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RECHT
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zum Einsatzort, sind diese als Teil der
arbeitsvertraglichen Pflicht vergütungs-
pflichtig. Eine Vergütungspflicht besteht
auch dann, wenn die Reisetätigkeit kraft
Weisungsrecht des Arbeitgebers anstel-
le der üblichen Hauptleistungspflicht zu
erbringen ist.
Reisezeiten außerhalb der Arbeitszeit
Fällt die Reisezeit jedoch außerhalb der
vertraglich vereinbarten Arbeitszeit an,
ist sie nach der Rechtsprechung nur
dann zu vergüten, wenn die Vergütung
im Einzelfall „den Umständen nach zu
erwarten“ war. Handelt es sich bei dem
Mitarbeiter beispielsweise um einen lei-
VERGÜTUNG
tendenAngestellten oder liegt seinGehalt
über dem Durchschnittsgehalt, so hat er
ein Kontingent von bis zu zwei Stunden
pro Reisetag unentgeltlich zu erbringen
(BAG, Urteil vom 3.9.1997, Az. 5 AZR
428/96). Da sich über die Frage, ob die
Arbeitszeit den Umständen nach zu er-
warten war oder nicht, im jeweiligen Ein-
zelfall sicherlich trefflich streiten lässt,
empfiehlt es sich stets, eine gesonderte
arbeitsvertragliche Regelung hierüber zu
treffen (siehe Kasten auf Seite 72).
Der Weg auf dem Betriebsgelände
Fraglich ist schließlich, wie die Zeit
für den Weg vom Werkstor oder von
der Stechuhr zum Arbeitsplatz vergü-
tungsrechtlich einzuordnen ist. Bei Ta-
rifangestellten des öffentlichen Diensts
hat das BAG in einer älteren Entschei-
dung mit Urteil vom 28. Juli 1994 (Az.
6 AZR 220/94) zu einer Bestimmung
im früheren Bundesangestelltentarif-
vertrag (BAT) entschieden, dass die
Arbeitszeit bereits mit Erreichen der Ar-
beitsstelle und nicht erst mit Erreichen
des Arbeitsplatzes beginnt. Bei einer
in einem Krankenhaus beschäftigten
Krankenschwester ist dies regelmäßig
die Krankenhausstation, auf der die
Arbeitsleistung zu erbringen ist, nicht
hingegen erst beispielsweise der Ort, wo
der pflegebedürftige Patient liegt. Sofern
eine solche vertragliche Regelung wie
im früheren BAT nicht besteht, kann die
Rechtslage auch anders aussehen. So hat
das LAG Hamm in einem Beschluss vom
15. Februar 2002 (Az. 10 TaBV 101/01)
der Meinung des Mitarbeiters, dass
mangels anderweitiger Regelungen da-
von auszugehen sei, dass er bereits mit
Betreten des Werkgeländes rechtzeitig
zu Arbeit erscheine, widersprochen.
Die Arbeitszeit beginne – entgegen
der Rechtsauffassung, die der Mitar-
beiter äußerte – keinesfalls schon beim
Betreten des Betriebs oder am Eingang
des Werksgeländes. Vielmehr sei der
Mitarbeiter verpflichtet, zum Zeitpunkt
des vertraglichen Arbeitsbeginns mit
seiner Arbeit an seiner ihm zugewie-
senen Arbeitsstelle anzufangen. Die-
se Auffassung verdient Zustimmung.
Das Erscheinen des Arbeitnehmers am
Werkstor kann nicht das entscheidende
Kriterium für den Beginn der Arbeitszeit
sein. Vielmehr beginnt die Arbeitszeit
erst an dem Ort, an dem der Mitarbeiter
seine konkrete vertraglich geschuldete
Arbeitsleistung erbringt.
Bei Einsatz von Zeiterfassungsgerä-
ten, die der Mitarbeiter zu bedienen hat,
spricht hingegen nach Auffassung des
Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil
vom 11.8.1999, Az. 17 Sa 620/99) eine
tatsächliche Vermutung dafür, dass mit
dem Standort des Zeiterfassungsgeräts
Das Anlegen von Arbeitskleidung ist in der Regel keine zu vergütende Arbeitszeit.