personalmagazin 06/2016 - page 86

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PERSÖNLICH
_KONFLIKTMANAGEMENT
personalmagazin 06/16
I
m Team gibt es seit Monaten nur
noch ein Gesprächsthema: Das un-
mögliche Verhalten des Chefs. Er ist
kaum ansprechbar und wenn man
dringend eine Entscheidung von ihm
braucht, verzögert er die Abläufe. Zusa-
gen, die er gemacht hat, vergisst er, An-
fragen bleiben unbeantwortet. Das nervt
und behindert die Arbeit. Die Mitarbeiter
haben den Eindruck, dass er sich nicht
für ihre Anliegen interessiert und keine
Ahnung hat, was im Team vor sich geht.
Täglich werden neue „Typisch-Chef-
Geschichten“ ausgetauscht. Inbrünstig
wird hinter seinem Rücken darüber
geschimpft. Die Mitarbeiter haben ihm
bereits signalisiert, dass die Zusammen-
arbeit nicht passt. Doch geändert hat
sich nichts. Was tun? Jedem ist klar: Es
ist nicht ungefährlich, den Chef zu kriti-
sieren. Letztendlich sitzt er am längeren
Hebel. Die Mitarbeiter beschließen, im
Schutz der Gruppe eine Beschwerde bei
der Personalabteilung vorzutragen.
Bis eine Gruppe von Mitarbeitern in
der Personalabteilung an der Tür klopft
und sich über ihren Chef beschwert, ist
bereits viel passiert. Der Konflikt be-
findet sich in einem fortgeschrittenen
Stadium. Ist die Personalabteilung über-
haupt die richtige Adresse für ein sol-
ches Anliegen? Personalmanager sind
Dienstleister und Berater der Führungs-
kräfte, nicht disziplinarische Vorge-
setzte. Sie haben nicht die Macht, einer
Führungskraft vorzuschreiben, wie sie
sich zu verhalten hat. Deshalb passieren
im Alltag häufig diese fünf Fehler:
Von
Ursula Wawrzinek
„HR, bitte helfen Sie uns!“
PRAXIS.
Personalmanager sind für Mitarbeiter Vertrauenspersonen und Anlaufstelle
für heikle Themen. Wie verhalten sie sich, wenn Mitarbeiter ihr Herz ausschütten?
• Aufzeigen, dass HR der falsche An-
sprechpartner ist und die Gruppe weg-
schicken – damit ist niemandem geholfen.
• Die Gruppe auffordern, das Anliegen
direkt mit dem Chef zu klären – wäre das
möglich, so hätte sie es bereits getan.
• Der Gruppe empfehlen, sich mit dem
Fehlverhalten des Chefs zu arrangieren –
der Konflikt wird weiter eskalieren.
• Den Mitarbeitern schlechte Absichten
unterstellen – das Gegenteil ist der Fall,
denn die Gruppe engagiert sich aktiv da-
für, den Konflikt zu beseitigen.
Stattdessen sollte HR in die Verant-
wortung gehen und sich der Sache an-
nehmen. Die Mitarbeiter sind auf der
Suche nach einer kompetenten Person,
die sie versteht und ihnen helfen kann.
Wie nehme ich das Anliegen auf?
Mithilfe der unten genannten Fragen
zur Konfliktvorklärung können Sie das
Problem umfassend erheben. Dabei gilt
es, Bewertungen und Vorverurteilungen
zu vermeiden. Anstatt Partei zu ergrei-
fen und die Beschreibungen zu kom-
In einem Selbstlernkurs von Ursula Wawrzinek
nnen Führungskräfte, die in der Kritik
der Mitarbeiter stehen, lernen, die Situation zu reflektie-
ren. Sie bekommen Know-how vermittelt, wie sie die Krise
als Chance für Veränderungen nutzen, damit sie am Ende
gestärkt und zufrieden aus der Situation hervorgehen. Perso-
nalmanager können mit diesem Kurs der Führungskraft ein
hilfreiches Instrument zur Bewältigung der Krise anbieten.
SOFORTHILFE FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE
Was genau ist das Problem?
Wie ist es entstanden?
Wer ist beteiligt?
Was wurde im Vorfeld unternommen, um den Konflikt
zu lösen?
Warum kommen die Mitarbeiter gerade jetzt auf Sie zu?
Was möchten sie erreichen?
Welche Unterstützung wünschen sie sich?
Wer ist über dieses Gespräch oder Problem informiert?
FRAGEN ZUR KONFLIKTVORKLÄRUNG
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