MANAGEMENT
39
VIDEO-RECRUITING
„ImTal derWahrheit bleiben“
INTERVIEW. Recruiting-Videos sind im Trend. Aber nicht alle kommen gut an.
Multimedia-Experte Peter Schels erklärt, was viele Unternehmen falsch machen.
personalmagazin:
Herr Schels, was sind
häufige Fehler bei Recruiting-Videos?
Peter Schels:
Ich glaube, dass alles falsch
ist, was nicht echt ist. Alles, was etwas
vorgaukelt, was der eigenen Unter-
nehmenssituation überhaupt nicht
entspricht. Das ist allein schon eine
ethische Frage, da man sich präsentie-
ren sollte, ohne das „Tal der Wahrheit“
zu verlassen. Außerdem kommen die
Bewerber aus einer Generation mit
großem visuellem Empfinden. Wenn sie
einen Film sehen, der zu glattgebügelt
und nicht stimmig ist, merken sie das.
Es mag schon sein, dass ein Unter-
nehmen – wenn es unkonventionelle
Wege wagt – den einen oder anderen
Bewerber erreicht, den es sonst nicht
erreichen würde.
personalmagazin:
Der Recruiting-Rap von
BMW war auch unkonventionell, wurde
aber ziemlich verspottet.
Schels:
Das ist das Beispiel eines erfolg-
reichen, tollen, aber auch konservativen
Unternehmens, das mit einer Musik-
richtung – sprich Rap – neue Wege
beschreiten wollte. Die Frage ist doch:
Hat ein Bewerber, der zu BMW will,
Interesse, selbst zu Rappen? Weitere
Fehler des Videos: Es ist dramaturgisch
schlecht und langweilig. Auch inhalt-
lich gibt es einen Widerspruch: Bei Rap
geht es meist um Gewalt oder Sex, um
Millieu, Liebe oder Sehnsucht. Wird
diese Musik einem Arbeitsplatzthema
übergestülpt, dann passt das einfach
nicht zusammen.
personalmagazin:
Bei Siemens wurden
Videos – zumindest früher – von den
Mitarbeitern selbst gedreht, um Au-
thentizität zu vermitteln. Ist das besser?
Schels:
Authentizität ist zwar ein
inflationär gebrauchtes Wort, aber
sie entspricht der „Echtheit“, die ich
vorhin erwähnt habe. Man darf dabei
aber nicht vergessen, dass eine Person,
sobald sie vor der Kamera steht, nicht
unbedingt sie selbst ist. Gerade wenn
hinter der Kamera jemand steht, der
Faxen macht, um den Sprecher zu moti-
vieren. Auch das kann also schiefgehen,
weil der Betrachter das eventuell be-
merkt. Daher würde ich eher von selbst
gedrehten Filmen abraten.
personalmagazin:
Also lieber professionell
mit Drehbuch, damit ein roter Faden
enthalten ist?
Schels:
Professionell: Ja. Drehbuch: Nein.
Wenn es um Mitarbeiter selbst geht, die
im Fokus stehen, halte ich ein Dreh-
buch nicht für das Richtige. Weil es ein
Korsett ist, das die Leute von vornhe-
rein einengt und möglicherweise zu
Aussagen verführt, die sie darstellen,
wie sie gar nicht sind.
personalmagazin:
Mitarbeiter sind selten
geborene Schauspieler. Wie viele Ver-
sprecher dürfen sein?
Schels:
Genau das ist es doch. Die Mit-
arbeiter sollen gerade nicht schauspie-
lern. Bei Recruiting-Videos kommt es
in erster Linie auf die Glaubwürdigkeit
an. Ich muss Vertrauen herstellen,
indem ich sage: „Schaut mal her. Das
ist einer, der bei uns arbeitet.“ Wenn
jemand sich ein bisschen verspricht
oder eine Klangfärbung hat, fühlen
sich viele Leute sogar angesprochen,
denn niemand ist perfekt. Wenn sie
dagegen den Eindruck haben, dass da
ein absoluter Musterknabe zu sehen
ist, fühlen sie sich möglicherweise
sogar eingeschüchtert.
ist Geschäftsführer der Al Dente Entertain-
ment GmbH, die seit 2004 besteht und für
Unternehmen unter anderem Webseiten,
Image- und Industriefilme produziert.
Peter Schels
01 / 12 personalmagazin
Das Interview führte
Daniela Furkel.
Sieben Tipps für erfolgreiche Recrui-
ting-Videos gibt es zum Download
unter
Download