DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 10/2015 - page 96

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10|2015
RECHT
BGB §§ 133, 554 Abs. 2 S. 1 a.F., 554 Abs. 3 S. 1 a. F., 559 a. F., 559b a. F.
Modernisierung; Anknüpfen der Mieterhöhungserklärung und
des Mieterhöhungsverlangens an eine scheinbare Bedingung
Aus der Modernisierungsmieterhöhungserklärung muss hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Maßnahmen
fällige Instandsetzungskosten erspart wurden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, den ersparten Instandsetzungsaufwand
zumindest durch Angabe einer Quote von den aufgewendeten Gesamtkosten nachvollziehbar darzulegen.
BGH, Urteil vom 17.12.2014, VIII ZR 87/13
Bedeutung für die Praxis
In der Erhöhungserklärung ist darzulegen, inwiefern die durchgeführten
baulichen Maßnahmen den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig
erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder
eine nachhaltige Einsparung von Energie oder Wasser bewirken. Da
die Mieterhöhung automatisch nach kurzer Zeit wirksam wird, soll die
Erläuterungspflicht unzumutbare Nachteile für den Mieter dadurch
verhindern, dass dieser die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen
kann. Allerdings sind an die formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungs-
verlangens keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Es genügt,
wenn der Mieter den Grund der Mieterhöhung anhand der Erläuterung
als plausibel nachvollziehen kann. Werden mit einer Modernisierungs-
maßnahme fällige Instandsetzungsmaßnahmen erspart, kann der auf die
Instandsetzung entfallende Kostenanteil nicht auf den Mieter umgelegt
werden. Aus der Modernisierungsmieterhöhungserklärung muss deshalb
hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Maßnahmen
fällige Instandsetzungskosten erspart wurden. Da auch insoweit keine
überhöhten formellen Anforderungen an das Begründungserfordernis zu
stellen sind, bedarf es keiner umfassenden Vergleichsrechnung zu den
hypothetischen Kosten einer bloßen Instandsetzung. Vielmehr ist es er-
forderlich, aber auch ausreichend, den ersparten Instandsetzungsaufwand
zumindest durch Angabe einer Quote von den aufgewendeten Gesamt-
kosten nachvollziehbar darzulegen. Die Mieterhöhungserklärung ist auch
nicht deswegen unwirksam, weil die Beklagte die Mieterhöhung davon
abhängig gemacht hat, dass sie die durch die Bauverzögerungen entstan-
denen Mehrkosten nicht von dritter Seite ausgeglichen erhalte. Denn die
Beklagte hat deutlich gemacht, dass sie den aus ihrer Sicht bestehenden
Verzögerungsschaden in erster Linie gegenüber den für den Baustopp
verantwortlichen Mietern geltend machen wolle. Sie hat sich lediglich
vorbehalten, im Falle eines Scheiterns weitere „Mieterhöhungen soweit
möglich“ durch eine „gesonderte, unabhängige Erklärung“ nachzuholen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 123 Abs. 1, 823 Abs. 2 , 826, 830 Abs. 1, 2; StGB § 253
Beteiligung an einer Erpressung durch den Mieteranwalt?
Die Forderung unstreitig nicht geschuldeter Vermögensvorteile kann eine Erpressung des Vermieters durch den Mieter begründen.
Das Verfassen des Anwaltsschreibens, in dem die unberechtigte Forderung erhoben wird, kann als Beteiligung des Rechtsanwalts zu
seiner Mithaftung auf Erstattung der seitens des Mieters erlangten Vermögensvorteile führen.
OLG Frankfurt, Urteil vom 10.6.2015, 2 U 201/14
Bedeutung für die Praxis
Der Beklagte war seinerzeit aufgrund seiner Tätigkeit als anwaltlicher
Vertreter der damaligen Pächterin über sämtliche relevanten Umstände in-
formiert und hat die Gesellschafterin der vormaligen Pächterin bei den Ver-
handlungen mit dem Kläger aktiv umfassend anwaltlich vertreten. Es hätte
ihm seiner Mandantin gegenüber freigestanden, ein Tätigwerden in dem
konkreten Umfang zu unterlassen und sich auf die anwaltliche Vertretung
im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu beschränken. Das tatsächliche Ge-
schehen bis hin zur Übergabe des Geldes durch den Kläger an Frau A. ent-
sprach insgesamt den vorangegangenen Vorstellungen des Beklagten, wie
sie in dem von ihm verfassten Anwaltsschreiben vom 18. September 2012
zum Ausdruck kamen. In dem genannten anwaltlichen Schriftsatz stellte
der Beklagte im Namen von Frau A. eine Verknüpfung des Inaussichtstellens
eines Räumungsrechtsstreits mit der bereits am 23. Juli 2012 erfolgten
Veräußerung des Pachtobjekts her. Damit wurden gerade die für den Kläger
infolge der Veräußerung in besonderem Maße drohenden Nachteile in Ge-
stalt von Schadenersatzansprüchen des Erwerbers herausgestellt, die sich
infolge des Erfordernisses, einen Räumungstitel erwirken und durchsetzen
zu müssen, deutlich erhöhen würden. Der Annahme eines Schadens bereits
durch Abschluss der Vereinbarung steht nicht entgegen, dass die genannte
Vereinbarung unwirksam ist, da der Kläger sie wirksam wegen Drohung mit
einem empfindlichen Übel angefochten hat. Denn auch eine Vermögensge-
fährdung, welche bereits durch den Abschluss der Vereinbarung begründet
wurde, reicht insoweit aus. Der Beklagte haftet gesamtschuldnerisch mit
der insoweit bereits durch Urteil verurteilten Frau A. Zwar wurde diese
auf der Grundlage eines vertraglichen Anspruchs sowie eines Anspruchs
aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung verurteilt. Der zu erstattende
Schaden ist aber jeweils identisch; zudem besteht der Anspruch gegen sie
aus den o. g. Gründen zugleich als deliktischer Anspruch.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
1...,86,87,88,89,90,91,92,93,94,95 97,98,99,100
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