Immobilienwirtschaft 5/2016 - page 10

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MARKT & POLITIK
I
GESETZESNOVELLE
vertragsrecht umfasst nun vier neue Ver-
tragstypen, die in §§ 650a bis 650u alle in
das BGB aufgenommenwerden sollen: der
Bauvertrag, der Architekten- und Ingeni-
eurvertrag, der Bauträgervertrag sowie
der spezielle Verbraucherbauvertrag.
BAUVERTRAG
Die wesentliche Neuerung
des Gesetzentwurfs ist das Anordnungs-
recht des Auftraggebers von Bauverträgen.
Bei fehlender vertraglicher Vereinbarung
waren Änderungsanordnungen des Auf-
traggebers bislang nur in Ausnahmefäl-
len aus Treu und Glauben möglich. Der
Auftraggeber soll nun, wie schon nach
der VOB/B, erforderliche Änderungen
des Leistungsumfangs einseitig anordnen
können, etwa wenn die Baubehörde die
Errichtung eines Kinderspielplatzes für
die Baugenehmigung eines Mehrfamili-
enhauses fordert. Der Gesetzesentwurf
erweitert das Bauherrenrecht aber auch
über die VOB/B hinaus.
Das gesetzliche Anordnungsrecht des
Auftraggebers soll zukünftig auch nicht
erforderliche Änderungen umfassen, so-
weit dies für den Bauunternehmer zumut-
bar ist. ImLaufe eines Bauvorhabens kön-
nen sich die Anforderungen des Bauherrn
ändern, statt einer Maisonette-Wohnung
sollen beispielsweise zwei Apartments re-
alisiert werden. Eine solche interessenge-
leitete Änderung derWohnungsaufteilung
kann der Bauherr nun vonGesetzes wegen
einseitig anordnen.
Falls die Parteien sich über die preis-
lichen Auswirkungen einer Änderungs-
anordnung nicht einigen können, sollen
die tatsächlich erforderlichen bzw. einge-
sparten Kostenmaßgeblich sein. Der Bau-
unternehmer kann sich bei einer Bauän-
derung aber auch auf die Vermutung einer
vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkal-
kulation als maßgeblichen Kostenansatz
beziehen. Ob ein solches Wahlrecht des
Bauunternehmers die vom Gesetzgeber
beabsichtigte Eindämmung der Speku-
A
m 2. März 2016 hat die Bundesregie-
rung den Entwurf des Gesetzes zur
Reform des Bauvertragsrechts und
zur Änderung der kaufrechtlichen Män-
gelhaftung beschlossen. Die Verabschie-
dung des Gesetzesentwurfs wird für den
Herbst 2016 erwartet, sodass die geplanten
Änderungen voraussichtlich ab demFrüh-
jahr 2017 auf alle geschlossenen Verträge
Anwendung finden werden. Die vorgese-
henenRegelungen erfassenmit Ausnahme
des speziellen Verbraucherbauvertrages
sämtliche Bauvorhaben in Deutschland.
Vom Gesetzesentwurf betroffen sind da-
her neben Bauunternehmern, Architekten
und Ingenieuren gleichermaßen auchVer-
braucher, bauende Unternehmen sowie
öffentliche Auftraggeber.
Bislang bedarf es bei Bauvorhaben
umfangreicher Vertragstexte, oftmals
unter Einbeziehung der Vergabe- und
Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil
B (VOB/B), denn das Bauvertragsrecht
wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
derzeit nur am Rande behandelt. Das
vom Bundeskabinett eingebrachte Bau-
Für Architekten, Bauträger, Auftraggeber:
Das neue Bauvertragsrecht
Sonderkündigungsrecht,
Änderungsanordnung & Co.:
Ein Überblick über die wich-
tigsten Neuerungen, die
der Gesetzentwurf mit sich
bringt.
Zwei Apartments statt
Maisonette-Wohnung: Künftig
soll der Bauherr dies von
Gesetzes wegen einseitig
anordnen können.
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