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personalmagazin 01 / 12
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arbeitet als freie Journa-
listin und Fachautorin in
Düsseldorf.
Ruth Lemmer
Messung der Personalarbeit, sondern
trennten rasch die Personalerszene in
Fans und Feinde. Nach einigen Monaten
heftiger und nicht immer fairer Diskus-
sion wurde der HPI beerdigt.
Doch schon 2008 hatten die BMAS-
Mitarbeiter von einem Finanzanalysten
gehört, dass in den USA im Umfeld der
Personalfachleute SHRM Überlegungen
zur Standardisierung kursierten. 2009
nahmen die BMAS-Fachleute aus dem
Referat Humanressourcen und Hum-
anstrategien, wie die Abteilung inzwi-
schen heißt, Kontakt zu SHRM-Mann Lee
S. Webster auf. Informationen über den
HPI wurden – neben weiteren wissen-
schaftlichen Studien zur ökonomischen
Relevanz betrieblicher Personalarbeit
– ins SHRM-Netzwerk eingespeist, eine
internationale Zusammenarbeit wurde
aber nicht verfolgt.
Derzeit beobachten die Ministeriums-
mitarbeiter die Telefonkonferenzen und
den Dokumentenaustausch, greifen
aber selbst nicht aktiv ein. Sie halten am
BMAS-Grundsatz fest, organisatorische
oder verhaltensbezogene Vorgaben an
die Unternehmen nicht auf dem Wege
derNormung zu regulieren. „Allerdings“,
sagt Achim Sieker, Referent im BMAS,
„kann es sinnvoll sein, sich im Rahmen
der Normung über Begriffsdefinitionen
zu einigen oder einen gemeinsam getra-
genen Rahmen für die Unternehmensbe-
richterstattung zu entwickeln.“
International ist die Reaktion von
leichtem Zögern geprägt: Bei TC 260
haben sich weitere 19 Länder in einen
Beobachterstatus begeben – darunter
wirtschaftlich und firmenkulturell so
unterschiedliche wie Australien und der
Libanon, Kanada und Senegal oder In-
dien und Zypern.
Unterschiede überwinden
Nach dem ersten internationalen Treffen
in Arlington, südwestlich von Washing-
ton D.C., im November 2011 hat sich
zumindest bei einigen Mitgliedern der
deutschen Delegation der Eindruck ver-
festigt, dass die Treiber in den USA offen
sind für Vorschläge aus anderen Wirt-
schaftskulturen. Das ANSI-Büro und
deren Projektleiter Webster scheinen
gewillt, neben gängigen US-Kennzahlen
auch die der internationalen Partner zu
berücksichtigen.
Ausdruck dieses ernsthaften Willens
ist die Einrichtung einer Arbeitsgrup-
pe, die ein gemeinsames Verständnis
der verwendeten HR-Terminologie er-
arbeiten soll. Denn schon ein simpler
Begriff wie Seniormanager bedeutet
für Niederländer, dass Mitarbeiter schon
lange im Unternehmen tätig sind, wo-
gegen in Deutschland Hierarchieebenen
impliziert werden. Außerdem wurde
die Einrichtung von vier weiteren Ar-
beitsgruppen beschlossen: „Operating
model(s) of HR“ entwirft einenÜberblick
zu Personalmanagementstrukturen, „HR
Practices“ stellt wirkungsvolle HR-Pro-
zesse zusammen, „Metrics – Key Social
and Business Impacts“ befasst sich mit
der Wirksamkeit metrischer Systeme
bei harten und weichen HR-Faktoren.
Daneben gibt es nun noch „Human Go-
vernance“.
Noch ist es zu früh, um zu prognos-
tizieren, zu welchen Standards die Rei-
se geht oder ob die Reise abgebrochen
wird. Immerhin ist Webster bei der ISO-
Beschreibung bis Ende 2017 als Vor-
sitzender eingeplant. Im Februar trifft
sich das deutsche Spiegelgremium zum
zweiten Mal. Die nächste ISO-Sitzung
soll Deutschland ausrichten – wohl im
Mai 2012. Ob bis dahin tatsächlich schon
eine weitere Arbeitsgruppe ein Papier
vorlegen kann, bleibt abzuwarten.
Zeit genug also, Koalitionen zu
schmieden. Denn statt verbindliche Nor-
men für das Personalmanagement zu
schaffen, präferieren einige Beteiligte
und Beobachter des derzeitigen Diskus-
sionsprozesses eine weichere Lösung.
Vorbild könnte dabei der „Leitfaden für
gesellschaftliche Verantwortung“ wer-
den, der als ISO-Standard 26000 zwar
die Wertigkeit sozialer Verantwortung
von Unternehmen betont und definiert,
aber zugleich auf Freiwilligkeit setzt –
und nicht auf harte Zertifizierungsver-
fahren.
Lieber Leitfaden statt Norm?
Ihre Haltung ändern können das DINund
sein Spiegelausschuss ohnehin jederzeit
– so etwa nach der Vorlage der ISO-Doku-
mente. Es könnte ein Normungsprojekt
initiiert werden, um die internationale
Norm doch komplett ins deutsche Wirt-
schaftsleben zu übertragen. Dann käme
dort ein Normungsprojekt in Gang, wo
derzeit die reduzierte Variante der Spie-
gelung läuft. Doch diese weitreichende
Entscheidung – Annäherung an den Nor-
mierungsprozess oder Bremsmanöver –
wird sehr wahrscheinlich nicht vor 2013
fallen. Eher noch später.
Das liegt auch an ganz sachlichen
Erwägungen: Das Arbeitsfeld Personal-
management ist überall stark mit den
gesellschaftlichen Gepflogenheiten ver-
knüpft. Eine Schraube zu normieren
oder die Sicherheitsstandards für Elek-
trokabel, das wirkt daneben vergleichs-
weise simpel – und erfordert dennoch
oft etliche Verhandlungsrunden bis zu
einer Übereinkunft. Führungsverhalten
und Personalprozesse international ver-
gleichbar zu machen, das erfordert mehr
Detailarbeit – und enorme Reflexions-
und Übertragungsleistungen. Schließ-
lich menschelt es in Unternehmen all
überall – und überall anders.
Online
Die Diskussion kann auf folgenden
Websites mitverfolgt werden.
HR-STANDARDS
MANAGEMENT