Immobilienwirtschaft 5/2016 - page 11

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lationen bei der Preisgestaltung wirklich
fördert, bleibt abzuwarten. Bei einer aus-
bleibenden Einigung über die Vergütung
infolge der Änderung kann der Bauunter-
nehmer 80 Prozent seines Nachtragsange-
bots über Abschlagsrechnungen vorläufig
abrechnen. Es sei denn, der Auftraggeber
erreicht nach erfolgloser Hinzuziehung
eines Sachverständigen eine gerichtliche
Anpassung imeinstweiligenRechtsschutz.
In beiden Fällen ist erst nach der Bauab-
nahme endabzurechnen. Eine gemein-
same Feststellung des Leistungsstandes, in
der offenkundige Mängel gerügt werden
müssen, können beide Parteien nach einer
verweigerten Abnahme verlangen.
Der Gesetzesentwurf zwingt den Auf-
traggeber außerdem, seine Abnahmever-
weigerung zu begründen, anderenfalls
gilt die Abnahme nach dem Ablauf einer
vom Bauunternehmer gesetzten Frist als
erfolgt. Diese Abnahmeregelung soll im
allgemeinen Werkvertragsrecht verortet
werden und hat somit über den Bauver-
trag hinaus Auswirkung auf alle Werk-
verträge des BGB. Gleichermaßen soll die
Kündigung aus wichtigem Grund mit an-
schließender gemeinsamer Leistungsfest-
stellung auf Verlangen einer Partei eben-
falls erstmals für sämtliche Werkverträge
kodifiziert werden. Bauverträge sollen
darüber hinaus zukünftig nur schriftlich
gekündigt werden können.
ARCHITEKTEN- UND INGENIEURVERTRAG
Architekten- und Ingenieurverträge wer-
den vom Gesetzentwurf als eigenstän-
diger Vertragstypus neben dem Bauver-
trag abgegrenzt. Das Anordnungsrecht
des Auftraggebers von Bauverträgen
soll jedoch entsprechend Anwendung
finden. Dadurch wird der Bauherr auch
gegenüber Architekten und Ingenieuren
zu Änderungen über die bisherigen Aus-
nahmefälle hinaus berechtigt. Neu ist ein
zweiwöchiges Sonderkündigungsrecht
des Auftraggebers, das dieser nach Er-
halt der Planungsgrundlage und Kosten-
einschätzung ausüben kann. Aber auch
Architekten und Ingenieure sollen sich
ordentlich vom Vertrag lösen können,
wenn die Zustimmung des Auftraggebers
zur Planungsgrundlage oder Kostenein-
schätzung trotz Fristsetzung ausbleibt. In
beiden Fällen sind nur die bis zur Kün-
digung erbrachten Leistungen zu vergü-
ten. Für die Kündigung von Architekten-
und Ingenieurverträgen ist ebenfalls die
Schriftform vorgesehen.
Architekten und Ingenieure sollenwe-
gen Bauüberwachungsfehlern zukünftig
erst dann inAnspruch genommenwerden
können, wenn dem fehlerhaft ausführen-
den Bauunternehmer zuvor erfolglos eine
angemessene Frist zur Nachbesserung
gesetzt wurde. Ziel ist es, zunächst den
eigentlichen Verursacher in die Verant-
wortung zu nehmen. Bauherren nehmen
Architekten und Ingenieure aufgrund
ihrer Haftpflichtversicherung derzeit oft-
mals direkt in Anspruch.
BAUTRÄGERVERTRAG
Der Regierungs-
entwurf ordnet den Bauträgervertrag
entsprechend der bisherigen Rechtspre-
chung für die Bauverpflichtung als Bau-
vertrag ein, sodass die geplanten Ände-
rungen zum Bauvertragsrecht auch den
Bauträgervertrag treffen. Ausgeschlossen
werden allerdings unter anderem die
Anordnungs- und Widerrufsrechte des
Auftraggebers sowie die Begrenzung von
Abschlagszahlungen auf 90 Prozent.
VERBRAUCHERBAUVERTRAG
Der Verbrau-
cherbauvertrag erfasst schließlich Verträ-
ge zwischen Verbrauchern und Unter-
nehmern über den Bau eines Gebäudes
oder erhebliche Umbaumaßnahmen an
einem Gebäude. In Ergänzung des Bau-
vertrages werden weitestgehend zwin-
gende Sonderregelungen zugunsten der
Verbraucher mit erhöhten Belehrungs-
pflichten der Unternehmen geschaffen.
Der Gesetzesentwurf sieht ein zweiwö-
chiges Widerrufsrecht vor. Bei fehlender
oder fehlerhafter Belehrung des Verbrau-
chers durch den Bauunternehmer wird
die Widerrufsfrist auf bis zu ein Jahr und
14 Tage nach Vertragsschluss ausgedehnt.
Verbraucherbauverträge müssen nach
dem Regierungsentwurf zudem verbind-
liche Angaben zum Zeitpunkt oder Zeit-
raum der Fertigstellung beinhalten. Auch
die Inhalte einer vertragsgegenständlichen
Baubeschreibung des Bauunternehmers
werden gesetzlich vorgeschrieben, erfor-
derlich sind etwa Angaben zum Energie-
und Schallschutzstandard. Abschlags-
zahlungen sollen nur noch höchstens 90
Prozent der vereinbarten Vergütung aus-
machen können, und vom Verbraucher
verlangte Zahlungssicherheiten werden
auf die nächste Abschlagszahlung, höch-
stens jedoch auf 20 Prozent der Vergütung,
begrenzt.
Bauherren und Bauunternehmer
sollten sich bereits jetzt mit den bevor-
stehenden Änderungen vertraut machen,
um für die Gesetzesverabschiedung gerüs-
tet zu sein. Vom neuen Bauvertragsrecht
wird jedes Bauvorhaben in Deutschland
betroffen sein und jedes Vertragsmuster
wird auf die neuen gesetzlichen Leitbilder
anzupassen sein.
SUMMARY
»
Die wesentliche Neuerung
des Gesetzentwurfs ist das Anordnungsrecht des Auftraggebers von Bauverträgen. Es soll zukünftig
auch nicht erforderliche Änderungen umfassen.
»
Der Bauherr
ist auch gegenüber Architekten und Ingenieuren zu Änderungen über die bisherigen
Ausnahmefälle hinaus berechtigt.
»
Neu ist ein zweiwöchiges Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers
, das dieser nach Erhalt der
Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung ausüben kann.
»
Der Verbraucherbauvertrag
erfasst Verträge zwischen Verbrauchern und Unter-
nehmern über den Bau eines Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem Gebäude.
«
Dr. Oliver Kerpen, Köln
Dr. Oliver Kerpen
ist
Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht am Standort
Köln der Wirtschaftskanzlei
CMS. Er berät bei der Projekt-
entwicklung, in gerichtlichen
und schiedsgerichtlichen
Auseinandersetzungen sowie
bei Unternehmenstransakti-
onen in der Baubranche.
AUTOR
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