Seite 73 - personalmagazin_2012_05

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RECHT
05 / 12 personalmagazin
Bei der
Entgeltabrechnung
setze ich auf ADP.
HR.Payroll.Benefits.
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VETRAGSRECHT
Liebe Personalexperten,
die Freiheit der Ver-
tragsgestaltung ist im Arbeitsrecht bekanntlich
stark eingeschränkt. Dies deswegen, weil in den
überwiegenden Fällen Vereinbarungen, die von
Gesetzen oder Tarifverträgen zuungunsten des
Arbeitnehmers abweichen, unwirksam sind. Die
Folge: Auch wenn es bei einer Vertragsunter-
zeichnung noch so einvernehmlich und harmo-
nisch vonstattengeht, kann der Arbeitnehmer
aufgrund von unabdingbaren Vorschriften legal
von seiner Unterschrift wieder Abstand nehmen.
Vertragstipp eins: Sie sollten zunächst bei Ihrer
Arbeitsvertragsgestaltung auf das „weiche“
Recht achten.
Es gibt auch Gesetze, die von
vornherein eine einvernehmliche abweichende
einzelvertragliche Gestaltung zulassen. Ein
Beispiel dafür ist der § 616 BGB, in dem die
Pflicht zur Freistellung aus persönlichen Gründen
geregelt ist. Hier ist sich die Fachwelt einig: Die
Anlässe, bei denen Freistellung gewährt werden
soll, können vertraglich nicht nur auf einen
bestimmten Katalog beschränkt werden. Vielmehr
kann der Freistellungsparagraf sogar auf Null
reduziert, also komplett abbedungen werden.
Vertragstipp zwei: Größeren Spielraum für Ab-
weichungen von gesetzlichen Mindeststandards
gibt der Gesetzgeber den Tarifvertragspartnern.
Das Zauberwort heißt Öffnungsklausel. Damit
wird die Möglichkeit geschaffen, starre gesetz-
liche Mindestnormen durch flexible, branchenspe-
zifische Tarifregelungen zu ersetzen. Insbesondere
im Arbeitszeitrecht spielen diese Spezialnormen
eine wesentliche Rolle und ermöglichen somit
eine erhebliche Flexibilität gegenüber den Rege-
lungen des allgemeinen Arbeitszeitgesetzes.
Vertragstipp drei: Was aber ist, wenn Sie sich
gegen eine Tarifbindung entschieden haben oder
überlegen, aus der Tarifbindung auszusteigen?
Müssen Sie jetzt neidisch auf die Kollegen blicken,
leitet das Ressort Recht im
Personalmagazin.
Thomas Muschiol
KOLUMNE. Nach Öffnungsklauseln zu fahnden,
kann sich auszahlen. Diese lassen auch außerhalb
einer Tarifbindung Abweichungen vom Gesetz zu.
Wie Trittbrettfahren bei der
Vertragsgestaltung hilft
Öffnungsklauseln
ermöglichen
Abweichungen
durch Betriebs-
vereinbarung.
die sich für eine Tarifanbindung entschieden
haben, und auf flexible, tarifliche Gestaltungs-
möglichkeiten verzichten? Keineswegs. Denn
die tariflichen Öffnungsklauseln bieten in den
überwiegenden Fällen noch mehr Spielraum und
legen ausdrücklich fest, dass auch Arbeitgeber,
die nicht tarifgebunden sind, die tarifliche Aus-
nahme zum Gegenstand einer einzelvertraglichen
Abrede machen können. Nicht Voraussetzung ist
dabei, dass auf den gesamten Tarifvertrag Bezug
genommen wird.
Vertragstipp vier: Der Gesetzgeber geht bei
vielen Öffnungsklauseln sogar noch einen Schritt
weiter.
Er überlässt es den Tarifpartnern, Gestal-
tungsmöglichkeiten auf die Ebene der Betriebs-
verfassung herunterzudelegieren, und ermöglicht
es somit, betriebsspezifische Abweichungen vom
Gesetz durch Verhandlungen mit dem Betriebsrat
wirksam zu vereinbaren. Bei den einschlägigen
Öffnungsklauseln ist hier nicht nur sichergestellt,
dass diese Möglichkeit auch für nicht tarifgebun-
dene Unternehmen besteht, gedacht wird auch an
den Fall, dass kein Betriebsrat besteht. Wie das
funktionieren soll? Lesen Sie dazu einfach mal als
Übung den § 7 Abs. 3 des Arbeitszeitgesetzes.