondereigentum durch die Gemeinschaft
Setzt die Gemeinschaft (bzw. der Verwalter für die Gemeinschaft)
im irrigen Glauben, es handele sich um Gemeinschaftseigentum,
Sondereigentum gegen den Willen des Sondereigentümers instand,
so kann sie hierfür grundsätzlich keinen Bereicherungsausgleich
verlangen. Wegen der Besonderheiten des Wohnungseigentümer-
rechts kommt ein Bereicherungsausgleich hierfür nur in Betracht,
wenn die Maßnahme wohnungseigentumsrechtlich vor allem mit
Blick auf § 14 Nr. 1 WEG zwingend geboten war, um einen über
das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß
hinausgehenden Nachteil der anderen Wohnungseigentümer zu
verhindern.
LG München I, Urteil vom 1.2.2016, 1 S 12786/15
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung behandelt den reziproken Fall zum BGH-Urteil vom
25.9.2015, V ZR 246/14, ZMR 2016, 210; dort ging es um die eigen-
mächtige Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum durch einen
Sondereigentümer.
Im Fall des LG München I wurde dem Sondereigentümer eine Instandset-
zungsmaßnahme quasi gegen sein Veto aufgedrängt. Wenn der Verband
oder sein Verwalter sich nicht auf Maßnahmen in Bezug auf das gemein-
schaftliche Eigentum beschränken, dann droht erst Forderungsausfall des
Verbandes und dann eventuell Haftung des Verwalters. Die WEG-Verwal-
tung hat sich auf (zwingendes – vgl. § 5 Abs. 2 WEG – oder sondereigen-
tumsfähiges, aber nicht zu Sondereigentum erklärtes) gemeinschaftliches
Eigentum zu beschränken.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 10 Abs. 6 und 7, 16 Abs. 2, 21 Abs. 1 und 7
Erwerb eines Grundstücks durch WEG
1. Die Wohnungseigentümer können grundsätzlich den Erwerb eines
Grundstücks durch die Gemeinschaft beschließen. An der erforderli-
chen Beschlusskompetenz fehlt es nur dann, wenn es sich offenkun-
dig nicht um eine Verwaltungsmaßnahme handelt.
2. Der Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümerge-
meinschaft entspricht jedenfalls dann in aller Regel ordnungsmäßiger
Verwaltung, wenn das Grundstück für die Wohnungseigentumsanlage
von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion hatte
und diese mit dem Erwerb aufrechterhalten werden soll.
3. Die Kosten des Erwerbs eines Grundstücks stellen einen besonderen
Verwaltungsaufwand im Sinne des § 21 Abs. 7 WEG dar, dessen Ver-
teilung die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit abweichend
von dem gesetzlichen Kostenverteilungsmaßstab des § 16 Abs. 2
WEG regeln können.
BGH, Urteil vom 18.3.2016, V ZR 75/15
Bedeutung für die Praxis
Als Teil des Verwaltungsvermögens gemäß § 10 Abs. 7 WEG kann jetzt
auch Immobilieneigentum erworben werden. Es genügt ein einfacher
Mehrheitsbeschluss. Die Gemeinschaft kann z. B. Stellplätze oder ganze
Wohnungen, die im Sondereigentum stehen, erwerben. Wird der ent-
sprechende Beschluss bestandskräftig, wird kein Grundbuchamt etwa
die fehlende Ordnungsmäßigkeit rügen dürfen. Nur im wohnungseigen-
tumsrechtlichen Anfechtungsverfahren wird die Ordnungsmäßigkeit der
Beschlussfassung abschließend geprüft. Der Verwalter kann auch per
Beschluss ermächtigt werden, bei einer Zwangsversteigerung mitzu-
bieten. Hierdurch wird es möglich, säumige Eigentümer schnell aus der
Gemeinschaft zu bekommen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
Gesetz in § 546 a Abs. 1 BGB gerade nicht vor, weshalb dieser Maßstab
auch nicht zur Bemessung einer zu zahlenden Nutzungsentschädigung
herangezogen werden kann. Insofern kann die Nutzungsentschädigung
im Streitfall im Ausgangspunkt nicht anhand der Mieten für Büro- und
Praxisräume ermittelt werden, nachdem der Sachverständige selbst
ausgeführt hat, dass die Räumlichkeiten im gegenwärtigen Zustand gar
nicht als Büro- und Praxisräume zu nutzen sind, was wegen der Größe des
Raums und der fehlenden Fenster auch ohne Weiteres nachvollziehbar
ist. Maßstab für die Bemessung der Nutzungsentschädigung nach § 546 a
Abs. 1 BGB ist nicht, welcher Mietzins nach erforderlichen Umbaumaß-
nahmen hätte erzielt werden können, sondern allein, welche Miete für die
Mieträume in dem Zustand, in dem der Vermieter dem Mieter die Räume
überlassen hatte, hätte erzielt werden können.
War das Mietobjekt indes nicht vermietbar, kann die Klägerin keine
höhere Nutzungsentschädigung als denjenigen Betrag verlangen, den
der Beklagte nach dem Mietvertrag als Miete zu zahlen gehabt hätte. Der
Senat verkennt nicht, dass der für das Wohnraummietrecht zuständige
VIII. Zivilsenat des BGH eine Erhöhung der Miete für Wohnraum auf die
ortsübliche Miete gemäß § 558 BGB auch dann für möglich hält, wenn es
keine Vergleichsobjekte mit ähnlicher Ausstattung gibt. Dieser Umstand
des Fehlens von Vergleichsobjekten soll nicht dazu führen, dass keine
ortsübliche Miete ermittelt werden könnte und dem Vermieter eine Miet-
erhöhung dauerhaft verwehrt wäre. Diese Rechtsprechung trägt indes den
wohnraummietrechtlichen Besonderheiten Rechnung.
Der Anspruch auf Mieterhöhung nach § 558 BGB stellt einen Ausgleich
dafür dar, dass dem Vermieter aufgrund der durch die Kündigungsschutz-
regelungen des Wohnraummietrechts bewirkten langfristigen Bindung
an den Mietvertrag eine Änderungskündigung zum Zwecke der Durchset-
zung einer höheren Miete verwehrt ist. Dagegen verfolgt der Gesetzgeber
mit § 546 a Abs. 1 BGB auch den Zweck, den Mieter davon abzuhalten,
die Mietsache dem Vermieter deshalb weiter vorzuenthalten, weil er für
vergleichbare Ersatzräume eine höhere Miete zahlen müsste. Diese Ziel-
setzung ist nicht berührt, wenn vergleichbare Räume nicht
vorhanden sind.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg