WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 40/2018 - page 2

BUNDESPOLITIK
STATISTIK
Kinderbetreuung von großer Bedeutung.
Zum Stichtag 1. März 2017 wurde mit
33,1 Prozent jedes dritte Kind unter drei
Jahren in einer Kindertageseinrichtung
oder in Kindertagespflege betreut. Im
früheren Bundesgebiet betrug die Betreu-
ungsquote für diese Altersgruppe 28,8
Prozent, in den neuen Ländern und Ber-
lin 51,3 Prozent. Auf Platz eins lag Sach-
sen-Anhalt mit einer Betreuungsquote
von 56,9 Prozent, gefolgt von Mecklen-
burg-Vorpommern mit 56 Prozent und
Brandenburg mit 55,8 Prozent. Die nied-
rigsten Betreuungsquoten hatten Nord-
rhein-Westfalen mit 26,3 Prozent, Bremen
mit 26,4 Prozent und Bayern mit 27,4 Pro-
zent. Kaum regionale Unterschiede gab
es hingegen bei der Betreuungsquote der
Drei- bis Fünfjährigen: Diese lag im frühe-
ren Bundesgebiet bei 93 Prozent, in den
neuen Ländern und Berlin bei 94,8 Pro-
zent. Zur Lebenssituation der Menschen
in Deutschland gehört auch, wie viel Geld
sie für ihr alltägliches Leben aufwenden.
Die durchschnittlichen Konsumausgaben
der privaten Haushalte im Osten lagen
2016 mit 2.078 Euro bei rund 80 Pro-
zent des Westniveaus von 2.587 Euro.
Dies sind Ergebnisse der laufenden Wirt-
schaftsrechnungen. Trotz der Niveauun-
terschiede sind die Konsummuster in den
beiden Landesteilen nahezu identisch: Für
die Grundbedürfnisse wie Wohnen, Essen
und Bekleidung verwendeten die privaten
Haushalte durchschnittlich etwa die Hälfte
ihrer gesamten Konsumausgaben, die bei
53,6 Prozent imWesten und bei 53,3 Pro-
zent im Osten lagen.
(plö/schi)
Fortsetzung von Seite 1
Mehr bezahlbarer Wohnraum – aber wie?
Berlin – Die Wohnungsknappheit in den deutschen Ballungsräumen wächst weiter. Der kürzliche Wohngipfel der Bundes-
regierung hat nach der Arbeit im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen erneut eine Reihe konkreter Maßnahmen
zu Tage gefördert. Sie reichen von einem notwendigen Bekenntnis zur Städte- und Wohnraumförderung und mehr An-
reizen für den Wohnungsbau bis hin zu – wirtschaftlich sehr fragwürdigen und teilweise schädlichen – Regulierungsplä-
nen, insbesondere bei der Modernisierungsumlage. Gleichzeitig läuft die Debatte um die notwendigen Maßnahmen für
mehr bezahlbaren Wohnraum immer heißer. Sie wird mittlerweile, ausgehend vom linken Spektrum, immer stärker mit
einfach und schön klingenden, aber rein populistischen Forderungen gar nach Mietenstopps unterspült. Axel Gedaschko,
Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, legt hierzu seine Sicht der Dinge dar.
Wir brauchen dringend mehr bezahlbare
Wohnungen. Aber welcher Weg führt zu
diesem Ziel?
Um es klar zu sagen: Regeln gegen dieje-
nigen, die den Mangel schamlos ausnut-
zen, haben unsere Unterstützung. Völlig
unverständlich finde ich es daher, wenn
der Wucherparagraf aus dem Wirtschafts-
strafrecht gegen solche Marodeure von der
Regierung immer noch nicht fit gemacht
wurde.
Die nunmehr ausufernden ‚Ideen‘, die
auch die sozial verantwortlichen Vermie-
ter massiv treffen, führen allerdings auf
den Holzweg. Sie sind ein geradezu ver-
zweifelter, untauglicher Versuch, den exis-
tierenden Mangel gerechter zu verwalten.
