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VERGÜTUNG
personalmagazin 05 / 12
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Rüsten und Reisen im Arbeitsrecht
ÜBERBLICK. Im Regelfall muss der Arbeitgeber für Vorbereitungs- und Anreise-
zeiten keinen Lohn zahlen. Aber es gibt Ausnahmen. Vertragsgestaltung tut not.
führt dies nach den genannten Grund-
sätzen in der Regel nicht zu einer Vergü-
tungspflicht. Das heißt, selbst wenn der
Mitarbeiter bei seiner Tätigkeit zum Tra-
gen von Dienstkleidung (zum Beispiel
ein Koch) oder vor Aufnahme seiner
Tätigkeit zur körperlichen Säuberung
(beispielsweise in einer Fleischerei) ver-
pflichtet ist, dient das An- und Ablegen
der Dienstkleidung beziehungsweise
das Waschen des Körpers grundsätzlich
nicht dem primären Bedürfnis des Ar-
beitgebers.
Dies gilt insbesondere dann, wenn
das Umkleiden schon vor Aufnahme der
vertraglich geschuldeten Tätigkeit, zum
Beispiel in der Wohnung des Arbeitneh-
mers, vorgenommen werden kann.
Nur in ganz seltenen Fällen zählen
Rüstzeiten, also das Umkleiden oder
das Säubern, zur vertraglichen Arbeits-
zeit und sind daher vergütungspflich-
tig. Solche Ausnahmefälle liegen vor,
wenn das Umkleiden oder Waschen
entweder zur arbeitsrechtlich geschul-
deten Haupttätigkeit gehört, etwa bei
der Tätigkeit als Model bei einer Moden-
schau, oder erkennbar dem Arbeitge-
berbedürfnis dient, zum Beispiel wegen
der Einhaltung geltender Sicherheitsbe-
stimmungen. Ein Blick auf die Entschei-
dungen der Arbeitsgerichte verdeutlicht,
dass grundsätzlich Rüstzeiten nicht zu
vergüten sind. Das An- und Ablegen der
Berufskleidung gehört etwa bei einem
Koch (BAG, Urteil vom 22.3.1995, Az. 5
AZR 934/93) oder beim Flugpersonal
(LAG Berlin, Beschluss vom 16.6.1986,
Az. 9 TaBV 3/86) nicht zur vergütungs-
pflichtigen Arbeitszeit.
Ausnahmefall Sicherheitsbekleidung
Lediglich die Zeit für das An- und Able-
gen von Sicherheitskleidung, insbeson-
dere von Sicherheitsschuhen bei einem
Monteur, soll zur vergütungspflichtigen
Arbeitszeit gehören, da dies dem Bedürf-
nis des Arbeitgebers dient (LAG Baden-
Württemberg, Urteil vom 12.2.1987, Az.
13 (7) Sa 92/86). Auch die Zeit für den
Weg, die ein Arbeitnehmer von seiner
Wohnung zum Betrieb benötigt, ge-
hört nicht zur vergütungspflichtigen
Arbeitszeit, mit wenigen Ausnahmen,
wie etwa die Sammelbeförderung zur
auswärtigen Arbeitsstätte.
Reisezeiten innerhalb der Arbeitszeit
Bei einer Reisetätigkeit des Mitarbei-
ters für das Unternehmen ist zu unter-
scheiden: Ist die Reisezeit zwingend zur
Erfüllung der Hauptleistungspflicht not-
wendig, wie beispielsweise die Fahrt zum
Kunden oder die Fahrten eines Monteurs
Von
Cigdem Bayrak
und
Veit Voßberg
V
or Beginn der eigentlichen
Arbeit muss sich der Mitarbei-
ter oft – abhängig von seinem
Beruf – in besonderem Maße
vorbereiten. Er muss zum Beispiel sei-
ne Dienstkleidung anlegen oder sich
körperlich säubern. In bestimmten Be-
rufen kann er seine vertragliche Arbeit
(zum Beispiel aufgrund von Hygiene-
vorschriften) ohne diese vorbereitenden
Tätigkeiten erst gar nicht aufnehmen.
Aber handelt es sich deswegen bereits
um einen Teil der Tätigkeit, die der Un-
ternehmer vergüten muss? Eine ähn-
liche Frage stellt sich für Wegezeiten
zum und auf demUnternehmensgelände
sowie für allgemeine Anreisetätigkeiten
des Mitarbeiters. Es ist fraglich, ob sol-
che sogenannten Rüst- und Reisezeiten
vergütungsrechtlich zur Arbeitszeit
gehören, wenn dies weder einzel- noch
kollektivvertraglich geregelt ist. Unter
der vertraglichen Arbeit ist, so die
Rechtsprechung, grundsätzlich nur
die Tätigkeit zu verstehen, die der
„Befriedigung des Bedürfnisses des
Arbeitgebers dient“. Nur hierfür erhält
der Arbeitnehmer seine Vergütung.
Befindet sich der Arbeitnehmer bei-
spielsweise auf dem Weg zur Arbeit,
so leistet er in diesem Moment noch
keine Tätigkeit, die dem Arbeitgeber-
bedürfnis dient. Eine Vergütung kann
er daher nicht verlangen.
In der Regel kein Lohn für Rüstzeiten
Sofern sich der Mitarbeiter für seine Tä-
tigkeit waschen und umkleiden muss,
Fällt die Reisezeit nicht in die vertragliche Arbeits-
zeit, so ist sie nur zu vergüten, wenn eine
Vergütung den Umständen nach zu erwarten war.