wirtschaft und weiterbildung 4/2017 - page 54

messen und kongresse
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wirtschaft + weiterbildung
04_2017
und Steuerungsprozessen in den Unter-
nehmen, um wieder mehr Kreativproduk-
tivität und Innovationen zu ermöglichen.
Der heutige Begriff „New Work“ ist aber
als Mode-Begriff zu verstehen, der die
grundsätzliche Veränderung der Arbeits-
welt ausdrücken soll. Vieles davon hat
wenig mit den Bergmann‘schen Überle-
gungen zu tun. Wer sich für Bergmann
interessiert, sollte seine Bücher „Die Frei-
heit leben“ und „Neue Arbeit, Neue Kul-
tur“ (Arbor Verlag, Freiburg) lesen.
Was sind für Sie die wichtigsten
New-Work-Instrumente?
Hackl:
Im Rahmen unserer Studien haben
wir mehrere New-Work-Instrumente
untersucht. Zu den wichtigsten zählen
Führung, Anreizsysteme und Hierarchie,
sozusagen die klassischen Interventionen
der Organisationsgestaltung.
Welche Wechselwirkungen bestehen
zwischen den verschiedenen Ansätzen?
Könnten Sie dafür mal ein konkretes
Beispiel nennen?
Hackl:
Die Frage ist, was will ich von
meinen Mitarbeitern? Reicht es, dass
sie bei 80 Prozent Produktivität das ma-
chen, was die Führung ihnen gesagt hat?
Oder will ich, dass sie sich einbringen,
mitdenken und Verantwortung überneh-
men? Wir sehen in vielen empirischen
Studien, dass sich klassische Formen von
Führung, Anreizsystemen und Hierarchie
nicht positiv auf Commitment, Mitden-
ken und Eigenverantwortung auswirken.
Vor dem Hintergrund der Digitalisierung
und immer kürzer werdender Innova-
tions- und Produktzyklen kommt es in
erster Linie auf die Reaktionsfähigkeit
und organisationale Beweglichkeit zur
Entwicklung innovativer Produkte und
Momente an. Eine veränderte Führungs-
rolle, Enthierarchisierung und Bottom-up-
Steuerung der Organisation sind hier ein
wesentlicher Beitrag.
Wie können Arbeitgeber, die sich auf die
New-Work-Reise begeben möchten, am
besten beginnen?
Hackl:
Sie sollten sich zunächst einmal
fragen, was der Markt, Kunden und Ge-
schäftsmodelle von der Organisation
wirklich erwarten und über wie viel so-
ziale, technische und prozessbezogene
Innovationsfähigkeit das Unternehmen
im Moment verfügt. Sollte diese Analyse
im Ergebnis nicht überzeugen, liegt die
Begründung für einen Einstieg in New-
Work-Überlegungen vor.
In Ihrem neuen Buch kommen verschie-
dene Autoren mit konkreten Projekter-
fahrungen und Ideen für New Work zu
Wort. Welcher Ansatz hat Sie da am
meisten überrascht oder beeindruckt?
Hackl:
Der ehemalige Personalvorstand
Thomas Sattelberger hat einmal den be-
rühmten Satz gesagt: Isolierte Progrämm-
chen, Rückenschulen und Obstteller
… das reicht nicht aus. Und tatsächlich
haben wir in zahlreichen Gesprächen mit
Unternehmensvertretern festgestellt, dass
Neue Formen der Zusammenarbeit
werden aktuell gern mit dem Label „New
Work“ versehen. Was darf man darunter
verstehen?
Prof. Dr. Benedikt Hackl:
New Work steht
heute als Begrifflichkeit für eine grund-
legende Veränderung der Arbeitswelt.
Ursprünglich handelt es sich dabei je-
doch um einen sozialphilosophischen
Ansatz nach Frithjof Bergmann, der ein
ganz bestimmtes Arbeitsmodell propa-
giert hat. Diese neue Denkrichtung rückt
die „Sinnhaftigkeit“ unserer Arbeit in
den Vordergrund. Bergmann hinterfragte
nicht nur die Arbeitswelt, sondern auch
den Arbeitsbegriff. Und eben das müssen
wir in der aktuellen Debatte rund um die
Digitalisierung der Arbeitswelt auch tun.
Heute geht es in der Tat um eine neue Ge-
staltung von Zusammenarbeit, Führung
New Work will die Innovations­
fähigkeit verbessern
PERSONAL SÜD 2017.
Prof. Dr. Benedikt Hackl forscht seit mehreren Jahren zur Zukunft
der Arbeitswelt. Er ist Professor für Unternehmensführung und Personal an der DHBW
Baden-Württemberg. Auf der Messe „Personal Süd 2017“ in Stuttgart wird er am
Mittwoch, 10. Mai, ab 9.30 Uhr von seinen Studienergebnissen berichten und aufzeigen,
wie verschiedene New-Work-Instrumente ineinandergreifen.
Tipp.
Benedikt
Hackl, Marc Wag-
ner, Lars Attmer,
Dominik Bau-
mann, Bernhard
Zünkeler: „New
Work: Auf dem
Weg zur neuen
Arbeitswelt“.
Springer-Gabler,
2017, 234 Sei-
ten, 39,99 Euro.
„Bei einem Teil der deutschen Unternehmen werden
leider nur unkritische Veränderungen durchgeführt.“
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