In der Geschichte hat es noch kein lang-
fristig erfolgreiches Beispiel einer solchen
Politik gegeben. Exzessive Regelungen
im Mietrecht haben in anderen europä-
ischen Ländern den privaten Mietwoh-
nungsmarkt kaputt gemacht. Ohne diese
wichtige stabilisierende Säule waren sie
dem Mechanismus der Immobilienkrise
vor 10 Jahren schutzlos ausgeliefert. Mit
Folgen, die die Menschen bis heute aus-
baden müssen.
Die neueste ‚brillante‘ Idee, die Mieter-
höhung an die Inflationsrate zu koppeln,
würde ausgerechnet diejenigen Vermie-
ter treffen, die seit vielen Jahren die Mie-
ten gar nicht oder nur sehr wenig erhöht
haben und so für bezahlbaren Wohnraum
gesorgt haben.
Und dass die Bau- und Modernisierungs-
kosten in den letzten 18 Jahren vor allem
dank unzähliger neuer Gesetze doppelt so
stark steigen wie die Inflationsrate, tangiert
die Ideengeber offenkundig gar nicht. Was
schert mich mein Handeln von gestern…
Neben der Tatsache, dass hier also genau
die Falschen bestraft würden, gehört
auch der Mietendeckel in die Abteilung
Optimierung der Mangelverwaltung. Die
Menschenschlangen vor den Häusern bei
Wohnungsbesichtigungen werden dadurch
nicht kürzer. Bund, Länder und Kommu-
nen müssen aufhören, sich den Schwarzen
Peter für die Situation gegenseitig zuzu-
schieben: Sie alle zusammen sind für diese
schwierige Situation verantwortlich und
können Sie auch nur gemeinsam lösen.
Der Wohngipfel im Kanzleramt war hier ein
guter Anfang. Aber jetzt wollen wir den
vereinbarten Schulterschluss auch in Taten
umgesetzt sehen. Denn das einzig wirksame
Rezept für mehr bezahlbaren Wohnraum
lautet banal: mehr Wohnungen bauen! –
qualitätsvoll, bezahlbar und am richtigen
Ort. Die nun sicher rein zufällig im Vor-
feld von Landtagswahlen im Wochentakt
kraftvoll präsentierten Ideen für noch här-
tere Regulierungen sind allerdings bestens
geeignet, das Vertrauen in diese dringend
notwendigen milliardenschweren Neubau-
investitionen zu erschüttern. Ich vermisse
schmerzlich, dass mit dieser politischen
Inbrunst auch die zahlreichen Hürden für
bezahlbaren Wohnungsbau angegangen
werden. Für Themen wie mehr Bauland,
Straffung von Verfahren, Eindämmung der
Normenflut kämpft regelmäßig eine leider
nur kleine Schar von politisch Engagierten.
Geradezu komplett unverantwortlich ist
es, dass große Teile des politischen Spekt-
rums uns immer noch Glauben macht, man
könne das Wohnungsproblem in abseh-
barer Zeit in den Städten lösen. Warum
schenkt ihr den Menschen nicht endlich
reinen Wein ein? Ein Mietendeckel oder
sonstige populistische Maßnahmen werden
nicht helfen. Und auch der Neubau allein
in Städten ist unzureichend. Wir brauchen
schleunigst ein neues Miteinander der
Städte und ihres Umlandes: gute und ver-
lässliche Verkehrsverbindungen, schnelles
Internet und auch hier die notwendigen
neuen Wohnungen bauen. Kurz: lebens-
und liebenswerte Regionen außerhalb der
überbordenden Hotspots. Hierfür Politik zu
machen, die entsprechende Investitionsent-
scheidungen der öffentlichen Hand zu tref-
fen, wäre bitter nötig.
Wir haben mit dem fehlenden Wohnraum
ein ziemlich großes Problem in Deutschland.
Daher muss für die Antwort auch viel grö-
ßer gedacht werden als im Format einzelner
Bremsklötze einer Mietpreisbremse.
Axel Gedaschko
Präsident des GdW
KOMMENTAR
Foto: GdW, Urban Ruths
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