Wirtschaft und Weiterbildung 10/2016 - page 56

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wirtschaft + weiterbildung
10_2016
Ein Start-up zu gründen ist oft ein steini-
ger Weg: Mehr als 80 Prozent scheitern
dabei. Warum ist die Quote so hoch?
Williams:
Wer sich überlegt, Gründer zu
werden, geht verschiedene Dinge durch.
Dann bleibt davon eine Sache hängen, die
man einfach mal angeht. Wenn es nicht
klappt, gründen viele das zweite oder
dritte Unternehmen. Um eine erfolgrei­
che Firma aufzubauen, muss man einige
Dinge ausprobiert haben und lernen, wor­
auf es ankommt. Die Kunst besteht darin,
nicht zu viel Geld zu verbrennen, sodass
man finanziell noch Luft hat, das nächste
Ding anzupacken. Jeder muss sein eige­
nes Geschäft finden. Überlegen Sie mal,
wie viele Prozesse und Ideen in Firmen
anlaufen, die überhaupt nichts bringen.
Die verlaufen oft einfach im Sand, wenn
man merkt, das erreicht nicht die Zahlen
oder die Ziele, die man sich gesetzt hat.
Das ist genau das Gleiche: Nicht alles
klappt im Leben. Aber das Wichtige ist,
dass die 10 Prozent, die gelingen, dann
wirklich großartig sind, sodass man alles
dafür tun möchte. Und man kann lernen,
wie Geschäftsideen gelingen.
Worauf kommt es denn an? Nach
welchen Indikatoren richten Sie sich,
wenn Sie in ein Start-up investieren –
nach Zahlen oder Bauchgefühl?
Williams:
Es ist viel Bauchgefühl, aber
man muss auch die Zahlen kennen.
Wenn Sie zum Beispiel ein Produkt wie
eine neue Stricknadel haben, müssen
Sie genau wissen, wie groß der Markt
ist. Wenn es ein IT-Produkt ist, muss
man zudem erkennen, ob es etwas Ähn­
liches schon gibt. Manchmal sind die
Start-ups zu langsam oder die Branche
ist so schnell, dass Sie mit dem Geld und
Know-how, das Sie zur Verfügung haben,
nicht nach vorne kommen können. Und
manche Gründer sind einfach so begeis­
tert von der Szene, dass sie unbedingt
mitmachen wollen, obwohl sie keine
verkäufliche Idee haben. Es gilt herauszu­
finden, wie viel Know-how und Start-up-
DNA der Gründer hat und welche Mög­
lichkeiten sein Produkt bietet.
Wie motivieren Sie sich, wenn es in
Ihrem eigenen Geschäft einmal nicht so
gut läuft?
Williams:
Dann überlege ich sofort, wel­
che Schrauben man drehen muss. Ich
setze mich gleich ans Telefon, informiere
alle, versammle sie an einen Tisch und
packe die Dinge an. Ich lasse mich davon
gar nicht runterziehen, sondern überlege,
was ich richtig gemacht habe und was
noch zu tun ist, um ein brachliegendes
Feld zu besetzen. Da gebe ich so viel Gas,
dass ich weiß, nächstes Mal steht es rich­
tig.
Inwiefern beobachten Sie diese Stehauf-
Mentalität auch bei anderen Gründern?
Williams:
Es gibt verschiedene Typen von
Gründern. Die einen sind eher Elche, die
sich nach einer Niederlage zurückziehen
und lieber in eine Festanstellung gehen.
Dann gibt es die Unreflektierten, die ein­
fach weitermachen, ohne etwas zu än­
dern. Meistens laufen sie noch einmal
gegen die gleiche Mauer. Und dann gibt
es die reflektierten Stehaufmännchen. In
der neuen Generation sind viele, die sich
von Niederlagen nicht unterkriegen las­
Judith Williams ist die einzige Frau in der
Investorenriege der Start-up-Show „Die
Höhle der Löwen“ beim Fernsehsender
Vox. Williams vertreibt über Teleshop­
ping-Sender ihre eigenen Kosmetikpro­
dukte und erwirtschaftet einen Jahres­
umsatz im dreistelligen Millionenbereich.
Sie hat laut „Zukunft Personal“ das nö­
tige Know-how und den richtigen Riecher
für Millionenideen. Auf der Messe wird
sie das Start-up-Village besuchen und
anschließend zum Thema „Erfolg durch
Motivation: Was wir von Start-up-Unter­
nehmern lernen können“ sprechen (Don­
nerstag, 20. Oktober, um 15.00 Uhr in der
Keynote-Arena/Forum 1).
Inzwischen läuft die dritte Staffel von
„Die Höhle der Löwen“. Wie wohl fühlen
Sie sich denn in der Gründerszene?
Judith Williams:
Die Start-up-Szene mit
ihrer positiven Energie und den vielen
Menschen voller Eifer ist ganz großartig
– genau das brauchen wir in Deutsch­
land. Viele Dinge, die Start-ups bewegen,
erlebe ich selbst, wenn ich ein neues Pro­
dukt auf den Markt bringe. Natürlich ist
die IT-Branche nicht ganz so mein Ding,
aber es gibt auch da Konzepte, in die ich
investiert habe. Ich bin regelmäßig in Ber­
lin und schaue mir dort viele Start-ups an.
Das ist so erfrischend, wenn man sich das
im Vergleich zu vielen alteingesessenen
Firmen anschaut, in denen Mitarbeiter oft
sagen: „Nein, das geht nicht anders, das
machen wir schon seit hunderttausend
Jahren so.“ Zum Glück hat sich da etwas
verändert, dass wir nun auch hierzulande
diesen Spirit von Begeisterung für den
Wandel haben.
„Jeder entscheidet selber,
wie lange er am Boden liegt“
KEYNOTE SPEAKER.
Auch in diesem Jahr beherbergt die Messe „Zukunft Personal“
die Sonderfläche „Start-up Village“. Hier findet man Existenzgründer, die sich mit (IT-)
Innovationen für Personaler profilieren wollen. Auch bei der Auswahl der Keynote Speaker
hat die Messeleitung an das Thema Gründung gedacht und zum Beispiel Judith Williams
eingeladen. Sie ist Jury-Mitglied und Investorin bei der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“.
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