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HR-STANDARDS
MANAGEMENT
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Obmann des Gremiums ist Alexander
Böhne, Referent Betriebliche Personal-
politik bei der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände BDA
in Berlin. Mit dabei sind als Vertreter
der Personalerinitiative Goinger Kreis
deren Gründungsmitglied Hilger Poth-
mann, Personalleiter der Deutschen
Bank, sowie für den Bundesverband der
Personalmanager BPM Oliver Kothra-
de, General Manager Human Resour-
ces bei Panasonic Marketing Europe.
Der Humankapital-Professor Christian
Scholz von der Universität Saarbrücken
ist ebenfalls dabei. Außerdem entsenden
der DIHK, der TÜV, die Deutsche Gesetz-
liche Unfallversicherung und das Bun-
desministerium für Arbeit und Soziales
ihre Vertreter. Das Gremium ist offen für
weitere Mitglieder.
BDA will kritisch-konstruktiv begleiten
Mit den Namen und Institutionen verbin-
den sich Positionen, die teils konträrer
nicht sein können. Während der Goinger
Kreis die Mess- und Vergleichbarkeit von
Personalarbeit favorisiert, vertritt der
BDA vor allem für seine mittelständische
Klientel die Meinung, dass Aufwand und
Ertrag von Humankapitalmessung in
keinem Verhältnis stehen und freie un-
ternehmerische Entscheidungen nicht
durch Normierungen des Managements
beschnitten werden dürfen. Doch da sich
Deutschland mit seiner ablehnenden
Haltung nicht durchsetzen konnte, beißt
der BDA in den sauren Apfel und schaut
mit seinem Obmann aus der Nähe zu.
Alexander Böhne: „Wir wollen den ISO-
Prozess kritisch-konstruktiv begleiten.“
Hilger Pothmann trifft sich mit Böhne
zwar in der Einschätzung, dass sich die
deutscheWirtschaft nicht von internatio-
nalen Normen überrollen lassen darf
– allerdings unter anderen Vorzeichen.
Der Deutsche-Bank-Manager ist über-
zeugt davon, dass die Messbarkeit von
Personalarbeit notwendige Vorausset-
zung für die umfassende Bewertung von
Unternehmen ist, etwa bei der Kreditver-
gabe: „Wenn Personaler ihre Arbeit nicht
objektiv nachvollziehbar und damit be-
wertbar machen, kommen sie nicht aus
der Beliebigkeitsecke heraus.“ Die Deut-
sche Bank ist nicht nur in Deutschland
aktiv dabei. Ein Londoner Direktor und
zwei aus New York engagieren sich bei
der SHRM-Initiative. Pothmann selbst
mischt als Voting Member des Goinger
Kreises in der SHRM bei der ISO-Diskus-
sion über Humankapitalmessung mit.
DGFP lehnt das Projekt ab
Spannend ist übrigens nicht nur, wer
sich beteiligt, sondern auch, wer nicht
vertreten ist: die Deutsche Gesellschaft
für Personalführung (DGFP). Sie lehnt
eine Standardisierung nach SHRM-Deu-
tungsmuster ab, da eine solche keine
individuelle Personalarbeit ermögliche.
Außerdem stellt der Verband eine ge-
wisse Auditierungsmüdigkeit bei seinen
Mitgliedern fest. Zugleich will die DGFP
ihre eigenen Aktivitäten zur Professio-
nalisierung der Personalarbeit bekann-
ter machen – mit Kompetenzstandards,
Eckpunkten zum Personalmanagement
und Ausbildungsgängen. „Wir stellen
ein Gerüst für zeitgemäße Personalar-
beit zur Verfügung, das Individualität
nicht verhindert, sondern unterstützt“,
erklärt Sascha Armutat, bei der DGFP
Leiter des Referats Arbeitskreise.
Nicht klar wird allerdings, warum sich
die DGFP anders als andere Standardi-
sierungsgegner aller Mitarbeitsmög-
lichkeiten beraubt. Schließlich kann es
leicht passieren, dass in einigen Jahren
ISO-Standards für die Personalarbeit
installiert sind und zumindest für glo-
bal agierende Unternehmen selbst dann
relevant werden, wenn sie nicht in die
deutsche DIN-Landschaft übertragen
werden. Wie unsicher oder uneins die
DGFP mit ihrer Entscheidung ist, außen
vor zu bleiben, zeigt sich auch darin,
dass ihr Vorstandsvorsitzender, Lufthan-
sa-Personalvorstand Stefan Lauer, sich
nicht zur ISO-Standardisierung äußert,
sondern auf Experte Armutat verweist.
International beteiligen sich zurzeit
13 Länder an der Entwicklung von globa-
len Standards für das Human-Resource-
Management – neben Deutschland auch
Malaysia und Pakistan sowie aus Europa
unter anderem Finnland, die Niederlan-
de, Großbritannien und Portugal. Die
beiden Letztgenannten können bereits
auf eine eigene Tradition bei den Nor-
mierungsversuchen weicher Faktoren
zurückblicken.
Das gilt auch für Deutschland: Hier
erinnert sich sicher jeder – wenn auch
mancher mit Grausen – an die Diskussi-
on um den Humanpotenzialindex HPI im
Jahr 2009. Damals ging das Bundesmini-
sterium für Arbeit und Soziales (BMAS)
mit Vorschlägen an die Öffentlichkeit,
die gemeinsam mit Wirtschaftswissen-
schaftlern erdacht und in mehr als 100
Unternehmen erprobt worden waren.
Der HPI wirkt nach
Mittels ausgewählter Kennzahlen und
Benchmarks sollte zeit- und kostenspa-
rend eine Bestandsaufnahme des Per-
sonalmanagements ermöglicht werden.
Inklusive der Identifikation von Optimie-
rungspotenzialen bei Demografie und
Personalauswahl, „Compensation“ und
Gesundheitsförderung, Arbeitsplatzver-
antwortung und Change-Management
– um nur einige Aspekte zu nennen.
Die insgesamt 14 Werttreiber und 88
Indikatoren zu den personalpolitischen
Kernthemen brachten indes nicht das
erhoffte trennscharfe Instrument zur
Mit den deutschen HR-Experten und Institutionen,
die am Normungsprozess beteiligt sind, verbinden
sich Positionen, die konträrer nicht sein könnten.